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Was kostet den Staat die Ausbildungskrise?

Hohe Ausbildungsnachfrage und Ausbildungsplatzdefizite zwingen den Staat zu gezielten Fördermaßnahmen im Bereich der beruflichen Ausbildung. Ein erheblicher Teil der Ausbildungsplätze wird derzeit über öffentliche Mittel voll- oder teilfinanziert. Jedoch leidet die Transparenz der Förderausgaben unter der Vielzahl der Finanzierungsträger und Förderprogramme. Ein vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) durchgeführtes Forschungsprojekt mit dem Titel "Öffentliche Förderung der betrieblichen Ausbildung im Dualen System" beleuchtet umfassend Umfang, Struktur und Entwicklung der öffentlichen Ausbildungsförderung im Zeitraum 1997 - 2001.

Veröffentlicht: 12.06.2003 URN: urn:nbn:de:0035-0006-9

Tragen die finanziellen Anreiz- und Hilfsmaßnahmen über öffentliche Zuwendungen einerseits kurzfristig zur Vermehrung des betrieblichen Ausbildungsangebotes bei, lassen diese andererseits aber auch den Eindruck einer zunehmenden "Verstaatlichung" der dualen Ausbildung zu. Kritik an der mangelnden Transparenz der Gesamtausgaben zur öffentlichen Ausbildungsförderung (hier insbesondere die länderspezifischen Aufwendungen zur Ausbildungsförderung), der Aspekt einer zunehmenden Unterminierung betrieblicher Verantwortung bei der Ausbildungsfinanzierung und die gleichzeitig in Frage gestellte Wirksamkeit dieser Förderung waren Ausgangspunkte für ein von Ende 2000 bis Mitte 2002 durchgeführtes BIBB-Forschungsprojekt mit dem Titel "Öffentliche Förderung der betrieblichen Ausbildung im Dualen System". Das Forschungsprojekt leistete eine umfangreiche Erfassung der öffentlichen Ausbildungsförderung nach Umfang, Struktur und Entwicklung im Zeitraum 1997 - 2001 und untersuchte am Beispiel der Bund-Länder-Ausbildungsplatzprogramme Ost 1996-1999 die Fördermaßnahmen im Hinblick auf ihre Wirksamkeit.

Die Analyse der staatlichen Ausgaben zur Ausbildungsförderung konzentrierte sich insbesondere auf die Ausgaben von Bund und Ländern sowie die Ausgaben der Bundesanstalt für Arbeit zur Förderung der beruflichen Erstausbildung. Hierbei wurde konstatiert, dass die Förderausgaben der Bundesanstalt für Arbeit sowie die Berufsbildungsausgaben des Bundes relativ gut dokumentiert sind, die in den Berufsbildungsberichten oder Bildungsfinanzberichten der Bund-Länder-Kommission enthaltenen Übersichten zu den Länderausgaben für Ausbildungsförderung jedoch als unzureichend betrachtet werden müssen.

Drei Förderschwerpunkte bei den Ausgaben von Bund und Ländern

Bei den Ausgaben von Bund und Ländern zur Förderung betrieblicher Ausbildung wurden drei Förderschwerpunkte unterschieden: Kurative Förderung als Ausgleichsmaßnahme für Ausbildungsdefizite (direkte staatliche Teilfinanzierung von betrieblichen Ausbildungsplätzen bzw. Vollfinanzierung von außerbetrieblichen Ausbildungsplätzen), Strukturförderung für eine Verbesserung der Ausbildungsvoraussetzungen in Betrieben ( z.B. Förderung überbetrieblicher Bildungsstätten, Förderung von Verbundausbildung) und die Zielgruppenförderung, die sich an Jugendliche mit individuellem Förderbedarf richtet.

Staatliche Ausgaben zur Ausbildungsförderung

Mit einem Gesamtvolumen von 1.433 Mio. € im Jahr 2000 förderten Bund und Länder die betriebliche Ausbildung. Rund 44 % dieser Gesamtausgaben zielten in erster Linie auf die Schaffung zusätzlicher Ausbildungsplätze, mehr als ein Viertel zielte auf die Verbesserung der betrieblichen Infrastruktur und Ausbildungsqualität. Der Förderung bestimmter Zielgruppen und der Bereitstellung individueller Hilfen für Auszubildende diente knapp ein Fünftel der Ausgaben. Die Hälfte der Gesamtausgaben wurde dabei über Bundes- und gut ein Drittel (34%) über Landesmittel finanziert. Über Mittel des Europäischen Sozialfonds (ESF) wurden 16 % der staatlichen Ausgaben zur Förderung der betrieblichen Ausbildung refinanziert.

Der staatliche Beitrag zur Finanzierung der Berufsausbildung wurde im Jahr 2000 auf insgesamt 7,8 Mrd. € (einschließlich Ausgaben für betriebliche Ausbildungsförderung, ohne Hochschulen) beziffert. Dabei betrugen in den Jahren 1999 bis 2001 die Bundesausgaben zur Förderung betrieblicher Ausbildung im Jahresdurchschnitt 779 Mio. €. Ungefähr drei Viertel wurden hierbei für den Ausgleich des betrieblichen Ausbildungsplatzdefizits und für individuelle Förderung beim Einstieg in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt verwendet. Mit einem Anteil von 44 % der Bundesausgaben stellte die kurative Förderung im Jahresdurchschnitt einen Ausgabenschwerpunkt dar (außerbetriebliche Ausbildungsplätze im Rahmen von Artikel 4 "Sofortprogramm der Bundesregierung zum Abbau der Jugendarbeitslosigkeit - Ausbildung, Qualifizierung und Beschäftigung Jugendlicher", Bund-Länder-Ausbildungsplatzprogramme Ost). Die Förderausgaben des Bundes konzentrierten sich sowohl auf die Finanzierung des Ausbildungsprozesses als auch auf die finanzielle Unterstützung von Individuen.

