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Das folgende Kapitel widmet sich der Auswertung der iABE-Daten nach dem Merkmal schulische Vorbildung. Die iABE erfasst den höchsten allgemeinbildenden Schulabschluss. Die Ausprägungen sind: allgemeine Hochschulreife, Fachhochschulreife, Realschul- oder gleichwertiger Abschluss, Hauptschulabschluss und ohne Hauptschulabschluss.195

Da sich die Sektoren und Konten entsprechend ihren Bildungszielen voneinander abgrenzen, unterscheiden sie sich auch bezüglich der schulischen Vorbildung der Teilnehmenden. Zunächst wird daher nachfolgend die Vorbildung der Anfänger/-innen nach Bildungssektoren und Konten in den Blick genommen. In einem zweiten Schritt wird dargestellt, wie sich die Anfänger/-innen mit und ohne Hauptschulabschluss auf die Bildungsangebote verteilen. Dabei handelt es sich um Jugendliche mit vergleichsweise schlechten Übergangschancen. Um innerhalb dieser Personengruppen benachteiligte Jugendliche zu identifizieren, wird die Betrachtung um eine Auswertung der Merkmalskombinationen Geschlecht und Staatsangehörigkeit ergänzt.

Sektoren und Konten nach schulischer Vorbildung

Die Tabelle A6.3-1 stellt die schulische Vorbildung der Anfänger/-innen in den Bildungssektoren und Konten im Berichtsjahr 2014 dar:

Im Sektor Berufsausbildung zeigt sich die größte Vielfalt mit Blick auf die Vorbildung: Rund die Hälfte (51,8 %) der Jugendlichen, die eine vollqualifizierende Berufsausbildung beginnen, verfügen über einen Realschul- oder gleichwertigen Abschluss. Die zweitstärkste Gruppe bilden die Anfänger/-innen mit Hauptschulabschluss (23,2 %). Gut ein Fünftel verfügt über die (Fach-)Hochschulreife (21,1 %). Der Anteil der Ausbildungsanfänger/ -innen ohne Hauptschulabschluss liegt bei nur 2,8 %.

Schaut man sich darüber hinaus die Vorbildung differenziert nach den Bildungskonten an, so zeigen sich große Unterschiede. Für die Aufnahme einer dualen Berufsausbildung nach Berufsbildungsgesetz (BBiG)/Handwerksordnung (HwO) müssen junge Menschen keinen formalen Schulabschluss vorweisen. Dementsprechend finden sich hier auch 3,9 % Anfänger/-innen ohne Hauptschulabschluss. Die Aufnahme einer Beamtenausbildung im mittleren Dienst setzt hingegen den Realschulabschluss voraus. Auch die anderen schulischen Ausbildungen weisen einen höheren Anteil mit Realschulabschluss aus als die duale Berufsausbildung. Eine Ausnahme sind die Bildungsgänge an Berufsfachschulen nach BBiG/HwO.

Auch im Übergangsbereich finden sich Anfänger/-innen mit unterschiedlichen Vorbildungen. Dies ist auch auf die verschiedenen Funktionen dieses Bildungssektors zurückzuführen. So dient der Übergangsbereich nach Beicht (BIBB-Datenreport 2010, Kapitel A3.3) neben dem Erwerb der Ausbildungsreife sowohl der Höherqualifizierung als auch der Überbrückung von Ausbildungslosigkeit. Diese Funktionen des Übergangsbereichs lassen sich anhand der iABE-Daten nicht direkt erfassen. Über das Merkmal der schulischen Vorbildung kann man sich diesen Funktionen jedoch teilweise annähern. So kann angenommen werden, dass die Jugendlichen mit Studienberechtigung (1,7 %) – die sich fast ausschließlich in EQ befinden – zu denen zu rechnen sind, die eine Warteschleife durchlaufen, da sie ihre schulische Qualifikation nicht mehr aufwerten können. Ähnliches gilt auch für den Großteil der Jugendlichen mit Realschulabschluss (25,9 %).

Die Gruppe der Jugendlichen ohne Hauptschulabschluss (22,9 %), also diejenigen, die man am ehesten dem Übergangsbereich zuordnen würde, stellt den größten Anteil im „Berufsvorbereitungsjahr (BVJ)“ (68,6 %). Im Jahr 2014 erwarben in diesem Bildungsgang 39,9 % der Absolventen und Absolventinnen einen Hauptschulabschluss, hier steht die Vermittlung beruflicher Grundkenntnisse und sogenannter Schlüsselkompetenzen im Vordergrund.

