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Weiterbildung gilt als ein wichtiger Baustein zum beruflichen Erfolg und wird deshalb von Betrieben und der öffentlichen Hand – auch unabhängig von Arbeitslosigkeit (z. B. über die Bildungsprämie oder entsprechende Landesgesetze) – gefördert. Der Adult Education Survey (AES) ist die differenzierteste Quelle zur Beschreibung der Weiterbildungsbeteiligung auf Personenebene (vgl. Behringer u. a. 2016, S. 28). Damit ergibt sich die Möglichkeit, die Reichweite dieser Aktivitäten in der Gesamtbevölkerung und in verschiedenen Teilgruppen der Bevölkerung abzuschätzen und auch im europäischen Vergleich darzustellen. Der AES bietet neben vielen anderen Informationen die Möglichkeit, Lernaktivitäten mit beruflichem Kontext und Arbeitsplatzbezug separat zu beschreiben. Neben der betrieblichen Unterstützung von Weiterbildung werden hierbei auch die individuellen Gründe für die Weiterbildungsteilnahme (beruflich vs. privat) berücksichtigt.

Ausführliche Erläuterungen der Definition finden sich im Trendbericht zum AES 2018 (vgl. Bilger/Strauß 2019, S. 8). Die AES-Erhebungen 2014 und 2018 wurden nur in Deutschland mit einer gegenüber den anderen Erhebungen reduzierten Stichprobe221 durchgeführt (für ausführliche Erläuterungen zur Durchführung und Methodik des deutschen AES siehe Bilger/Kuper 2017). Der AES 2018 wurde – bis auf die beschriebene Modifikation der Weiterbildungssegmente, siehe Erläuterung –, auf vergleichbare Art und Weise wie die deutschen Vorerhebungen durchgeführt (Bilger/Strauß 2019, S. 7). Aufgrund der Modifikation der Erfassung der Weiterbildungssegmente kann zwischen den Erhebungsjahren 2016 und 2018 kein direkter Trendvergleich mit Signifikanzprüfung durchgeführt werden. Ein solcher ist nur möglich, wenn man die Teilnahmequoten für 2018 auf Basis derselben Informationen wie 2016 berechnet. Da die neue Berechnung jedoch die europäischen Anforderungen besser erfüllt und die Finanzierung der Weiterbildungsaktivitäten präziser abbildet, werden die Teilnahmequoten für alle Teilgruppen hier auf Basis der neuen Definition ohne direkten Trendvergleich dargestellt; der Trendvergleich wird zusätzlich für die Gesamtquoten berichtet.

Im Adult Education Survey (AES) erfasste Lernformen und Definition berufsbezogener Weiterbildung

Formale, non-formale und informelle Bildung

Lernaktivitäten Erwachsener werden im AES gemäß der europäischen Definition in formale, non-formale und informelle Lernaktivitäten unterteilt (vgl. für nähere Erläuterungen und die Einordnung in den europäischen Kontext Datenreport zum Berufsbildungsbericht 2014, Kapitel C; European Commission 2006).

Formale Bildung bezieht sich auf sogenannte reguläre Bildungsgänge, die zu einem anerkannten Abschluss führen, im Deutschen Qualifikationsrahmen (DQR) verortet sind und mindestens sechs Monate dauern.

Unter dem Begriff non-formale Bildung werden solche Lernaktivitäten zusammengefasst, die in einem organisierten Lehr-/Lernarrangement und in einer Lehrer-Schüler-Beziehung stattfinden; dies kann auch als Fernunterricht geschehen. Konkret wird im AES die Teilnahme an folgenden Formen non-formaler Lernaktivitäten erfragt: 

  • Kurse oder Lehrgänge,
  • kurzzeitige Bildungs- oder Weiterbildungsveranstaltungen, z. B. Vorträge, Schulungen, Seminare oder Workshops,
  • Schulungen am Arbeitsplatz (z. B. geplante Unterweisungen oder Trainings durch Vorgesetzte, Kollegen/Kolleginnen, Trainer/-innen oder Teletutoren/Teletutorinnen) und
  • Privatunterricht in der Freizeit (z. B. Fahrstunden, Musikunterricht, Trainerstunden).

In der deutschen Berichterstattung hat es sich eingebürgert, die Beteiligung an non-formaler Bildung als Kernindikator für die Weiterbildungsbeteiligung zu verwenden. Non-formale Lernaktivitäten werden in drei Segmente unterteilt: betriebliche, individuelle berufsbezogene und nicht berufsbezogene Weiterbildung (s. u.).