Mit einem Volumen von 731 Mio. € im Jahresdurchschnitt 1997 bis 2000 zur Förderung der betrieblichen Berufsausbildung erreichten die Länder ein den Bundesausgaben fast vergleichbares Volumen. Im Zeitraum 1997 - 2001 entfielen fast zwei Drittel der Länderausgaben zur betrieblichen Ausbildungsförderung auf die ostdeutsche Länderförderung. Bei den westdeutschen Ländern stand dagegen die Förderung der betrieblichen Infrastruktur und Ausbildungsqualität (44 %) im Vordergrund. Knapp zwei Drittel der Länderausgaben zur betrieblichen Ausbildungsförderung, im Jahresdurchschnitt 1997 - 2000 betrachtet, wurden aus landeseigenen Mitteln finanziert. Aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds wurden 24 % und weitere 12 % aus Bundesmitteln refinanziert.

Liegt ein wichtiger Ausgabenschwerpunkt der Bundesförderung bei strukturverbessernden Maßnahmen, steht bei den Länderausgaben die quantitative Verbesserung des Ausbildungsangebotes im Vordergrund.

Bezogen auf alle Bundesländer lassen sich insgesamt vier Förderschwerpunkte ermitteln: Ausgaben zur Förderung außerbetrieblicher Ausbildung, Ausgaben zur Förderung zusätzlicher Ausbildungsmöglichkeiten, ÜBS-Förderung und Verbundausbildung sowie die betriebliche Ausbildungsplatzförderung.

Neben Bund und Ländern leistet die Bundesanstalt für Arbeit mit öffentlichen Mitteln auf der Grundlage des SGB III ebenfalls die Förderung beruflicher Ausbildung. Hier ist im Zeitraum von 1998 bis 2001 ein Ausgabenanstieg zur individuellen Förderung der beruflichen Ausbildung und der beruflichen Ersteingliederung von Behinderten von rd. 2,6 Mrd. € auf rd. 3,3 Mrd. € zu verzeichnen.

Die Bund-Länder-Ausbildungsplatzprogramme Ost stellen für Bund und Länder einen wichtigen Schwerpunkt im Rahmen der Förderung betrieblicher Berufsausbildung dar. Dabei gehören die außerbetrieblichen Ausbildungsprogramme für sogenannte "marktbenachteiligte" Jugendliche seit Beginn der neunziger Jahre zum Kernstück der Ausbildungsförderung in Ostdeutschland. Die im Projekt realisierte Evaluierung der Ausbildungsplatzprogramme Ost 1996 - 1999 findet ihre Fortsetzung in der aktuellen Umsetzung eines Vorhabens des BIBB mit dem Titel "Evaluierung der Ausbildungsplatzprogramme Ost 2002 - 2004". Hierbei stehen insbesondere die Entwicklung einer systematischen Datenbasis zur Teilnehmerentwicklung in Bund-Länder-Programmen sowie eine umfassende Analyse des Teilnehmerverbleibs und Maßnahmenerfolgs im Vordergrund. Passgenauigkeit der Fördermaßnahmen für die erreichte Zielgruppe, Aspekte zur Ausbildungsqualität, Wirksamkeit der Fördermaßnahmen und Auswirkungen der Förderung auf das Ausbildungsverhalten beteiligter Betriebe sind zentrale Fragestellungen.

Aktuelle Beiträge zum Forschungsprojekt

  • Klaus Berger: "Was kostet den Staat die Ausbildungskrise?" Umfang und Struktur staatlicher Ausgaben zur Ausbildungsförderung, In: Berufsbildung in Wissenschaft und Praxis (BWP) 32. Jg. (2003), Heft 2, Zeitschrift des Bundesinstituts für Berufsbildung, S. 5 - 9
  • Klaus Berger, Günter Walden: Evaluierung der Bund-Länder-Programme zur Ausbildungsförderung in den neuen Bundesländern 1996 - 1999. Bestandsaufnahme, Schlussfolgerungen und Empfehlungen. Berichte zur beruflichen Bildung Heft 255. Hrsg. Bundesinstitut für Berufsbildung. Der Generalsekretär, Bonn - Bielefeld 2002.
  • Klaus Berger, Günter Walden: Trends in public funding for in-company training in Germany: From dual to a plural system. In: Vocational training and lifelong learning in Australia and Germany. Burke, G. & Reuling, J. (editors). Australia Centre Series (2002) volume 5, p. 135 - 149
  • Klaus Berger, Günter Walden: Außerbetrieblich und doch "betriebsnah" - Zwischenbilanz und Perspektiven der Bund-Länder-Ausbildungsprogramme Ost. In: Berufsbildung in Wissenschaft und Praxis (BWP) 31. Jg. (2002) Heft 4, Zeitschrift des Bundesinstituts für Berufsbildung, S. 17 - 21
  • Klaus Berger, Günter Walden: (Hrsg.): Öffentliche Ausbildungsförderung in Ostdeutschland unter der Lupe. Ergebnisse aktueller Evaluationsstudien. Berichte zur beruflichen Bildung Heft 258. Hrsg. Bundesinstitut für Berufsbildung. Der Generalsekretär, Bonn - Bielefeld 2003.

Erscheinungsdatum, Hinweis Deutsche Nationalbibliothek

Veröffentlichung im Internet: 12.06.2003

URN: urn:nbn:de:0035-0006-9

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