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Die betriebliche Ausbildung spielt im Vergleich zu anderen Formen der Rekrutierung von Arbeits- und Fachkräften trotz aller Probleme auf den regionalen Ausbildungsmärkten weiterhin eine wichtige Rolle (vgl. Troltsch u. a. 2014; Christ/Sudheimer 2013). Betriebe klagen zwar seit Jahren darüber, dass sie zunehmend Probleme haben, Jugendliche für eine Ausbildung im eigenen Betrieb zu gewinnen und ihre angebotenen Ausbildungsstellen nicht besetzen zu können (vgl. Ebbinghaus/Gerhards 2014; Troltsch/Mohr/Gerhards 2013a, 2013b; Gerhards/Troltsch 2012; Troltsch/Gerhards/Mohr 2012). Angesichts des recht hohen Anteils von Betrieben mit neuen Ausbildungsangeboten für Jugendliche scheinen Betriebe jedoch weiterhin stark an dieser Form der Rekrutierung von Nachwuchskräften interessiert zu sein (vgl. Gerhards/Troltsch/Walden 2014, 2013c).

Im folgenden Beitrag wird für die Ausbildungsjahre 2010/2011 bis 2012/2013 untersucht,

  • wie sich die Beteiligung von Betrieben an der Ausbildung von Jugendlichen entwickelt hat,
  • wie sich das Ausbildungsverhalten der Betriebe strukturell verändert hat,
  • welche Betriebe Ausbildungsstellen neu angeboten und bei der Deckung ihres Bedarfs an Nachwuchskräften besondere Probleme hatten und
  • welche Betriebe besonders von vorzeitig gelösten Ausbildungsverträgen betroffen waren.

Diese Fragen sollen auf Grundlage der ersten 3 Erhebungswellen des BIBB-Qualifizierungspanels aus den Jahren 2011 bis 2013 beantwortet werden. Auf dieser Datenbasis lassen sich nicht nur repräsentative Aussagen über die aktuellen Geschehnisse auf dem Ausbildungsmarkt treffen; durch die wiederholte Befragung derselben Betriebseinheiten können auch Aussagen darüber getroffen werden, aus welchen Gründen sich Veränderungen auf Betriebsebene ergeben haben.143

BIBB-Qualifizierungspanel

Das BIBB-Betriebspanel zu Qualifizierung und Kompetenzentwicklung ist eine jährlich durchgeführte Wiederholungsbefragung, mit der repräsentative Längsschnittdaten zum Qualifizierungsgeschehen von Betrieben in Deutschland erhoben werden. Das BIBB-Qualifizierungspanel wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) seit 2010 finanziert und vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) in Zusammenarbeit mit TNS Infratest Sozialforschung durchgeführt.

Die Auswahl der Betriebe erfolgt über eine disproportional geschichtete Zufallsstichprobe aus der Grundgesamtheit aller Betriebe mit mindestens einem sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Die erforderlichen Betriebsadressen wurden von der Bundesagentur für Arbeit (BA) und vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zur Verfügung gestellt. Die Daten werden über computergestützte persönlich-mündliche Interviews (CAPI) durch die Interviewer von TNS Infratest Sozialforschung erhoben (vgl. Gerhards/Mohr/Troltsch 2013a; Gerhards u. a. 2013b).

Bei den ersten drei Erhebungswellen zwischen 2011 und 2013 nahmen jeweils 2.000 Betriebe an der Befragung teil. Jeweils etwa 75 % der befragten Betriebe und Unternehmen beteiligten sich auch in der jeweiligen Folgebefragung an der Erhebung (Panelquote).

Zur Untersuchung der betrieblichen Veränderungen werden im Folgenden 5 Indikatoren verwendet und nach ausgewählten betrieblichen Strukturmerkmalen dargestellt:

Die beiden Indikatoren Ausbildungsbetriebsquote und Anteil an Betrieben mit Konstanz oder Wechsel in der betrieblichen Ausbildungsbeteiligung bilden das grundlegende Geschehen auf der Angebotsseite des Ausbildungsmarktes ab. Hierbei wird unterschieden zwischen der generellen Ausbildungsbeteiligung zu einem bestimmten Stichtag und der Fluktuation in der Beteiligung über einen bestimmten Zeitraum hinweg. Diese Fluktuationen sind ein wichtiges Kriterium zur Beurteilung des Ausbildungsmarktes. Über längere Zeiträume hinweg gibt es jeweils relativ stabile Anteile von konstant ausbildenden und nicht ausbildenden Betrieben. Für die Versorgung des Ausbildungsmarktes mit Ausbildungsstellen ist daher mit entscheidend, wie der Saldo von ein- bzw. aussteigenden Betrieben ausfällt.