Informelles Lernen ist schließlich jede andere Lernaktivität, die intentional, also mit einer Lernabsicht, stattfindet, z. B. mit dem Computer, mit Fachbüchern, durch den Besuch eines Museums oder im sozialen Umfeld (Familie, Freunde, Arbeitsplatz).

Segmente non-formaler Bildung (Weiterbildungssegmente)

Als betriebliche Weiterbildung werden im deutschen AES alle Lernaktivitäten klassifiziert, die ganz oder überwiegend während der bezahlten Arbeitszeit oder einer bezahlten Freistellung stattfinden und/oder für die die direkten Weiterbildungskosten (z. B. wie etwa Kursgebühren, Kosten für Lehrmaterialien) mindestens anteilig vom Arbeitgeber übernommen werden. Wenn eine Aktivität nicht betrieblich ist, wird die weitere Zuordnung nach den subjektiven Gründen der Teilnehmenden vorgenommen: Als individuelle berufsbezogene Weiterbildung gelten solche Lernaktivitäten, die von den Individuen „hauptsächlich aus beruflichen Gründen“ belegt wurden. Entsprechend gehören zur nicht berufsbezogenen Weiterbildung solche Aktivitäten, die „mehr aus privaten Gründen“ besucht wurden. In den Erhebungen 2012, 2014 und 2016 wurde eine einheitliche Definition der Weiterbildungssegmente verwendet. Mit der Erhebung 2018 wurde für die Teilgruppe der Selbstständigen die Nachfrage über die Finanzierung der Bildungsaktivitäten erweitert, mit der Folge, dass für diese spezifische Teilgruppe nun der Anteil als betrieblich eingeordneter Bildungsaktivitäten gegenüber der Erhebung 2016 etwas höher definiert wird, dahingegen der Anteil der individuellen berufsbezogenen Bildungsaktivitäten etwas geringer (vgl. Bilger/Strauß 2019, S. 18-19, Fußnoten 11, 14). Für die Teilnahmequote der gesamten hier betrachteten Population bedeutet dies eine Verschiebung in der Teilnahmequote um in der Regel weniger als einen Prozentpunkt zugunsten der betrieblichen Weiterbildung, wohingegen die Teilnahmequote an berufsbezogener Weiterbildung (s. u.) insgesamt bei den meisten betrachteten Teilgruppen keine Abweichung zeigt. 

Die Teilnahmequoten für die berufsbezogene Weiterbildung insgesamt ab 2007 sind im BIBB-Datenreport 2016, Kapitel B1.1 berichtet (S. 297ff.).

Teilnahme an berufsbezogener Weiterbildung

Die Teilnahmequote an berufsbezogener Weiterbildung ist im Jahr 2018 bundesweit gegenüber dem Jahr 2016 von 43% auf 48% angestiegen Schaubild B1.1-1, Tabelle B1.1-1. Gleiches gilt für die Teilnahmequote an betrieblicher Weiterbildung, die 2016 bei 38% lag und 2018 43% betrug. Die Teilnahmequote an individueller berufsbezogener Weiterbildung ist von 6% auf 7% gestiegen. Wie in den Vorjahren blieb die betriebliche Weiterbildung während der Arbeitszeit oder mit betrieblicher Unterstützung damit prägend für das Bild der berufsbezogenen Weiterbildung. 

Für den direkten Trendvergleich der Erhebungsjahre 2016 und 2018 können die Teilnahmequoten für 2018 nach den gleichen Definitionsregeln wie 2016 berechnet werden. Die jeweiligen Vergleichswerte für 2018 lagen für die berufsbezogene Weiterbildung insgesamt bei 47%, für die betriebliche Weiterbildung bei 42% und für die individuelle berufsbezogene Weiterbildung bei 7% (alle Werte sind gegenüber 2016 signifikant angestiegen).222 Im Folgenden werden zur besseren Übersicht nur die Teilnahmequoten nach der Definition von 2018 berichtet; die mit 2016 direkt vergleichbaren Quoten weichen für alle im Folgenden genannten Teilgruppen weniger als einen Prozentpunkt von den berichteten Werten ab.

