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Berufsbildung 4.0 - Fachkräftequalifikationen und Kompetenzen für die digitalisierte Arbeit von morgen - Zentrale Ergebnisse auf Fachtagung vorgestellt

Auf einer Fachtagung in Bensberg bei Köln wurden zentrale Ergebnisse aus der gemeinsam von BMBF und BIBB realisierten Initiative "Fachkräftequalifikationen und Kompetenzen für die digitalisierte Arbeit von morgen" im Kontext von Berufsbildung 4.0 vorgestellt und diskutiert.

Das Plenum diskutiert die Ergebnisse.

Die Initiative war auf drei Schwerpunkte orientiert: ein exemplarisches Berufescreening, eine mittelfristige Fachkräfteprognose und die notwendige medienpädagogische und digitale Kompetenz des Ausbildungspersonals.

Die Digitalisierung zeigt, so der übereinstimmende Tenor aller Projektteilergebnisse, bezogen auf den künftigen Fachkräftebedarf und die Berufsbildung bereits sehr deutliche Wirkungen. Dieser Prozess wird sich künftig beschleunigend fortsetzen, und es ist mit noch gravierenderen Veränderungen zu rechnen.

Berufescreening – Berufsprofile brauchen eine Neubestimmung

Aus den Ergebnissen des Berufescreenings wird erkennbar, dass der „digitale“ Durchdringungsprozess in den Ausbildungsberufen unternehmensabhängig ungleichzeitig erfolgt und sich in Tiefe und Rigorosität, auch zwischen den Berufen, durchaus unterscheidet. In allen vierzehn untersuchten Berufen ist die Digitalisierung angekommen. Durchschnittlich nur jeder Dritte aller befragten Fachkräfte, Ausbilder und Ausbilderinnen sowie Vorgesetzten von Fachkräften und Ausbildungsverantwortlichen in den Betrieben schätzt den Digitalisierungsgrad der Arbeitsplätze der hinterfragten Berufe bereits aktuell als hoch ein. Für eine Übergangsphase werden in vielen Fällen deshalb zunächst Änderungen der Ausbildungsordnungen, z.B. durch die Aufnahme von Zusatzqualifikationen und Wahlpflichtbausteinen, empfohlen.

Erkennbar ist, dass sich mit zunehmender Digitalisierung die Erwartungen an die Kernkompetenzen der Fachkräfte weiter verschieben. Berufliche Fachkompetenz bleibt wichtig, Umgang mit Informations- und Kommunikationstechnologien, digitales Arbeiten und IT-Sicherheit werden immer dichter in Arbeitsaufgaben einbezogen, Prozess- und Systemverständnis wird eingefordert, genauso auch das selbständige und kontinuierliche Lernen können, Flexibilität, Problemlösefähigkeit, Kommunikationsfähigkeit.

Diese vierzehn Berufe wurden untersucht:

  • Anlagenmechaniker/in für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik
  • Landwirt/-in
  • Fachkraft Agrarservice
  • Fachlagerist/in
  • Fachkraft für Lagerlogistik
  • Industriekaufmann/-frau
  • Land- und Baumaschinenmechatroniker/-in
  • Maschinen- und Anlagenführer SP Lebensmitteltechnik
  • Maschinen- und Anlagenführer SP Textiltechnik und SP Textilveredelung
  • Mediengestalter/-in Bild und Ton
  • Mediengestalter/-in Digital und Print
  • Orthopädietechnikmechaniker/-in
  • Straßenbauer/-in
  • Fachkraft für Abwassertechnik
  • Verfahrensmechaniker/-in Kunststoff und Kautschuktechnik

Fachkräfteprognosen – deutliche Verschiebungen der Erwerbstätigenstruktur durch Digitalisierung

BIBB-Präsident Esser, Thomas Sondermann (BMBF) und BIBB-Pressesprecher Andreas Pieper im Podiumsgespräch (v.l.n.r.)

Notwendig ist nach Ansicht der Experten künftig ein systematischeres, dauerhaftes Monitoring der Ausbildungsberufe.

Die Ausbildung sollte regional und durch eine verbesserte Lernortkooperation regelmäßiger auf den Prüfstand gestellt und weiterentwickelt werden. Dafür werden sowohl ein verändertes Rollenverständnis der Akteure auf der Steuerungsebene und verbesserte Rahmenbedingungen notwendig werden als auch veränderte Anforderungen an das Ausbildungspersonal wirksam.

Im Rahmen der Ordnungsarbeit wird mittelfristig eine grundsätzliche Neubestimmung vieler Ausbildungsprofile unumgänglich sein.

Der Bedarf an durch die Berufsbildung qualifizierten Fachkräften wird in den meisten der untersuchten Ausbildungsberufe als steigend, mindestens aber als stabil eingeschätzt. Dies zeigten sowohl die Ergebnisse aus dem Berufescreening als auch die durchgeführten Fachkräfteprognosen.