Bei den Indikatoren Anteil an Betrieben mit Ausbildungsstellenangeboten, Anteil an Betrieben mit unbesetzten Ausbildungsstellen und Anteil an Betrieben mit vorzeitig gelösten Ausbildungsverträgen zeigen sich die direkten oder indirekten Folgen von Entwicklungen, die auch mit der Nachfrageseite des Ausbildungsmarktes zusammenhängen. Zum Beispiel steht das Angebot an Ausbildungsstellen und die Zahl der unbesetzten Ausbildungsstellen und damit die betriebliche Ausbildungsbeteiligung insgesamt in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Nachfrage von Jugendlichen nach geeigneten Ausbildungsmöglichkeiten.

Indikatoren

Ausbildungsbetriebsquote

Anteil von ausbildenden Betrieben an allen Betrieben mit sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im jeweiligen Ausbildungsjahr.

Konstanz und Wechsel in der Ausbildungsbeteiligung

Anteil von Betrieben, die im Vorjahresvergleich entweder konstant ausbilden, konstant nicht ausbilden, aus Ausbildung aus- oder in Ausbildung einsteigen.

Anteil an Betrieben mit Ausbildungsstellenangeboten

Anteil von Betrieben mit Ausbildungsstellenangeboten für das jeweilige Ausbildungsjahr an allen Ausbildungsbetrieben.

Anteil an Betrieben mit unbesetzten Ausbildungsstellen

Anteil von Betrieben mit unbesetzten Ausbildungsstellen an allen Betrieben mit neuen Ausbildungsstellenangeboten für das jeweilige Ausbildungsjahr.

Anteil an Betrieben mit vorzeitig gelösten Ausbildungsverträgen

Anteil von Betrieben mit vorzeitig gelösten Ausbildungsverträgen an allen Betrieben mit Auszubildenden in den letzten 3 Jahren.

Ausbildungsbeteiligung von Betrieben nach Strukturmerkmalen

Insgesamt ist der Anteil ausbildender Betriebe – ähnlich wie in der Grundgesamtheit (vgl. Kapitel A4.10.1) – in den 3 Berichtsjahren von 23,6 % im Jahr 2011 erst auf 22,1 % und dann auf 21,0 % kontinuierlich zurückgegangen Schaubild A4.10.3-1. Damit engagieren sich im Vergleich zum Ausbildungsjahr 2010/2011 im Berichtsjahr 2012/2013 etwa 50.000 Betriebe weniger an der Ausbildung von Jugendlichen, was auch bedeutet, dass mittlerweile mit rund 430.000 Ausbildungsbetrieben nur noch jeder fünfte Betrieb mit sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten in einem Ausbildungsberuf nach BBiG/HwO ausbildet.

Dabei hat vor allem die Ausbildungsbeteiligung von Betrieben aus Ostdeutschland im Untersuchungszeitraum weiter an Stellenwert eingebüßt. Hier hat sich die Ausbildungsbetriebsquote von 16,4 % auf 13,1 % um 3,3 Prozentpunkte nochmals auf einen historischen Tiefststand verringert. Bei westdeutschen Betrieben fiel der Rückgang der Ausbildungsbeteiligung mit 2,4 Prozentpunkten dagegen etwas moderater aus. Der insgesamt rückläufige Trend in der Ausbildungsbeteiligung von Betrieben ist – ausgehend von einem unterschiedlichen Niveau – in allen Wirtschaftssektoren zu verzeichnen. Starke Rückgänge finden sich aber insbesondere in Wirtschaftssektoren, die im Ausbildungsjahr 2011/2012 ein hohes Ausgangsniveau aufgewiesen haben, bei der öffentlichen Verwaltung in Höhe von 5,9 und beim verarbeitenden Gewerbe in Höhe von 3,1 Prozentpunkten.