Mit der Erhebung 2018 hat sich die Relation der Teilnahmequoten zwischen Ost- und Westdeutschland umgekehrt Tabelle B1.1-1. Waren 2016 und in den Erhebungen zuvor die Teilnahmequoten in den alten Ländern stets niedriger als in den neuen Ländern, so stellt sich das Bild für die Erhebung 2018 nun umgekehrt dar. In den alten Ländern ist die Beteiligung an berufsbezogener Weiterbildung insgesamt von 42% auf 49% gestiegen, in den neuen Ländern dagegen von 48% auf 42% gesunken. Der Unterschied zwischen den Landesteilen ist für 2018 signifikant.223 

Teilnahmequote an berufsbezogener Weiterbildung

Berufsbezogene Weiterbildung insgesamt wird hier als betriebliche und/oder individuelle berufsbezogene Weiterbildung verstanden. Die Teilnahmequote beschreibt den Anteil der Teilnehmer/-innen an allen befragten Personen, die in den 12 Monaten vor der Befragung an mindestens einer Maßnahme teilgenommen haben, die dieser Gruppe von Lernaktivitäten zuzurechnen ist, also non-formale Lernaktivitäten im Segment der betrieblichen oder individuellen berufsbezogenen Bildung. Anders als in der Berichterstattung zum AES, wo i. d. R. auf die 18- bis 64-Jährigen Bezug genommen wird, werden die Teilnahmequoten hier für die Bevölkerung im Alter von 25 bis 64 Jahren dargestellt. Diese Einschränkung ist auch im internationalen Vergleich üblich; bei dieser Altersgruppe wird angenommen, dass die meisten Personen ihre Erstausbildung mit spätestens 24 Jahren beendet haben und dass also überwiegend Weiterbildungsaktivitäten gemessen werden (vgl. Behringer/Schönfeld 2017, S. 167). Mit der Änderung der Definition der Weiterbildungssegmente für die Gruppe der Selbstständigen ergeben sich für die hier berichtete Gesamtteilnahmequote an berufsbezogener Weiterbildung Abweichungen unter einem Prozentpunkt, die für manche Teilgruppen sowie für die deutschlandweite Gesamtquote der Beteiligung nach Rundung zu einer Differenz von einem Prozentpunkt der Teilnahmequote gegenüber der nach der Definition von 2016 berechneten Teilnahmequote führen.

Schaubild B1.1-1: Teilnahmequoten an berufsbezogener Weiterbildung 2012, 2014, 2016 und 2018 nach Geschlecht (in %)

Tabelle B1.1-1: Teilnahmequoten an berufsbezogener Weiterbildung 2012, 2014, 2016 und 2018 nach verschiedenen Differenzierungsmerkmalen (in %)

Ähnlich verhält es sich bei der betrieblichen Weiterbildung: Die Teilnahmequote stieg von 37% auf 44% in den alten Ländern und sank von 43% auf 38% in den neuen Ländern, ebenfalls resultierend in einem signifikanten Niveauunterschied zugunsten der alten Länder im Jahr 2018. Bei der individuellen berufsbezogenen Weiterbildung stieg die Teilnahmequote in den alten Ländern von 6% auf 7%, während sie in den neuen Ländern bei 6% stabil blieb (kein signifikanter Unterschied zwischen den Landesteilen in 2018).

Auch zwischen Männern und Frauen lassen sich 2018 Unterschiede im Teilnahmeniveau an berufsbezogener Weiterbildung beobachten Schaubild B1.1-1, Tabelle B1.1-1. 2018 nahmen 52% der Männer und 43% der Frauen an berufsbezogener Weiterbildung insgesamt teil. Noch größer war die Differenz bei der betrieblichen Weiterbildung: hier betrug die Teilnahmequote der Männer 47%, die der Frauen 37% (jeweils signifikanter Unterschied). In der individuellen berufsbezogenen Weiterbildung lag die Teilnahmequote der Männer (6%) leicht, aber nicht signifikant unter der der Frauen (7%). 

