BP:
 

Wie Tabelle A2.3-1 zeigt, ist in den kommenden Jahren mit einer weiteren deutlichen Schrumpfung des Nachfragepotenzials nach dualer Berufsausbildung zu rechnen. Denn die Zahl der Schulabgänger/-innen und -absolventen und -absolventinnen aus den allgemeinbildenden und aus den beruflichen Schulen geht bundesweit bis 2025 relativ kontinuierlich zurück.26

Diese Negativentwicklung wird ausschließlich durch die Lage in den alten Ländern ausgelöst. So sinkt hier die Zahl der nicht studienberechtigten Abgänger/-innen und Absolventen/Absolventinnen aus allgemeinbildenden Schulen – die Hauptklientel der dualen Berufsausbildung – zwischen 2013 und 2015 um weitere 119.200 Personen bzw. -24,6 % auf nur noch 364.600. Dies führt nicht nur unmittelbar zu einem geringeren Nachfragepotenzial, sondern auch mittelbar. Denn damit sinkt nicht nur der Umfang der Schulabgänger/-innen und -absolventen und -absolventinnen, die unmittelbar eine Berufsausbildung beginnen wollen. Es wird damit zeitverzögert auch deutlich weniger Abgänger/-innen und Absolventen/Absolventinnen aus teilqualifizierenden beruflichen Schulen geben. Ursächlich hierfür sind jene Jugendliche, die sich nach der allgemeinbildenden Schule in einer beruflichen Schule weiterqualifizieren möchten, bevor sie eine Berufsausbildung (oder ein Studium) starten Tabelle A2.3-1. Da zudem 2014 die Umstellung von G9 auf G8 abgeschlossen ist, ist im Westen nun auch bei der Zahl der studienberechtigten Absolventen/Absolventinnen aus den allgemeinbildenden Schulen ein Negativtrend vorherrschend.

Etwas positiver ist die Entwicklung dagegen in Ostdeutschland. Hier steigen die Zahlen in den kommenden Jahren leicht an; dies gilt für die Abgänger/-innen und Absolventen/Absolventinnen mit und ohne Studienberechtigung ebenso wie für die Abgänger/-innen und Absolventen/Absolventinnen aus allgemeinbildenden und teilqualifizierenden beruflichen Schulen. Diese Veränderungen finden jedoch auf einem sehr niedrigen Niveau statt. Der massive Einbruch der letzten Jahre (z. B. 2001 noch 175.200 nicht studienberechtigte Schulabgänger/-innen und -absolventen und -absolventinnen aus allgemeinbildenden Schulen, 2013 nur noch 71.200) lässt sich mit den leichten Zuwächsen nicht einmal näherungsweise kompensieren.

Die Aussichten für eine dauerhafte Sicherung des notwendigen Fachkräftenachwuchses in Westdeutschland sind somit alles andere als günstig. Dies zeigt nicht zuletzt eine Vorausberechnung der Zahl der institutionell erfassten ausbildungsinteressierten Personen, die sich über einen recht einfachen linearen Regressionsansatz leicht bewerkstelligen lässt, bei dem die verschiedenen Schulabgängerzahlen zur Schätzung herangezogen werden. 

Tabelle A2.3-1: Vorausgeschätzte Entwicklung der Zahl der Schulabgänger/ -innen und -absolventen und -absolventinnen bis zum Jahr 2025

Zahl der institutionell erfassten ausbildungsinteressierten Personen

Die Zahl der institutionell erfassten ausbildungsinteressierten Personen ist mit jenen Jugendlichen identisch, die entweder einen neuen Ausbildungsvertrag unterschreiben oder aber sich zumindest bei der Bundesagentur für Arbeit als Ausbildungsstellenbewerber registrieren ließen (Ulrich 2012a). Sie kann als eine empirische Annäherung an die latente Nachfragepotenzialgröße interpretiert werden, die im Rahmen von PROSIMA Verwendung findet.

Wie Schaubild A2.3-1 zeigt, wird die Negativentwicklung bei den Schulabgängerzahlen die Zahl der institutionell erfassten ausbildungsinteressierten Personen stark verringern; spätestens 2025 dürfte ihr Umfang erstmals die 700.000er-Marke unterschreiten – und damit um rund 340.000 Personen niedriger als 2007 bzw. um rund 120.000 Personen niedriger als 2013 ausfallen.

Sehr wahrscheinlich ist diese Schätzung sogar noch zu optimistisch ausgefallen, da sie auch auf der Annahme fußt, dass das Ausbildungsplatzangebot in den kommenden Jahren zumindest auf dem Niveau gehalten werden kann, das PROSIMA für 2014 vorausgesagt hatte. PROSIMA macht aber deutlich, dass nicht nur die Nachfrageentwicklung von der Angebotsentwicklung abhängig ist, sondern auch die Angebots- von der Nachfrageentwicklung. Sollte das Angebot sich an die sinkende Nachfrage anpassen und z. B. bis 2025 unter die 500.000er-Marke fallen, wird die Zahl der ausbildungsinteressierten Personen weitaus rascher und kräftiger sinken. Umso notwendiger ist es, den Umfang des Ausbildungsplatzangebots und der Ausbildungsplatznachfrage so weit wie möglich zu stabilisieren. Nur so können Negativentwicklungen auf den beiden Seiten des Ausbildungsmarktes gebremst werden, die sich in ihrer Dynamik auf verhängnisvolle Weise gegenseitig verstärken.

(Tobias Maier, Caroline Neuber-Pohl, Joachim Gerd Ulrich)

Schaubild A2.3-1: Zahl der institutionell erfassten ausbildungsinteressierten Personen 1997 bis 2025

  • 26

    Die Berechnungen fußen auf der Vorausberechnung der Schüler- und Absolventenzahlen 2012 bis 2025 der Kultusministerkonferenz, die im Mai 2013 veröffentlicht wurde (Kultusministerkonferenz 2013). Sie berücksichtigen aber den jüngsten Ist-Stand und aktualisieren auf dieser Basis die Vorausberechnungen der KMK. Die Aktualisierung erfolgt, indem die die von der KMK erwarteten Veränderungsraten auf die letzten Ist-Zahlen von 2012 projiziert werden.