Ähnliche Trends ergibt auch die Analyse der Ausbildungsbetriebsquoten nach Betriebsgrößenklassen. Hier sind es vor allem die kleineren und größeren mittelständischen Betriebe, die mit 3,6 bzw. 7,7 Prozentpunkten die höchsten Rückgänge in der Ausbildungsbeteiligung zu verzeichnen hatten, obwohl sie zu den ausbildungsintensiven Betrieben zu zählen sind. Entgegen diesem Trend hat sich die Ausbildungsbetriebsquote von Betrieben mit 200 und mehr Beschäftigten um 2,9 Prozentpunkte erhöht. Einbrüche in der Ausbildungsbeteiligung sind dagegen für den Bereich der Handwerksbetriebe zu berichten. Hier liegt ein Rückgang mit überdurchschnittlichen 5,0 Prozentpunkten vor.

Schaubild A4.10.3-1: Ausbildungsbetriebsquoten in den Ausbildungsjahren 2010/2011, 2011/2012 und 2012/2013 nach Strukturmerkmalen (in %)

Veränderungen in der Ausbildungsbeteiligung von Betrieben

Eine erste Erklärung zu diesen Entwicklungen in den Ausbildungsbetriebsquoten bieten die Ergebnisse einer Analyse des Ausbildungsverhaltens der befragten Betriebe in den 3 untersuchten Ausbildungsjahren (zum generellen Vorgehen vgl. BIBB-Datenreport 2010, Kapitel A5.10.2). An den Auswertungen ist zu erkennen, dass sich mit 73,9 % knapp 3 von 4 Betrieben sowohl im Ausbildungsjahr 2012/2013 als auch 2011/2012 nicht an der Ausbildung Jugendlicher beteiligten Schaubild A4.10.3-2. Dieser Anteil liegt allerdings im vorhergehenden Ausbildungsjahr in der gleichen Größenordnung und kann damit nicht weiter zur Klärung rückläufiger Ausbildungsbetriebsquoten herangezogen werden.

Die für die aktuelle Entwicklung auf dem Ausbildungsmarkt interessanteren Gruppen sind die Betriebe, die zwischen 2012 und 2013 entweder aus der Ausbildung aus- (5,1 %) oder in die Ausbildung eingestiegen (4,0 %) sind.144 Hier zeigt sich, dass eine zunehmende Fluktuation auf der Angebotsseite des Ausbildungsmarktes möglicherweise einen Teil der Gesamterklärung für die zurückgehende betriebliche Ausbildungsbeteiligung darstellt. Beide Gruppen haben nämlich im Vergleich zum Ausbildungsjahr 2011/2012 höhere Anteile. Dies geht zulasten von Betrieben mit einer konstanten Ausbildungsbeteiligung, deren Anteil im Vergleich der beiden Ausbildungsjahre von 19,2 % auf 17,0 % zurückgegangen ist.

In Zahlen ausgedrückt bedeutet dies, dass die Ausbildungsbetriebe, die sich im Ausbildungsjahr 2011/2012 an der Ausbildung beteiligten, zu 85,9 % konstant ausbildende Betriebe waren (390.000 Betriebe) und zu 14,1 % zu den Einsteigern gehörten (64.000 Betriebe). Im Vergleich dazu bildeten im Ausbildungsjahr 2012/2013 nur noch 80,8 % auch im Vorjahr aus (349.000 Betriebe), während der Anteil der Einsteiger auf 19,2 % angestiegen ist (83.000 Betriebe). Welche Betriebe besonders an diesen Entwicklungen beteiligt waren, soll im Folgenden näher untersucht werden.

Schaubild A4.10.3-2: Veränderungen in der betrieblichen Ausbildungsbeteiligung zwischen den Ausbildungsjahren 2010/2011, 2011/2012 und 2012/2013 (in %)

Strukturmerkmale zu den Veränderungen im Ausbildungsverhalten von Betrieben

 

Betriebsgrößenklassen

Wie schon die Auswertungen zur Beschäftigtenstatistik der Bundesagentur für Arbeit zeigen (vgl. Kapitel A4.10.1), steigt der Anteil konstant ausbildender Betriebe mit zunehmender Betriebsgröße deutlich an. Gleichzeitig nimmt der Anteil konstant nicht ausbildender Betriebe immer weiter ab Schaubild A4.10.3-3 und Schaubild A4.10.3-4.145 Dieser generelle Zusammenhang hat sich im direkten Vergleich der beiden Ausbildungsjahre 2011/2012 und 2012/2013 nicht wesentlich verändert. Im Einzelnen sind allerdings deutliche Veränderungen in den Anteilswerten der Betriebe zu erkennen.

Generell bleibt festzuhalten, dass für die durchschnittliche rückläufige Entwicklung des Anteils konstant ausbildender Betriebe vor allem die Entwicklungen bei Kleinstbetrieben – in gewissem Ausmaß auch größere mittelständische Betriebe – eine wichtige Rolle spielt. Hier ist der Anteil dieser Betriebe um fast 3 Prozentpunkte auf 12,1 % zurückgegangen. Was die Gruppe der mittelständischen Betriebe und der Großbetriebe anbelangt, zeigt sich, dass sich die Fluktuationen in der betrieblichen Ausbildungsbeteiligung sehr stark verändert haben. Die Anteile für den (erneuten) Einstieg in Ausbildung als auch für den Ausstieg haben sich über die Ausbildungsjahre deutlich verringert. Gleichzeitig sind auch die Anteile der in beiden Ausbildungsjahren nicht ausbildenden Betriebe zum Teil deutlich gestiegen.

Nach Betriebsgrößenklassen betrachtet scheint sich die Ausbildungsbeteiligung im Beobachtungszeitraum stabilisiert zu haben, da bei größeren Betrieben eine höhere Konstanz in der konstanten Ausbildungs- wie auch in der Nichtbeteiligung zu verzeichnen ist. Ungünstig für den Ausbildungsmarkt ist sicherlich, dass vor allem der Anteil konstant nicht ausbildender Betriebe gestiegen ist. Anders verhält es sich bei den Kleinstbetrieben mit bis zu 20 Beschäftigten, da hier ein signifikanter Wechsel in der Ausbildungsbeteiligung vorkommt.

Wirtschaftssektoren

Betriebe aus dem produzierenden Gewerbe gehören zu den Betrieben, die mit durchschnittlich 26,2 % im Ausbildungsjahr 2012/2013 nicht nur die höchste, sondern auch die stabilste Ausbildungsbeteiligung aufweisen Schaubild A4.10.3-5 und Schaubild A4.10.3-6. Demgegenüber kommen Betriebe aus dem unternehmensnahen und personenbezogenen Dienstleistungssektor mit 12 % bzw. 15 % auf verhältnismäßig niedrige Werte beim Verbleib in der Ausbildung von Jugendlichen. In diesen beiden Wirtschaftssektoren finden sich auch die höchsten Anteile an konstant nicht ausbildenden Betrieben. In diesem Zusammenhang fällt auf, dass Betriebe und Behörden der öffentlichen Verwaltung im Vergleich zu anderen Sektoren mit 11,2 % überdurchschnittlich stark aus der Ausbildung ausgestiegen sind. Die Ausbildungsjahre 2011/2012 und 2012/2013 unterscheiden sich in den verschiedenen Anteilen nur unwesentlich und liefern somit keinen Beitrag zur Erklärung der rückläufigen Ausbildungsbetriebsquoten. Ausschlaggebend sind in diesem Zusammenhang Entwicklungen nach Betriebsgrößenklassen.

Schaubild A4.10.3-3: Veränderungen in der betrieblichen Ausbildungsbeteiligung zwischen den Ausbildungsjahren 2010/2011 und 2011/2012 nach Betriebsgrößenklassen (in %)

Schaubild A4.10.3-4: Veränderungen in der betrieblichen Ausbildungsbeteiligung zwischen den Ausbildungsjahren 2011/2012 und 2012/2013 nach Betriebsgrößenklassen (in %)

Schaubild A4.10.3-5: Veränderungen in der betrieblichen Ausbildungsbeteiligung zwischen den Ausbildungsjahren 2010/2011 und 2011/2012 nach Wirtschaftssektoren (in %)

Schaubild A4.10.3-6: Veränderungen in der betrieblichen Ausbildungsbeteiligung zwischen den Ausbildungsjahren 2011/2012 und 2012/2013 nach Wirtschaftssektoren (in %)

Schaubild A4.10.3-7: Veränderung des Anteils an Ausbildungsbetrieben mit Ausbildungsstellenangeboten für die Ausbildungsjahre 2010/2011, 2011/2012 und 2012/2013 an allen Ausbildungsbetrieben nach ausgewählten Strukturmerkmalen (in %)

Strukturmerkmale von Betrieben mit Angeboten an Ausbildungsstellen

Von den befragten ausbildenden Betrieben haben insgesamt 53,1 % für das Ausbildungsjahr 2010/2011 Ausbildungsstellen nach BBiG oder HwO angeboten Schaubild A4.10.3-7. Der Anteil an Betrieben mit Angeboten an Ausbildungsstellen für das Ausbildungsjahr 2011/2012 ist mit 62,8 % um 9,7 Prozentpunkte gestiegen. Für das Ausbildungsjahr 2012/2013 hat sich die Zahl der Neuangebote nochmals auf 65,0 % erhöht. Diese Steigerung entspricht dem allgemeinen Trend auf dem Ausbildungsmarkt, wie er auch von der Bundesagentur für Arbeit zur Entwicklung der bei den Arbeitsagenturen gemeldeten Berufsausbildungsstellen berichtet wird. Trotz des Rückgangs in der Zahl der Ausbildungsbetriebe wurde offensichtlich von den verbleibenden Ausbildungsbetrieben das Gesamtangebot an Ausbildungsstellen erhöht.

Dieser Trend zeichnete sich schon im vergangenen Jahr ab, da trotz negativer Erfahrungen bei der Besetzung von Ausbildungsstellen ein größerer Teil der befragten Betriebe seine Angebote für das kommende Ausbildungsjahr trotzdem aufstocken wollte (Gerhards 2012).

Im Ausbildungsstellenangebot zeigen sich für das Ausbildungsjahr 2012/2013 kaum noch Unterschiede zwischen alten und neuen Bundesländern. Während im Westen der Anteil der ausbildenden Betriebe mit Angeboten für Jugendliche überproportional auf 65,4 % gestiegen ist, liegt dieser Anteil für das Ausbildungsjahr 2012/2013 im Osten bei 62,1 % zwar niedriger als in den alten Bundesländern, aber um über 11 Prozentpunkte höher als der Wert im Vergleichsjahr 2010/2011.

Wirtschaftssektoren

Für das Ausbildungsjahr 2012/2013 bieten nach Wirtschaftssektoren betrachtet vor allem Betriebe aus dem Bereich des primären Sektors und Baugewerbes mit 76,5 % anteilsmäßig weit überdurchschnittlich viele Ausbildungsstellen an. In allen anderen Sektoren liegen diese Anteile entweder im Durchschnitt aller Betriebe oder zum Teil deutlich darunter. Besonders bei den sogenannten sonstigen Dienstleistungen und dem Bereich öffentliche Verwaltung, Erziehung und Unterricht haben sich im Vergleich zum vorhergehenden Ausbildungsjahr Rückgänge in den Anteilswerten ergeben.

Klassifikation der Wirtschaftssektoren im BIBB-Qualifizierungspanel146

  • Primärer Sektor und Baugewerbe (Land-/Forstwirtschaft, Bergbau, Energie-/Wasserversorgung, Abfallwirtschaft)
  • Verarbeitendes Gewerbe
  • Handel und Reparatur (Kfz-Handel, Groß-/Einzelhandel, Reparaturgewerbe)
  • Unternehmensnahe Dienstleistungen (Finanz-/Versicherungsdienstleistungen, wirtschaftliche, wissenschaftliche und freiberufliche Dienstleistungen)
  • Sonstige Dienstleistungen (Verkehrs-/Lagergewerbe, Informations-/Kommunikationsgewerbe, Beherbergungs-/Gastronomiegewerbe, personennahe Dienstleistungen, Organisationen ohne Erwerbscharakter)
  • Öffentliche Dienstleistungen (öffentliche Verwaltung, Erziehung/Unterricht, Gesundheits-/Sozialwesen)

Betriebsgrößenklassen

Die klarsten Unterschiede zwischen den Betrieben zeigen sich, wenn nach Betriebsgrößenklassen unterschieden wird: Mit steigender Betriebsgröße nimmt der Anteil an Ausbildungsbetrieben mit Neuangeboten an Ausbildungsstellen deutlich zu: von 57,4 % bei den Kleinstbetrieben mit bis zu 19 Beschäftigten bis hin zu 93,8 % bei den Großbetrieben mit 200 und mehr Beschäftigten, wobei Betriebe mit weniger als 100 Beschäftigten im Vergleich zum Ausbildungsjahr 2010/2011 die deutlichsten Steigerungen im Anteil ausbildungsinteressierter Betriebe aufweisen.