Die geringere Beteiligung von Frauen an betrieblicher Weiterbildung hängt damit zusammen, dass Frauen weniger als Männer ins Erwerbsleben eingebunden sind: Sie sind seltener erwerbstätig als Männer, und wenn sie es sind, arbeiten sie häufiger in Teilzeit und bekleiden seltener Führungspositionen (vgl. Bundesagentur für Arbeit 2019b, S. 10). Im Jahr 2018 war – anders als in den Erhebungen zuvor – auch innerhalb der Vollzeit-Erwerbstätigen ein Geschlechterunterschied zu beobachten: die Teilnahmequote Vollzeit erwerbstätiger Männer an berufsbezogener Weiterbildung insgesamt betrug 57%, die Vollzeit erwerbstätiger Frauen 50%. Dies ist vor allem auf den Beteiligungsunterschied in der betrieblichen Weiterbildung zurückzuführen: Dort war der Unterschied mit einem Abstand von 9 Prozentpunkten noch stärker ausgeprägt (Männer: 55%, Frauen: 46%). Bei der individuellen berufsbezogenen Weiterbildung zeigt sich auch bei Eingrenzung auf Vollzeit-Erwerbstätige, dass Frauen sich hier stärker beteiligten als Männer (6% vs. 4%) (alle Unterschiede signifikant; eigene Berechnungen mit Daten des AES 2018, nicht tabelliert). In multivariaten Analysen zur Beteiligung an betrieblicher bzw. individueller berufsbezogener Weiterbildung mit dem AES 2018 (hier: 18- bis 69-Jährige) hat sich allerdings das Geschlecht nicht als separat wirksame Einflussgröße erwiesen, sondern andere soziodemografische Variablen (vgl. Bilger/Strauß 2019, S. 39).

Im Vergleich verschiedener Erwerbsstatusgruppen224 Tabelle B1.1-1 zeigt sich der Anstieg der Teilnahme an berufsbezogener Weiterbildung am markantesten bei den Teilgruppen der Teilzeit-Erwerbstätigen, der Arbeitslosen und der Personen in Ausbildung, während die Beteiligung der Vollzeit-Erwerbstätigen und der sonstigen Nichterwerbstätigen nur leicht zunahm. Vollzeit-Erwerbstätige beteiligten sich 2018 zu 55% an berufsbezogener Weiterbildung insgesamt (2016: 53%), zu 52% (2016: 49%) an betrieblicher Weiterbildung und zu 5% (2016: 5%) an individueller berufsbezogener Weiterbildung. Erstmals lag die Teilnahmequote Teilzeit Erwerbstätiger an berufsbezogener Weiterbildung 2018 mit 55% gleich hoch wie die Vollzeit-Erwerbstätiger. Bei der betrieblichen Weiterbildung lag die Teilnahmequote der Teilzeit-Erwerbstätigen mit 50% leicht unter der der Vollzeit-Erwerbstätigen, bei der individuellen berufsbezogenen Weiterbildung hingegen mit 6% leicht darüber, beide Unterschiede sind jedoch nicht signifikant. 

Auffällig ist auch der starke Anstieg der Teilnahmequote an berufsbezogener Weiterbildung bei der Gruppe der Arbeitslosen von 21% im Jahr 2016 auf 38% im Jahr 2018. Dieser realisierte sich schwerpunktmäßig im Segment der individuellen berufsbezogenen Weiterbildung, wo die Teilnahmequote 2018 32% betrug (2016: 17%); in dieses Segment fallen u.a. SGB-geförderte Maßnahmen. 

Die Beteiligung von Personen in Ausbildung an berufsbezogener Weiterbildung ist ebenfalls stark angestiegen von 31% im Jahr 2016 auf 41% im Jahr 2018. Bei dieser Gruppe verteilte sich der Anstieg etwa gleichmäßig auf die beiden Segmente der betrieblichen Weiterbildung (2016: 17%; 2018: 22%) und der individuellen berufsbezogenen Weiterbildung (2016: 15%; 2018: 22%). Bei den sonstigen Nichterwerbstätigen zeigt sich insgesamt eine stabile Entwicklung mit einem leichten Anstieg im Segment der betrieblichen Weiterbildung von 7% (2016) auf 9% (2018); die Beteiligung in der individuellen berufsbezogenen Weiterbildung blieb mit 5% stabil, insgesamt zeigt sich für die berufsbezogene Weiterbildung mit 13% ebenfalls ein zu 2016 (12%) vergleichbarer Wert. 

Die Ergebnisse bestätigen den auch aus multivariaten Analysen bekannten Zusammenhang, dass der Erwerbsstatus eine der zentralen Determinanten der Beteiligung an Weiterbildung insgesamt darstellt, was auch für den AES 2018 gezeigt wurde (hier für die Gruppe der 18- bis 69-Jährigen; vgl. Bilger/Strauß 2019, S. 39).