Inwieweit Jugendliche ihre Qualifikation aufwerten wollen, ist nicht eindeutig zuzuordnen. Der Blick auf die Vorbildung zeigt jedoch, dass knapp ein Drittel der Jugendlichen, die ein „Allgemeinbildendes Programm zur Erfüllung der Schulpflicht bzw. Abschlüsse der Sek. I“ absolvieren, bereits zu Beginn der Maßnahme über einen Realschulabschluss verfügt. Dies widerspricht der Idee der Qualifikationsaufwertung und kann als Hinweis auf eine sogenannte Warteschleife interpretiert werden.

Die Hochschulzugangsberechtigung (Sek II) streben i. d. R. junge Menschen mit der Eingangsvoraussetzung „Realschul- oder gleichwertiger Abschluss“ an. Dies ist bei allen Jugendlichen so, die die Sekundarstufe II der allgemeinbildenden Schulen besuchen – dieses Konto bildet mit 70 % den Großteil der Anfänger/-innen in diesem Sektor. An Fachgymnasien und Fachoberschulen gibt es darüber hinaus aber auch einige Jugendliche, die keinen oder den Hauptschulabschluss mitbringen. Dies ist vor allem ein Effekt der verkürzten Mittelstufe durch die Umstellung auf das achtjährige Gymnasium (G8). Bei den Jugendlichen mit Hauptschulabschluss handelt es sich in vielen Fällen um Jugendliche, die das Gymna­sium nach der neunten Klasse verlassen haben. Sie haben jedoch nach neun Jahren Schule ihre zehn Schulpflichtjahre noch nicht erfüllt, weshalb sie das Gymnasium ohne Realschulabschluss verlassen.

Die Aufnahme eines Studiums setzt i. d. R. den Abschluss mit der Hochschulreife voraus. Der Großteil der Studienanfänger/-innen besitzt die allgemeine Hochschulreife (82,5 %); knapp ein Fünftel immatrikuliert sich mit der Fachhochschulreife (15,8 %).

Tabelle A6.3-1: Anfänger/-innen nach schulischer Vorbildung in den Bildungssektoren und Konten 2014 (in %) (100 % = alle Anfänger/-innen im jeweiligen Sektor/Konto)

Anfänger/-innen mit und ohne Hauptschulabschluss

Die folgende Darstellung konzentriert sich auf die Verteilung der Anfänger/-innen mit und ohne Hauptschulabschluss auf die Sektoren und Konten. Hierbei handelt es sich um Personengruppen, die vergleichsweise schlechte Übergangschancen haben. Die Verteilung der Anfänger/
-innen wird nach unterschiedlichen Merkmalskombinationen (deutsch/weiblich, deutsch/männlich, ausländisch196/weiblich, ausländisch/männlich) dargestellt.

Tabelle A6.3-2 zeigt für die Anfänger/-innen ohne Hauptschulabschluss197, dass sich diese auf nur wenige Bildungsangebote verteilen. So findet sich die Mehrheit der Jugendlichen im Übergangsbereich. Schwerpunkte bilden das „Berufsvorbereitungsjahr inkl. einjähriger Berufseinstiegsklassen (BVJ/BEK)“ (40,1 %), die „Berufsvorbereitenden Bildungsgänge der Bundesagentur für Arbeit (BvB)“ (15,3 %) sowie „Bildungsgänge für erwerbstätige/erwerbslose Jugendliche ohne Ausbildungsvertrag“ (6,3 %). Diese Bildungsgänge bieten u. a. die Möglichkeit, den Hauptschulabschluss nachzuholen. Knapp ein Viertel der Anfänger/-innen ohne Hauptschulabschluss beginnt eine duale Berufsausbildung (24,3 %). In den anderen Bildungsgängen bieten sich für diese Jugendlichen kaum Möglichkeiten.