Auch nach der Kammerzugehörigkeit zeigt sich ein unterschiedliches Angebotsverhalten über die Jahre: 66,0 % der Ausbildungsbetriebe mit einer IHK-Mitgliedschaft stellen Ausbildungsstellen zur Verfügung; bei den ausbildenden Betrieben mit einer Zugehörigkeit zur Handwerkskammer sind dies 66,9 %. Den höchsten Anteil an Neuangeboten bieten mit 69,8 % Betriebe, die Mitglied in einer Kammer der freien Berufe, einer Landwirtschaftskammer o. a. sind. Damit hat sich das Interesse von Betrieben an einer eigenen Ausbildung offensichtlich weiter erhöht.

Strukturmerkmale von ausbildenden Betrieben mit unbesetzten Ausbildungsstellen

Von den Betrieben mit Ausbildungsangeboten für das Ausbildungsjahr 2012/2013 konnten im Berichtsjahr mit 40,1 % durchschnittlich 2 von 5 Betrieben ihre neu angebotenen Ausbildungsstellen teilweise oder vollständig nicht besetzen Schaubild A4.10.3-8. Dieser Anteil beträgt im Osten Deutschlands 65,8 %, während im Westen ein deutlich niedrigerer Anteil von 35,2 % Schwierigkeiten bei der Besetzung der Ausbildungsstellen hatte. Probleme, interessierte Ausbildungsbewerber/-innen einzustellen, hatten somit vor allem ostdeutsche Betriebe; der Anteil ist gegenüber dem Ausbildungsjahr 2010/2011 um 17,7 Prozentpunkte gestiegen.147

Wirtschaftssektoren

Abgesehen vom generellen Anstieg der Zahl von Betrieben mit Besetzungsproblemen, zeichnet sich nach Wirtschaftsbereichen ein relativ einheitliches Bild für das Ausbildungsjahr 2012/2013 ab: Für die meisten Wirtschaftssektoren gilt, dass der Anteil an Betrieben mit unbesetzten Ausbildungsstellen in etwa dem Durchschnitt aller Betriebe entspricht. Lediglich im Wirtschaftssektor der öffentlichen Verwaltung ergibt sich mit einem Prozentanteil von 25,0 ein sehr niedriger Wert. Ähnlich ist die Entwicklung zwischen den Ausbildungsjahren 2010/2011 und 2012/2013. Bei Betrieben aus dem primären Sektor/Baugewerbe ist es mit 16,6 Prozentpunkten und bei Betrieben aus dem Bereich der unternehmensnahen Dienstleistungen mit 14,2 Prozentpunkten nahezu zu einer Verdoppelung der Anteile an Betrieben mit unbesetzten Ausbildungsstellen gekommen; das ist angesichts der Attraktivität der Ausbildungsberufe im Bereich der unternehmensnahen Dienstleistungen ein erstaunliches Ergebnis.

Betriebsgrößenklassen

Der Anteil derjenigen Ausbildungsbetriebe, die Probleme mit der Besetzung von Ausbildungsstellen haben, sinkt mit steigender Betriebsgröße: Bei Großbetrieben mit 200 und mehr Beschäftigten beträgt beispielsweise der Anteil von Betrieben mit unbesetzten Ausbildungsstellen im Ausbildungsjahr 2012/2013 nur 22,1 %, während er bei den Kleinstbetrieben mit 44,7 % doppelt so hoch liegt. Damit bestehen vor allem bei Kleinstbetrieben mit bis zu 19 Beschäftigten überdurchschnittliche Probleme, ihre Ausbildungsangebote vollständig oder überhaupt besetzen zu können. Für die mittelständischen Betriebe hat sich in den letzten 3 Ausbildungsjahren mit Steigerungen um bis zu 6,9 Prozentpunkte eine überdurchschnittliche Verschlechterung bei der Besetzung ihrer Ausbildungsstellen ergeben.

Dies spiegelt sich auch bei der Kammerzugehörigkeit der Betriebe wider. Hier zeigen sich zwischen Handwerks- und IHK-Bereich unterschiedliche Erfolgschancen bei der Besetzung ihrer Ausbildungsstellen. Handwerksbetriebe haben mit einem Anteil von 42,2 % gleichbleibend größere Schwierigkeiten, Ausbildungsstellen zu besetzen, die Anteile von Industrie- und Handelsunternehmen liegen bei 37,3 %, allerdings mit steigender Tendenz.

Schaubild A4.10.3-8: Veränderung des Anteils an Betrieben mit unbesetzten Ausbildungsstellen an allen Betrieben mit Ausbildungsstellenangeboten für das Ausbildungsjahr 2010/2011, 2011/2012 und 2012/2013 nach ausgewählten Strukturmerkmalen (in %)

Zusammenhang zwischen Ausbildungsangeboten und erfolgreicher Besetzung von Ausbildungsstellen

Die Betrachtung des Zusammenhangs zwischen dem sektoralen Anteil an Betrieben mit Neuangeboten an Ausbildungsstellen und dem sektoralen Anteil an Betrieben mit unbesetzten Ausbildungsstellen ergibt folgendes Ergebnis: Je höher der sektorale Anteil an Betrieben mit Ausbildungsstellenangeboten, desto niedriger ist der Anteil an Betrieben mit unbesetzten Ausbildungsstellen Schaubild A4.10.3-9. Dieser Zusammenhang ist auch statistisch nachweisbar. Das heißt, dass ein Wirtschaftssektor umso erfolgreicher bei der Besetzung seiner Ausbildungsstellen ist und damit umso besser seinen Fachkräftebedarf decken kann, je mehr Betriebe Ausbildungsstellen anbieten. Ist der Anteil an Betrieben, die Ausbildungsstellen anbieten, dagegen niedrig, wachsen die Schwierigkeiten, Ausbildungsstellen zu besetzen. Dies scheint insgesamt ein Maßstab für die Attraktivität und die erfolgreiche Besetzung von Ausbildungsstellen eines Sektors zu sein.

Betriebe mit vorzeitig gelösten Ausbildungsverträgen

Der fünfte Indikator zur Situation der betrieblichen Berufsausbildung misst den Anteil an Betrieben mit vorzeitig gelösten Ausbildungsverträgen. Da bei dieser Auswertung Betriebe die Untersuchungseinheit darstellen, sind die Ergebnisse nicht mit den Analyseergebnissen zu den vorzeitigen Lösungen von Ausbildungsverträgen auf Basis der Berufsbildungsstatistik vergleichbar (vgl. Kapitel A4.7). Die Betriebe waren in der dritten Erhebungswelle aufgefordert, Angaben zum Bestand an vorzeitig gelösten Ausbildungsverträgen in den letzten 3 Jahren zu machen (vgl. Christ 2012, 2013). Im Durchschnitt berichtet mit 18,7 % fast jeder fünfte Betrieb, dass es in diesem Zeitraum zur vorzeitigen Lösung mindestens eines Ausbildungsvertrages gekommen ist Schaubild A4.10.3-10. Betriebe aus Ostdeutschland sind hiervon öfters betroffen: Hier meldeten 22,2 % der Betriebe vorzeitige Vertragslösungen; in Westdeutschland waren es 18,0 %.

Die Auswertung nach Wirtschaftszweigen ergibt ein heterogenes Bild. Betriebe mit vorzeitig gelösten Ausbildungsverträgen kommen überdurchschnittlich häufig im verarbeitenden Gewerbe und bei den sonstigen Dienstleistungen vor. Hier erreichen die Anteile Werte von 24,9 % und 24,2 %. Niedrig sind die Anteile dagegen im primären Sektor/Baugewerbe (10,9 %) und bei den unternehmensnahen Dienstleistungen (13,8 %).

Mit der Betriebsgröße steigt die Anzahl der Ausbildungsverhältnisse und damit die Wahrscheinlichkeit, dass es auf Betriebsebene zu mindestens einer Vertragslösung kommt. Die Verteilung nach Betriebsgrößenklassen zeigt deshalb, dass mit steigender Betriebsgröße der Anteil an Betrieben mit vorzeitig gelösten Ausbildungsverträgen zunimmt. Bei den Betrieben mit 200 und mehr Beschäftigten ist jeder zweite Betrieb von Vertragslösungen betroffen. Bei den Kleinstbetrieben ist dies nur etwa jeder sechste Betrieb.

Bei den Handwerksbetrieben liegt der Anteil an Betrieben mit Vertragslösungen bei 19,1 % und damit niedriger als bei Betrieben aus dem Industrie- und Handelsbereich, der auf einen Anteil von 22,1 % kommt.