In Bezug auf die Differenzierung nach Altersgruppen wurde 2018, anders als im Jahr 2016, kein signifikanter Unterschied zwischen der Beteiligung der 25- bis 34-Jährigen und der Gruppe der 35- bis 49-Jährigen an berufsbezogener Weiterbildung insgesamt beobachtet; die Teilnahmequote der jüngeren Gruppe lag bei 51%, die der mittleren Altersgruppe bei 52%. Die Differenzierung nach Segmenten zeigt allerdings, dass die Teilnahmemuster sich segmentspezifisch unterschieden. Während die Beteiligung der mittleren Gruppe an der betrieblichen Weiterbildung mit 48% signifikant höher lag als die der jüngeren Gruppe (41%), war die Beteiligung der jüngeren Gruppe wie auch in den Erhebungen 2012 und 2014 am höchsten in der individuellen berufsbezogenen Weiterbildung (12%) und überstieg damit die der beiden anderen Gruppen signifikant.

Die Beteiligung der ältesten Gruppe lag 2018 in der Gesamtbetrachtung (42%) und den Einzelsegmenten unter der der anderen Gruppen (signifikant außer für die betriebliche Weiterbildung im Unterschied zur jüngeren Altersgruppe und die individuelle berufsbezogene Weiterbildung im Unterschied zur mittleren Altersgruppe). 

Gegenüber 2016 ist die Beteiligung aller drei Altersgruppen an der betrieblichen Weiterbildung etwa im gleichen Maße gestiegen, in der individuellen berufsbezogenen Weiterbildung hingegen nur die der jüngsten Gruppe. 

Beim Schulabschluss zeigte sich auch im Jahr 2018 das aus der Weiterbildungsforschung bekannte Muster, dass die Beteiligung mit dem Schulabschluss steigt Tabelle B1.1-1.225 Dies gilt für die berufsbezogene Weiterbildung sowie für die betriebliche Weiterbildung; bei der individuellen berufsbezogenen Weiterbildung fällt der große Abstand der Personen mit hohem Schulabschluss (Teilnahmequote von 13%) gegenüber den Personengruppen mit niedrigem und mittleren Schulabschluss auf, zwischen deren Beteiligung in diesem Segment kein signifikanter Unterschied bestand (jeweils 3%). 

Auch bei der Betrachtung der Teilnahme nach dem höchsten beruflichen Abschluss ist die Tendenz erkennbar, dass in allen Weiterbildungssegmenten die höheren Qualifikationsgruppen stärker in Weiterbildung eingebunden sind Tabelle B1.1-1. Die Teilnahmequote an berufsbezogener Weiterbildung insgesamt ist gegenüber 2016 bei allen Qualifikationsgruppen angestiegen und lag 2018 zwischen 29% bei Personen ohne abgeschlossene Berufsausbildung und 63% bei Personen mit Meister oder vergleichbarem Abschluss (2016: 24% bzw. 58%). Allerdings verteilte sich der Anstieg bei den Gruppen unterschiedlich auf die beiden Weiterbildungssegmente. Eine Zunahme der Beteiligung an betrieblicher Weiterbildung zeigt sich zwischen 2016 und 2018 für Personen mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung (2016: 35%; 2018: 39%) und für die Personen mit Meister oder einem vergleichbaren Fachschulabschluss (2016: 54%; 2018: 59%). Ein Anstieg der Beteiligung an individueller berufsbezogener Weiterbildung ist dagegen für die Gruppe der Personen ohne abgeschlossene Berufsausbildung (2016: 5%; 2018: 11%) und für die Gruppe der Personen mit einem (Fach-)Hochschulabschluss (2016: 10%; 2018: 12%) zu beobachten; damit lag die Beteiligung der Personen ohne abgeschlossene Berufsausbildung erstmals auf ähnlichem Niveau wie die der Personen mit (Fach-)Hochschulabschluss (nicht signifikant verschieden).

Während die Teilnahmequoten in der berufsbezogenen Weiterbildung insgesamt der Personengruppen mit Meister oder einem vergleichbaren Abschluss (63%) sowie mit (Fach-)Hochschulabschluss (62%) 2018 – wie auch 2016 – nahe beieinanderlagen und sich statistisch nicht signifikant unterschieden, bestanden solche Unterschiede jedoch in der segmentspezifischen Differenzierung. In der betrieblichen Weiterbildung erreichten die Personen mit Meister oder einem vergleichbaren Abschluss mit 59% eine signifikant höhere Beteiligung als die Personen mit (Fach-)Hochschulabschluss (53%). Letztere Gruppe hingegen beteiligte sich durchgängig in allen Erhebungen weitaus mehr an individueller berufsbezogener Weiterbildung (2018: 12%) als die Personen mit Meister oder vergleichbarem Abschluss (2018: 6%; signifikanter Unterschied). 

Multivariate Analysen zur Teilnahme an betrieblicher Weiterbildung unter abhängig Beschäftigten zeigen, dass die Unterschiede in der formalen beruflichen Qualifikation kaum noch eine Rolle spielen, wenn die berufliche Stellung und die Qualifikationsanforderungen des Arbeitsplatzes kontrolliert werden. Lediglich der Unterschied zwischen Personen mit Meister- bzw. Fachschulabschluss sowie mit (Fach-)Hochschulabschluss bleibt signifikant (vgl. Kuper u. a. 2017, S. 97-99). 

In der multivariaten Analyse mit Daten des AES 2018 (18- bis 69-Jährige) zeigt sich für die Teilnahme an individueller berufsbezogener Weiterbildung bei Kontrolle weiterer (nicht erwerbskontextbezogener) Variablen, dass die Chancen für Personen mit (Fach-)Hochschulabschluss signifikant höher sind als für Personen ohne abgeschlossene Berufsausbildung, während zwischen letzteren und den beiden nächsthöheren Abschlussgruppen kein signifikanter Unterschied in der Teilnahmechance besteht (vgl. Bilger/Strauß 2019, S. 39).

Im AES 2018 sind zwei unterschiedliche Differenzierungen des Migrationshintergrundes verfügbar, von denen eine sich bis nach 2012 zurückverfolgen lässt, die andere nur bis 2016.226 Aus Gründen des Trendvergleichs wird hier die bisherige Differenzierung mit der Definition über die Erstsprache fortgeschrieben, die auch im AES 2018 verfügbar ist.

Während sich 2016 noch eine nach Art des Migrationshintergrunds gestufte Beteiligung an berufsbezogener Weiterbildung zeigte Tabelle B1.1-1, unterschied sich im Jahr 2018 die Beteiligung von Deutschen ohne Migrationshintergrund nicht mehr signifikant von der der Deutschen mit Migrationshintergrund, und zwar für keines der untersuchten Segmente. Die Teilnahmequote an berufsbezogener Weiterbildung lag mit 49% bzw. 48% faktisch auf gleichem Niveau, die der Ausländer/-innen lag mit 39% deutlich darunter. In der betrieblichen Weiterbildung hat sich die Teilnahmequote der Deutschen mit Migrationshintergrund zwischen 2016 und 2018 stark erhöht von 29% auf 41%; die Teilnahmequote der Ausländer/-innen hat sich ebenfalls von 19% auf 27% deutlich erhöht, war aber immer noch auffällig niedriger als die der Deutschen mit und ohne Migrationshintergrund. Bei der individuellen berufsbezogenen Weiterbildung dagegen war das Beteiligungsniveau der Ausländer/-innen 2018 mit 13% mehr als doppelt so hoch wie das der Deutschen ohne Migrationshintergrund (6%; signifikanter Unterschied). Dieser Unterschied zeigt sich auch in multivariaten Analysen; hier wird ein Zusammenhang mit den häufiger diskontinuierlichen Erwerbsbiografien von Ausländern/Ausländerinnen vermutet (vgl. Kuper u.a. 2017, S. 97-99). 

Mit der neuen Definition des Migrationshintergrundes, die zwischen Personen ohne Migrationshintergrund, Migranten/Migrantinnen der ersten Generation und der zweiten Generation unterscheidet, zeigt sich für den Vergleich der Erhebungen 2016 und 2018 (18- bis 64-Jährige), dass die Beteiligung an betrieblicher und individuell berufsbezogener Weiterbildung bei den Migranten/Migrantinnen der ersten Generation (nicht in Deutschland Geborene) signifikant angestiegen ist, während sie bei den in Deutschland geborenen Migranten/Migrantinnen der zweiten Generation jeweils gleich geblieben ist. Beim Vergleich der Ergebnisse nach der alten Definition wird deutlich, dass die Operationalisierung des Migrationshintergrundes einen starken Einfluss auf die Ergebnisse hat, die insbesondere die zweite Generation von Migranten/Migrantinnen betrifft.

Zusammenfassend zeigen sich mit dem AES 2018 einerseits stabile Muster der sozialen Ungleichheit in der Beteiligung an berufsbezogener Weiterbildung, insbesondere was die Merkmale der Vorbildung und die Art der betrieblichen oder individuellen Finanzierung betrifft. Die Ergebnisse lassen andererseits vermuten, dass in bestimmten Teilbereichen eine dynamische Entwicklung der Teilnahme an Weiterbildung eingesetzt hat, deren genaue Hintergründe sich anhand der vorliegenden Daten nicht exakt identifizieren lassen, die aber mit der technischen Entwicklung und der Digitalisierung in der Arbeitswelt zusammenhängen könnten.

Die differenziellen Befunde für die betriebliche und die individuelle berufsbezogene Weiterbildung legen den Schluss nahe, dass vor allem im betrieblichen Kontext Qualifizierungsbemühungen eingesetzt haben, die sich aufgrund der unterschiedlichen Branchen- und Beschäftigungsstrukturen stärker in Westdeutschland, bei Männern und bei im dualen System ausgebildeten Erwerbstägigen zeigen und an der auch im Arbeitsmarkt etablierte Personen mit Migrationshintergrund partizipieren. Die Zunahme der Beteiligung arbeitsmarktnaher Gruppen in der individuellen berufsbezogenen Weiterbildung, die nicht schon Vollzeit oder Teilzeit erwerbstätig sind, deutet zudem darauf hin, dass auch dort im Kontext der Digitalisierung vermehrt Weiterbildung wahrgenommen wird, um künftig im Arbeitsmarkt bestehen zu können; dies könnte auch für Ausländerinnen und Ausländer zutreffen. Auch Personen ohne abgeschlossene Berufsausbildung engagierten sich 2018 deutlich stärker als in den letzten Erhebungen in der individuellen berufsbezogenen Weiterbildung. 

Informelle berufsbezogene Weiterbildung

In der europäischen Klassifikation der Lernaktivitäten steht das informelle Lernen neben den institutionalisierten Lernformen. Es steht für weitere Möglichkeiten des Wissens- und Fähigkeitserwerbs über organisierte Lernangebote hinaus, die jedoch im Berufsleben dennoch nützlich sein können. Die Anerkennung informell erworbenen Wissens und informell erworbener Kompetenzen stellt einen wichtigen Baustein der europäischen Agenda zur Förderung des lebenslangen Lernens dar (vgl. Commission of the European Communities 2007). Die Definitionen variieren jedoch bei verschiedenen Messungen der Beteiligung am informellen Lernen. Im AES ließ sich über die letzten Erhebungsjahre aufgrund von Änderungen der Konzeption keine Trendreihe erstellen (siehe ausführlich Kaufmann-Kuchta/Kuper 2017, S. 185-187), die Erhebungsweisen 2016 und 2018 sind jedoch vergleichbar (vgl. Bilger/Strauß 2019, S. 58). Im AES ist informelles Lernen darüber definiert, dass es intentional, aber nicht in einem institutionalisierten Kontext stattfindet. Dabei wird die Frage nach der Beteiligung am informellen Lernen gestützt gestellt, d. h. es wurden mögliche Lernwege (z. B. durch Lesen von Büchern/Fachzeitschriften, durch Nutzung von Computer/Internet oder durch Lernen von Familienangehörigen, Freunden oder Kollegen) explizit genannt (vgl. Bilger/Strauß 2019, S. 59). Auch hier ist der Referenzzeitraum, für den die Lernaktivitäten erhoben werden, das letzte Jahr vor der Befragung.

Die Teilnahmequote am so definierten informellen Lernen betrug 2018 unter den 25- bis 64-Jährigen 45%, 2016 waren es noch 43% (eigene Berechnungen mit Daten des AES 2016 und 2018, signifikanter Unterschied). In den Erhebungen vor 2016 war, allerdings mit etwas anderer Fragestellung, eine etwas höhere Beteiligung zu verzeichnen (siehe BIBB-Datenreport 2016, Kapitel B1.1). 

Zur aktuellsten (am nächsten am Befragungszeitpunkt liegenden) informellen Lernaktivität wurden weitere Informationen erfragt: 2018 erfolgte diese bei 46% der Lernenden mehr aus beruflichen Gründen, bei 54% der Lernenden mehr aus privaten Gründen (keine Angabe: 1%; Rundungsdifferenzen). Betrachtet man nur diese mehr aus beruflichen Gründen durchgeführten Aktivitäten, so wurde als wichtigster Lernweg (41% der Aktivitäten) das Lesen von Büchern oder Fachzeitschriften genannt; an zweiter Stelle folgte bei 37% der Aktivitäten die Nutzung von Lehrangeboten am Computer oder im Internet. Bei 16% dieser Aktivitäten wurde das Lernen von Familienmitgliedern, Freunden oder Kollegen227 als der wichtigste Lernweg genannt. 

Damit hat gegenüber 2016 eine Verschiebung der Bewertung der Wichtigkeit von analogen hin zu digitalen Lernwegen im beruflichen Kontext stattgefunden; die Anteilswerte des wichtigsten Lernwegs der berufsbezogenen aktuellsten informellen Lernaktivitäten betrugen 2016 noch 46% für das Lernen durch Lesen von Büchern und Fachzeitschriften und 30% für die Nutzung von Lehrangeboten am Computer oder im Internet und waren signifikant von den Anteilswerten 2018 verschieden.

Im Jahr 2018 fanden 25% dieser Lernaktivitäten vorwiegend in der Arbeitszeit statt, 51% vorwiegend in der Freizeit, und bei 23% waren die Zeitanteile nach Auskunft der Lernenden etwa gleich (keine Angabe: <0,5%; eigene Berechnungen mit Daten des AES 2018). 

(Elisabeth Reichart – Deutsches Institut für Erwachsenenbildung)

  • 221

    Die Stichprobengröße für die hier betrachtete Population (25- bis 64-Jährige) betrug 2012 und auch 2016 jeweils rund 6.200 Befragte; 2014 waren es dagegen nur rund 2.700 Befragte, 2018 rund 4.700 Befragte.

  • 222

    Der Niveauunterschied zwischen den Vergleichswerten 2016 und 2018 wurde mittels eines Verteilungstests auf statistische Signifikanz (95% Vertrauenswahrscheinlichkeit) geprüft.

  • 223

    Eine Prüfung der Hintergründe dieser Entwicklung müsste die Wirtschaftsstruktur und die Rahmenbedingungen betrieblicher Weiterbildung in beiden Landesteilen fokussieren, um die Entwicklung anhand von weiteren Kontextfaktoren näher erläutern zu können.

  • 224

    Dass überhaupt für nichterwerbstätige Personen Teilnahmequoten für betriebliche Weiterbildung angegeben werden können, ist auf den Umstand zurückzuführen, dass der Erwerbsstatus zum Zeitpunkt der Befragung erhoben wird, während sich der Referenzzeitraum für die Weiterbildungsteilnahme auf die zwölf Monate vor der Befragung bezieht. Sonstige Nichterwerbstätige und auch Arbeitslose können also vor Eintritt in die Nichterwerbstätigkeit bei ihrem früheren Arbeitgeber bzw. mit dessen finanzieller Unterstützung an betrieblicher Weiterbildung teilgenommen haben.

  • 225

    Als niedriger Schulabschluss gilt hier der Hauptschulabschluss und darunter, als mittlerer Schulabschluss die mittlere Reife oder ein vergleichbarer Abschluss, und als hoher Schulabschluss eine Studienzugangsberechtigung (z. B. Abitur, Fachhochschulreife). Personen ohne Angabe zum Schulabschluss und solche, die zum Befragungszeitpunkt noch Schüler/-in waren, sind nicht berücksichtigt.

  • 226

    Der Migrationshintergrund wurde in den AES-Erhebungen 2012, 2014 und 2016 folgendermaßen operationalisiert: Deutsche ohne Migrationshintergrund besitzen die deutsche Staatsangehörigkeit und haben Deutsch als Erstsprache, Deutsche mit Migrationshintergrund besitzen die deutsche Staatsangehörigkeit, Deutsch war jedoch nicht Erstsprache. Ausländer/-innen haben nicht die deutsche Staatsangehörigkeit, die Erstsprache wird nicht berücksichtigt (vgl. Bilger/Strauß 2017, S. 48). Mit dem AES 2016 wurde eine neue Definition des Migrationshintergrundes entwickelt, die sich an Kriterien der amtlichen Statistik orientiert und nach dem Grad der Zuwanderungserfahrung in der Familie differenziert (vgl. Bilger/Strauß 2019, S. 35). Ergebnisse für die Gruppe der 18- bis 64-Jährigen sind im Trendbericht zum AES 2016 und 2018 berichtet (S. 34-36).

  • 227

    Bei der Einschätzung dieses Werts ist zu beachten, dass geplante Schulungen/Trainings am Arbeitsplatz im AES zur non-formalen Bildung gezählt werden und in der im vorherigen Abschnitt berichteten Teilnahmequote enthalten sind.