BP:
 

Die betriebliche Ausbildung spielt für Betriebe und Unternehmen in Deutschland weiterhin eine wichtige Rolle, um den Bedarf an qualifizierten Nachwuchskräften zu decken und um selbst ausgebildete Fachkräfte langfristig für den eigenen Betrieb zu gewinnen. Allerdings bildeten Ende 2019 von den insgesamt 2,17 Mio. Betrieben mit sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen nur noch 426.000 Betriebe Jugendliche und junge Erwachsene aus. Damit lag der Anteil an Ausbildungsbetrieben bei 19,6% und ging gegenüber dem Vorjahr leicht zurück (Kapitel A7.1).

Dieser Beitrag untersucht anhand der Daten des BIBB-Betriebspanels zu Qualifizierung und Kompetenzentwicklung, wie die betriebliche Ausbildungsbeteiligung in den Berichtsjahren 2019 und 2020 ausfiel und welche Hinweise es auf Probleme bei der Besetzung von Ausbildungsstellen gibt. Dafür werden folgende Indikatoren für die Ausbildungsjahre 2018/2019 und 2019/2020 herangezogen:181

  • Anteil der Betriebe, die Ausbildungsstellen nach BBiG/HwO angeboten haben,
  • Anteil der Betriebe, die Ausbildungsverträge nach BBiG/HwO neu abgeschlossen haben,
  • Anteil der Betriebe, in denen mindestens eine Ausbildungsstelle nach BBiG/HwO unbesetzt geblieben ist.

BIBB-Betriebspanel zu Qualifizierung und Kompetenzentwicklung (BIBB-Qualifizierungspanel)

Das BIBB-Qualifizierungspanel ist eine jährliche Wiederholungsbefragung, mit der repräsentative Längs- und Querschnittsdaten zum betrieblichen Qualifizierungsgeschehen in Deutschland erhoben werden. Die Auswahl der Betriebe erfolgt über eine disproportional geschichtete Zufallsstichprobe aus der Grundgesamtheit aller Betriebe mit mindestens einem sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Die betrieblichen Angaben werden über computergestützte persönlich-mündliche Interviews (CAPI) und optional über internetgestützte Interviews (CAWI) erhoben. Im Jahr 2020 haben mehr als 4.000 Betriebe an der Befragung teilgenommen. Die Interviews wurden aufgrund der Kontaktbeschränkungen durch die Coronapandemie größtenteils telefonisch (CAPI on phone) durchgeführt. Aktuelle Informationen zum BIBB-Qualifizierungspanel und dessen Konzeption sind unter www.qualifizierungspanel.de abrufbar.

Bedarf der Wirtschaft an selbst ausgebildeten Fachkräften

Der Anteil an Betrieben, die für das Ausbildungsjahr 2019/2020 Ausbildungsstellen nach BBiG/HwO angeboten haben, lag durchschnittlich bei 18,5% und fiel damit niedriger aus als im Vorjahr (19,6%) Tabelle A7.3-1. Für das Ausbildungsjahr 2019/2020 hat folglich weniger als jeder fünfte Betrieb der insgesamt 2,17 Mio. Betriebe Ausbildungsstellen angeboten. Bei der Differenzierung nach Strukturmerkmalen werden deutliche Unterschiede erkennbar. Bei größeren mittelständischen Betrieben und Großbetrieben fallen die Anteile der Betriebe mit Ausbildungsstellenangebot deutlich höher aus als bei Kleinbetrieben. Zudem sind bei größeren Betrieben die Anteile im Zweijahresvergleich leicht gestiegen, während Kleinbetriebe einen Rückgang verzeichneten. Unter den Wirtschaftssektoren wiesen das verarbeitende Gewerbe, die Bauwirtschaft sowie das Handels- und Reparaturgewerbe einen überdurchschnittlichen sowie steigenden Bedarf in Form eines erhöhten Angebots an Ausbildungsstellen auf. Bei unternehmensnahen, personenbezogenen sowie medizinischen und pflegerischen Dienstleistungsbetrieben und Betrieben des Primärsektors waren die entsprechenden Anteile dagegen rückläufig. Ferner gab es unter den Handwerksbetrieben sowie bei Betrieben, die sowohl dem Industrie- und Handels- als auch dem Handwerkskammerbereich angehören, mit 28,4% bzw. 35,1% überdurchschnittlich viele Betriebe mit Ausbildungsstellenangeboten bzw. einem hohen Bedarf an selbst ausgebildeten Nachwuchskräften.

Tabelle A7.3-1: Indikatoren zur betrieblichen Ausbildungsbeteiligung nach Strukturmerkmalen 2019 und 2020 (in %)

Klassifikation der Wirtschaftssektoren im BIBB-Qualifizierungspanel

  • Primärsektor (Land-, Forstwirtschaft, Bergbau, Energie-, Wasserversorgung, Abfallwirtschaft),
  • Verarbeitendes Gewerbe (Herstellung von chemischen und pharmazeutischen Erzeugnissen, Elektro-, Metallgewerbe, Maschinen-, Fahrzeugbau, Herstellung sonstiger Güter wie Holz, Papier, Nahrungsmittel, Textilien),
  • Bauwirtschaft (Hoch- und Tiefbau, vorbereitende Baustellenarbeiten, -installation),
  • Handel und Reparatur (KFZ-Handel, Groß- und Einzelhandel, Reparaturgewerbe),
  • Unternehmensnahe Dienstleistungen (finanz-, rechts- und wohnungswirtschaftliche Dienstleistungen, Forschung/Entwicklung, Architektur-, Ingenieurbüros, Werbung/Marktforschung, Leiharbeit, Reise-, Sicherheitsgewerbe),
  • Personenbezogene Dienstleistungen (Beherbergungs-, Gastronomiegewerbe, Informations-, Kommunikationsgewerbe, Verkehrs-, Lagergewerbe, Friseurgewerbe, sonstige personenbezogene Dienstleistungen),
  • Medizinische und pflegerische Dienstleistungen (Gesundheits-, Sozialwesen, Arztpraxen, Kliniken, Heime),
  • Öffentliche Dienstleistungen (Öffentliche Verwaltung, Erziehung, Unterricht, Verbände, Interessenvertretungen, Organisationen ohne Erwerbscharakter).

Erfolg und Probleme bei der Besetzung von Ausbildungsstellen

Trotz der Bereitschaft zur Ausbildung und den Erfordernissen einer adäquaten Nachwuchssicherung fallen die Erfolgsquoten auf dem Ausbildungsstellenmarkt recht unterschiedlich aus. Ausgehend von der Gesamtheit aller Betriebe in Deutschland hat etwa jeder zehnte Betrieb zum Ausbildungsjahr 2019/2020 Auszubildende neu eingestellt (10,1%). Betrachtet man nur die Betriebe mit Ausbildungsstellenangebot, zeigt sich, dass nur etwas mehr als jeder zweite Betrieb mit Ausbildungsstellenangebot (54,4%) erfolgreich Ausbildungsverträge abschließen konnte. Bei 45,9% der Betriebe mit Angebot blieben die angebotenen Ausbildungsstellen dagegen vollständig oder teilweise unbesetzt. Dieser Anteil hat sich gegenüber dem Vorjahrswert (48,1%) etwas verringert. Auch bezogen auf den Gesamtbestand aller Betriebe zeigt sich, dass der durchschnittliche Anteil der Betriebe mit unbesetzten Ausbildungsstellen gegenüber dem Vorjahr leicht zurückgegangen ist (von 9,4% im Ausbildungsjahr 2018/2019 auf 8,5% 2019/2020). Da jedoch im selben Zeitraum weniger Betriebe Ausbildungsstellen angeboten haben, ist auch der Anteil der Betriebe mit Neueinstellungen insgesamt leicht gesunken (von 10,5% auf 10,1%).

Bei der Erfolgsquote für die Neubesetzung von Ausbildungsstellen gab es große Unterschiede zwischen einzelnen Betriebsgruppen: Mit zunehmender Betriebsgröße stieg der Anteil der Betriebe, die ihre Ausbildungsstellen erfolgreich besetzen konnten, während vor allem Kleinbetriebe hohe Anteile mit unbesetzten Ausbildungsstellen verzeichneten. Überdurchschnittlich erfolgreich waren Betriebe aus dem verarbeitenden Gewerbe, dem Primärsektor sowie aus dem Bereich der öffentlichen Dienstleistungen. Dagegen hatte vor allem das Baugewerbe überdurchschnittlich hohe Anteile an Betrieben mit unbesetzten Stellen. Dies gilt auch für Handwerksbetriebe, die im Vergleich zu Betrieben mit einer Zugehörigkeit zur Industrie- und Handelskammer oder sonstigen Kammern, deutlich größere Probleme bei der Besetzung von Ausbildungsstellen hatten.

Insgesamt zeigen die Analysen, dass die Rekrutierungsschwierigkeiten auf dem Ausbildungsstellenmarkt fortbestehen; sie verdeutlichen jedoch auch, dass einzelne Betriebsgruppen hiervon besonders stark betroffen sind. Vor allem bei Kleinbetrieben und kleineren Betriebe mit bis zu 99 Beschäftigten scheinen sich diese Besetzungsschwierigkeiten auch in einer nachlassenden Bereitschaft, Ausbildungsstellen anzubieten, niederzuschlagen. Größere mittelständische Betriebe und Großbetriebe gewinnen hingegen als Träger der betrieblichen Ausbildung an Bedeutung.

(Sabine Mohr)

  • 181

    Die im BIBB-Qualifizierungspanel erhobenen Indikatoren beziehen sich auf das Angebot an Ausbildungsstellen, die Neueinstellungen und die unbesetzten Ausbildungsstellen für das jeweilige Ausbildungsjahr. Im Falle von Ausbildungsstellen für das Ausbildungsjahr 2019/2020 sind dies also beispielsweise die Ausbildungsstellen, die zum 1. August 2019 (oder später) angetreten worden sind.