Gefragt wurden die Betriebe auch, ob in den letzten 3 Jahren (2010 bis 2012) der Anteil vorzeitig gelöster Ausbildungsverträge zugenommen hat, gleich geblieben ist oder abgenommen hat. 46,7 % der Betriebe geben an, dass sich in dieser Zeit keine Veränderungen ergeben haben. Mit 33,8 % berichtet jeder dritte Betrieb von einer Zunahme des Anteils vorzeitig gelöster Ausbildungsverträge. Für 19,5 % der Betriebe ist der Anteil an vorzeitig gelösten Ausbildungsverträgen zurückgegangen.

Für die meisten der befragten Betriebe trat das Problem vorzeitiger Vertragslösungen nach der Probezeit auf: 54 % aller Betriebe mit vorzeitig gelösten Verträgen in den letzten 3 Jahren machten hierzu entsprechende Angaben. 27 % der Betriebe gaben an, dass während der Probezeit Verträge vorzeitig gelöst wurden, 8,4 % hatten sowohl während als auch nach der Probezeit Vertragslösungen zu verzeichnen. Bei 6,1 % der Betriebe wurden Verträge schon vor der Probezeit vorzeitig gelöst.

(Klaus Troltsch, Sabine Mohr, Christian Gerhards, Alexander Christ, Swetlana Sudheimer)

Schaubild A4.10.3-9: Anteil an Betrieben mit Ausbildungsstellenangeboten an allen Ausbildungsbetrieben und Anteil an Betrieben mit unbesetzten Ausbildungsstellen an allen Betrieben mit Ausbildungsstellenangeboten im Ausbildungsjahr 2012/2013

Schaubild A4.10.3-10: Anteil von Betrieben mit vorzeitig gelösten Ausbildungsverträgen in den letzten 3 Jahren an allen Betrieben, die in dieser Zeit Auszubildende hatten (in %) West Quelle: BIBB-Qualifizierungspanel 2013; gewichtete Daten 0 %

  • 143

    Panel- bzw. Längsschnitterhebungen, d. h. die wiederholte Befragung derselben Betriebseinheiten bzw. Personen, lassen Aussagen darüber zu, welche Ursachen für bestimmte Entwicklungen auf Betriebsebene vorliegen. Dies ist bei Querschnittserhebungen, die Befragungen zu einem bestimmten Zeitpunkt durchführen, nur bedingt möglich.

  • 144

    Zu erwähnen ist, dass zur Gruppe der sogenannten Aussteiger nicht nur Betriebe gehören, die sich endgültig aus der Ausbildung verabschieden, sondern auch Betriebe, die aufgrund ihres Fachkräftebedarfs nur zeitweise aus der Ausbildung aussteigen und bei steigendem Fachkräftebedarf oder aufgrund anderer Entwicklungen die Ausbildung Jugendlicher wieder aufnehmen.

  • 145

    Für den Zweijahresvergleich 2011/2012 nach Betriebsgrößenklassen wurde bei einem Klassenwechsel des Betriebs durch veränderte Beschäftigtenzahlen die jeweils aktuellere Einordnung der Betriebe nach Betriebsgrößenklassen vorgenommen, da in den meisten Fällen ein Beschäftigungswachstum dazu geführt hat. Für den Zweijahresvergleich 2012/2013 wurden dagegen die Angaben aus dem Jahr 2012 verwendet, da hier eine Mehrheit der Betriebe, die die Betriebsgrößenklasse gewechselt haben, Beschäftigungsrückgänge zu verzeichnen hatten und daher in eine niedrigere Betriebsgrößenklasse eingeordnet werden mussten. 

  • 146

    Bei manchen Auswertungen sind die Wirtschaftssektoren „primärer Sektor und Baugewerbe“ und „verarbeitendes Gewerbe“ zu „produzierendes Gewerbe“ zusammengefasst. 

  • 147

    In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass ein Betrieb auch dann der Gruppe derjenigen mit unbesetzten Ausbildungsstellen zugeordnet wird, wenn er von seinem Gesamtangebot an Ausbildungsstellen nur eine einzelne Stelle nicht besetzen konnte, ansonsten aber auf dem Ausbildungsmarkt erfolgreich nach Bewerbern für seine Ausbildungsstellen gesucht hat.