Die Verteilung auf die verschiedenen Bildungsangebote unterscheidet sich jedoch in Bezug auf die oben genannten Personengruppen. Vergleichsweise große Unterschiede finden sich zwischen deutschen und ausländischen Jugendlichen. Während die ausländischen Jugendlichen häufiger ins BVJ einmünden, beginnen deutsche Jugendliche häufiger eine duale Berufsausbildung. Im Vergleich der Geschlechter ist auffällig, dass etwas mehr männliche Jugendliche in die duale Berufsausbildung einmünden als weibliche. So beginnen von den deutschen Anfängern/Anfängerinnen 24,0 % der jungen Frauen eine Ausbildung im dualen System, während es bei den jungen Männern 29,6 % sind. Dafür ist der Anteil der deutschen Frauen im BVJ höher (38,1 % zu 34,2 %). Unter den ausländischen Jugendlichen sind die Geschlechterunterschiede weniger deutlich.

In Tabelle A6.3-3 wird die Verteilung der Anfänger/ -innen mit Hauptschulabschluss auf die Sektoren und Konten dargestellt. Mehr als die Hälfte der Jugendlichen mit Hauptschulabschluss beginnt eine vollqualifizierende Berufsausbildung, die Mehrheit davon (45,0 %) im dualen System. 11,9 % beginnen eine Ausbildung in landes- und bundesrechtlich geregelten Gesundheits-, Erziehungs- und Sozialberufen.

Gut 4 von 10 Anfängern/Anfängerinnen mit Hauptschul­abschluss beginnen eine Maßnahme im Übergangs­bereich. Dort sind sie in allen Konten vertreten. Eine besondere Bedeutung spielen aber die „Allgemeinbildenden Programme an Berufsfachschulen“ (10,8 %), die „Berufsvorbereitenden Bildungsgänge der BA“ (7,6 %) und das „Berufsgrundbildungsjahr“ (6,7 %).

Im Vergleich zu den Jugendlichen ohne Hauptschulabschluss zeigen sich zwischen den Personengruppen stärkere Unterschiede. Auffallend sind zunächst die Unterschiede zwischen den Geschlechtern: Der Frauenanteil ist in den Gesundheits-, Erziehungs- und Sozialberufen deutlich höher – dies gilt gleichermaßen für deutsche und ausländische Jugendliche. In der dualen Berufsausbildung finden sich über die Hälfte der deutschen Männer mit Hauptschulabschluss (54,4 %). Bei den ausländischen Männern sind es nur 37,9 %. Bei den Frauen ist der Anteil jeweils niedriger; auch hier zeigen sich Unterschiede zwischen deutschen (35,7 %) und ausländischen Frauen (30,2 %).

Auffallend ist weiterhin, dass im Vergleich zu den deutschen Frauen deutlich weniger ausländische Frauen in die Gesundheits-, Erziehungs- und Sozialberufe einmünden. Sie finden sich vergleichsweise häufiger in Maßnahmen des Übergangsbereichs.

(Regina Dionisius, Amelie Illiger)

Tabelle A6.3-2: Verteilung der Anfänger/-innen ohne Hauptschulabschluss auf die Bildungskonten 2014 (in %)

Tabelle A6.3-3: Verteilung der Anfänger/-innen mit Hauptschulabschluss auf die Bildungskonten 2014 (in %)

  • 195

    Anders als in der Berufsbildungsbildungsstatistik wird die berufliche Vorbildung nicht erfasst (vgl. Kapitel A4.3 und Kapitel A4.6.2). 

  • 196

    Das Merkmal deutsch/ausländisch unterscheidet Jugendliche nach ihrer Staatsangehörigkeit. Das Merkmal „Migrationshintergrund“ wird in der iABE nicht erfasst. Nachdem im Jahr 2000 das Staatsangehörigkeitsgesetz geändert wurde, haben mehr Jugendliche mit Migrationshintergrund die deutsche Staatsbürgerschaft. Entsprechend bildet das Merkmal nur einen Teil dieser Personengruppe ab. Auch die Gruppe der „Flüchtlinge“ kann auf Basis der iABE-Daten nicht identifiziert werden. 

  • 197

    Hierbei handelt es sich um die in der iABE im Ausbildungsgeschehen erfassten Anfänger/-innen im Ausbildungsgeschehen. Es ist zu berücksichtigen, dass es sich nicht um Jugendliche handelt, die im Vorjahr die Schule ohne Hauptschulabschluss verlassen haben. Bei dieser Personengruppe ist es darüber hinaus möglich, dass nicht alle Jugendlichen ohne Hauptschulabschluss in der iABE erfasst sind.