Die aktuellen Ergebnisse der Fachkräfteprognosen, hier insbesondere der BIBB-IAB Qualifikations- und Berufsprojektionen, weisen bis zum Jahr 2035 aufgrund der Zuwanderungsgewinne darauf hin, dass die Bevölkerungszahl vorübergehend zunimmt. Aber trotz der Ausweitung des Arbeitskräfteangebots wird keine zunehmende Erwerbslosigkeit entstehen. Stattdessen ist der Arbeitsmarkt durch eine Knappheit an Erwerbspersonen geprägt. Die demografische Veränderung sorgt nicht nur für eine stärkere Binnennachfrage nach Gütern und Dienstleistungen, sondern verändert auch die Struktur der Erwerbstätigen nach Berufen. Der Gesundheitssektor wird im Jahr 2035 die meisten Erwerbstätigen stellen. Gleichzeitig ergeben sich in den medizinischen Gesundheitsberufen absolut betrachtet die höchsten Engpässe. Landwirtschaftliche Berufe verlieren hingegen an Attraktivität, sodass auch hier Engpässe auftreten werden.

Greift zudem die Digitalisierung stärker durch, so werden im Jahr 2025 rund 1,3 Mio. Arbeitsplätze von heute nicht mehr bestehen. Hingegen werden rund 2,1 Mio. neue Arbeitsplätze entstehen. Bis 2035 wird der strukturelle Wandel noch größer sein. Hier werden bis 2035 zwar fast 3,3 Millionen Arbeitsplätze entstehen. Gleichzeitig werden aber auch 4,0 Millionen Arbeitsplätze wegfallen. Bezogen auf die heutige Zahl an Erwerbstätigen von beinahe 45 Millionen Erwerbstätigen wird sich der Arbeitsmarkt der Zukunft um über 16 Prozent aller Arbeitsplätze (7,3 Millionen = (+ 3,3 Mio., - 4,0 Mio.) unterscheiden und im Jahr 2035 rund 740.000 Arbeitsplätze weniger da sein als derzeit. Dieser Wandel wird aber nicht allein durch eine digitalisierte Arbeitswelt getrieben. Auch demografiebedingt werden weniger Erwerbspersonen zur Verfügung stehen.

Bildungspersonal – allgemeine und pädagogische Medienkompetenz als Schlüssel für Ausbilderhandeln

Prof. Dr. Sabine Seufert (Universität St. Gallen) präsentiert Schweizer Perspektiven.

Neben Berufescreening und Fachkräfteprognosen war die Bestimmung der notwendigen medienpädagogischen Kompetenz des Ausbildungspersonals der dritte Schwerpunkt der Initiative.
Sowohl das Bildungspersonal an allen Lernorten wie auch die Auszubildenden sehen sich angesichts der mit der Digitalisierung der Arbeits- und Berufswelt verbundenen neuen Möglichkeiten IT-basierter Information, Kommunikation und (mobiler) Kooperation mit entsprechend neuen Kompetenzanforderungen konfrontiert.
Angesichts der dominierenden Debatte rund um die digitale Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft erstaunte die Beliebigkeit, mit der „Medienkompetenz“ in unterschiedlichsten Konnotationen verwendet wird. Es werden Bezeichnungen wie „Computerkenntnisse“, „IT-Kompetenz“, „Medienkompetenz“ oder auch „Bedienkompetenz“ häufig synonym verwendet, obwohl sie im Bildungskontext von Jugendlichen und jungen Erwachsenen sehr unterschiedliche Bedeutungen haben können. Mithilfe einer Synopse wurden daher zunächst gezielt Begriffsdefinitionen recherchiert, in die aktuelle wissenschaftliche Diskussion eingeordnet und zueinander in Bezug gesetzt. Ein Vorschlag für eine Definition (beruflicher) Medien- und IT-Kompetenz wurde nun vorgelegt.

Parallel zu dieser Begriffsdefinition erarbeitete das BIBB ein Modell medienpädagogischer Kompetenz für das Ausbildungspersonal. Es entstand im Rahmen eines Forschungsprojekts des BIBB und wurde zusammen mit Ausbilderinnen und Ausbildern entwickelt, um für diese Adressatengruppe fallbeispielhaft das Know How zu bestimmen, mit dessen Hilfe sie nun domänenspezifisch und handlungsorientiert berufliche Medien- und IT Kompetenz im Ausbildungsalltag vermitteln und fördern kann. Mit dem Modell liegt ein idealtypisch konzipierter Aneignungsprozess vor, der den möglichen didaktischen Rahmen für ein für das Ausbildungspersonal passendes Weiterbildungsformat abbildet.

Vorgehen als Wegweiser für weitere Aktivitäten

In Workshops geht es um Details.

Diese Ergebnisse resultieren aus zweieinhalbjähriger Arbeit im Projektteam, die wesentlich durch den Sachverstand und die Erfahrungen einbezogener Expertinnen und dem regelmäßigen Austausch mit Wissenschaftlern, Praktikern und den politischen Entscheidungsträgern unterstützt wurde.

Im Rahmen des Berufescreenings wurden mehr als ein Dutzend Berufe näher untersucht. Dazu wurden Informationen ausgewertet, eine Vielzahl von Fallstudien durchgeführt, daraus generierte Zwischenergebnisse im Rahmen einer Online-Befragung auf breitere Basis gestellt und mit den geltenden Ordnungsmitteln abgeglichen.

Das Schwerpunktthema Berufsbildung 4.0 wird künftig weiterbearbeitet werden. Dies wird sowohl implizit in vielen laufenden Projekten und Vorhaben erfolgen als auch in neuen, in Vorbereitung befindlichen Initiativen.

Publikationen: