Was ist Ausbildungsreife?
Ursprünglich stand dieser Begriff für die zertifizierte Fähigkeit eines ausbildenden Betriebs. Mit der Zeit hat sich jedoch der Bedeutungsgehalt hin zu den Kompetenzen der Jugendlichen verschoben. 2005 erarbeitete die Expertengruppe "Ausbildungsreife" in einer von der Bundesagentur für Arbeit (BA) geleiteten Expertenrunde eine Definition sowie Kriterien und Merkmale für das Konzept der Ausbildungsreife.
Kern dieser Definition ist die Abgrenzung des Konstrukts Ausbildungsreife von dem der Berufseignung. Nach dieser Definition handelt es sich bei der Ausbildungsreife um eine allgemeine Voraussetzung, die Jugendliche befähigt, eine Berufsausbildung aufzunehmen und erfolgreich zu beenden. Das Konzept der Ausbildungsreife setzt sich, so die Expertengruppe, aus den folgenden fünf Merkmalsbereichen zusammen:
- Schulische Basiskenntnisse (z.B. Rechtschreibung, mathematische Grundkenntnisse)
- Psychologische Leistungsmerkmale (z.B. Sprachbeherrschung, Befähigung zur Daueraufmerksamkeit)
- Physische Merkmale (altersgerechter Entwicklungsstand und gesundheitliche Voraussetzungen)
- Psychologische Merkmale des Arbeitsverhaltens und der Persönlichkeit (z.B. Zuverlässigkeit, Kritikfähigkeit)
- Berufswahlreife (Selbsteinschätzungs- und Informationskompetenz)
Bei diesen Merkmalen handelt es sich ausschließlich um grundlegende Fertigkeiten und Fähigkeiten, die berufsunspezifisch sind. Das bedeutet, eine ausbildungsreife Person weist zu Beginn einer Berufsausbildung diese Merkmale auf und zwar ganz gleich, in welchem Beruf sie ausgebildet wird.
Das Konzept der Ausbildungsreife berücksichtigt zudem künftige Lern- und Entwicklungsprozesse einer Person: Ist eine Person zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht ausbildungsreif, kann die Reife z.B. durch die Teilnahme an berufsvorbereitenden Maßnahmen zu einem späteren Zeitpunkt hergestellt werden.
Ist eine Person ausbildungsreif, gilt als nächstes zu klären, für welchen Beruf sie geeignet ist. Im Hinblick auf die Berufseignung werden nun zwei Dinge berücksichtigt: Zum einen muss die Person die Anforderungen des Berufs erfüllen, damit sie die geforderte Leistungshöhe erbringen kann. Zum anderen muss der Beruf die Merkmale aufweisen, die Voraussetzung für die berufliche Zufriedenheit der Person sind. Das Konstrukt der Berufseignung bezieht sich also immer auf bestimmte Berufe oder Berufsgruppen und ist damit berufsspezifisch. Das bedeutet, dass eine Person durchaus ausbildungsreif sein kann, auch wenn sie für einen bestimmten Beruf nicht geeignet ist.
Neben den Konzepten Ausbildungsreife und Berufseignung führt die Expertengruppe "Ausbildungsreife" den Begriff Vermittelbarkeit ein. Denn um eine Lehrstelle zu erhalten, müssen neben der Ausbildungsreife und der Berufseignung spezifische Bedingungen der Vermittelbarkeit gegeben sein: Diese werden auf der Ausbildungsplatzangebotsseite z.B. definiert über spezielle betriebliche Einstellungskriterien oder über die regionale Marktsituation. Auf der Nachfragerseite spielen Aspekte eine Rolle wie z.B. das Erscheinungsbild des Jugendlichen und sein Auftreten, aber auch Mobilitätshemmnisse (schlechte Verkehrsanbindung des Wohnortes).
Auswahlbibliografie "Ausbildungsreife junger Menschen" : Zusammenstellung aus: Literaturdatenbank Berufliche Bildung (www.ldbb.de)
Linten, Markus; Prüstel, Sabine; Bundesinstitut für Berufsbildung [Hrsg.] | 2013
Ausbildungsreife - auch unter den Fachleuten ein heißes Eisen : Ergebnisse des BIBB-Expertenmonitors
Ehrenthal, Bettina; Eberhard, Verena; Ulrich, Joachim Gerd | 2005
Das Konzept der Ausbildungsreife - ein ungeklärtes Konstrukt im Spannungsfeld unterschiedlicher Interessen : Ergebnisse aus dem BIBB
Eberhard, Verena; Bundesinstitut für Berufsbildung [Hrsg.] | 2006
Schulische Vorbereitung und Ausbildungsreife
Eberhard, Verena; Ulrich, Joachim Gerd | 2006
Ausbildungsreife - Numerus clausus für Azubis? Ein Diskussionsbeitrag zur Klärung von Begriffen und Sachverhalten
Müller-Kohlenberg, Lothar; Schober, Karen; Hilke, Reinhard | 2005