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Vor dem Hintergrund steigender Qualifikations- und Tätigkeitsanforderungen kommt der betrieblichen Weiterbildung eine zentrale Rolle bei der Deckung des betriebsspezifischen Qualifizierungsbedarfs zu.
Anhand der Daten des BIBB-Qualifizierungspanels aus dem Jahr 2013 (vgl. Kapitel A4.10.3) geht der folgende Beitrag zunächst auf die Gründe ein, die Betriebe dazu bewegen, Weiterbildungsmaßnahmen für ihre Beschäftigten zu fördern. Anschließend wird der Zusammenhang zwischen der betrieblichen Weiterbildung und weiteren betrieblichen Strategien zur Personalbedarfsdeckung betrachtet. Dazu zählen die betriebliche Ausbildungsbeteiligung und die Rekrutierung von Arbeitskräften auf dem externen Arbeitsmarkt.

Umfang und Beweggründe der Weiterbildungsbeteiligung von Betrieben

Die Weiterbildungsbeteiligung gibt den Anteil der weiterbildungsaktiven Betriebe gemessen an allen Betrieben an. Nach der im BIBB-Qualifizierungspanel verwendeten Definition wird nur dann von betrieblicher Weiterbildung gesprochen, wenn Betriebe ihre Beschäftigten für die Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen ganz oder teilweise freistellen oder die Kosten für die Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen ganz oder teilweise übernehmen. Dazu zählen Weiterbildungsaktivitäten wie die Teilnahme von Beschäftigten an Kursen sowie an informeller, nicht kursförmiger Weiterbildung. Beispiele informeller Weiterbildungsformen sind geförderte Qualitätszirkel, Informationsveranstaltungen, Weiterbildung am Arbeitsplatz über Unterweisungen oder reguläre Einarbeitung oder selbstgesteuertes Lernen mit speziellen Computerprogrammen. Weiterbildungsmaßnahmen von Auszubildenden, Praktikantinnen und Praktikanten oder Volontärinnen und Volontären werden nicht berücksichtigt.

Das BIBB-Qualifizierungspanel 2013 weist betriebliche Aktivitäten für das Jahr 2012 aus. Nach den Ergebnissen des BIBB-Qualifizierungspanels haben im Jahr 2012 mehr als zwei Drittel (70,0 %) der etwa 2 Mio. Betriebe mit sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen in Deutschland Weiterbildungsmaßnahmen für ihre Beschäftigten gefördert. Die Weiterbildungsbeteiligung ist damit gegenüber dem Vorjahreswert von 72,3 % leicht zurückgegangen, bewegt sich aber auf einem ähnlich hohen Niveau (vgl. BIBB-Datenreport 2013, Kapitel B1.2.3).235

Methodische Hinweise zur Erfassung der Weiterbildungsbeteiligung im BIBB-Qualifizierungspanel und im IAB-Betriebspanel

Das BIBB-Qualifizierungspanel und das IAB-Betriebspanel kommen bei der Weiterbildungsbeteiligung zu unterschiedlichen Ergebnissen (70 % bzw. 53 %, vgl. Kapitel B1.2.1). Diese Differenz ist in erster Linie auf Unterschiede beim Erhebungsdesign und den Referenzzeiträumen zurückzuführen. Beim BIBB-Qualifizierungspanel werden die Weiterbildungsmaßnahmen des gesamten Jahres berücksichtigt, während im IAB-Betriebspanel nur Weiterbildungsmaßnahmen innerhalb der ersten Jahreshälfte betrachtet werden. Betriebe, die ausschließlich in der zweiten Jahreshälfte Weiterbildungsmaßnahmen durchgeführt haben, werden folglich beim IAB-Betriebspanel nicht als Betriebe mit Weiterbildungsbeteiligung erfasst. 

Welche Beweggründe sind für die Weiterbildungsbeteiligung von Betrieben von Bedeutung? Schaubild B1.2.3-1 stellt anhand einer vierstufigen Skala dar, ob einzelnen Beweggründen aus Sicht der Betriebe eine wichtige bzw. unwichtige Rolle bei der Entscheidung für die Durchführung von Weiterbildungsmaßnahmen zukommt.236 Die Beweggründe sind nach ihrer durchschnittlichen Wichtigkeit sortiert. Für jeden dritten Betrieb (32,9 %) mit Weiterbildungsbeteiligung ist die Einführung neuer Produkte oder Dienstleistungen ein sehr wichtiger und für weitere 43,9 % ein wichtiger Grund dafür, dass Weiterbildungsmaßnahmen für die Beschäftigten gefördert werden. Die betriebliche Weiterbildung wird genutzt, um den Bedarf an neuen Qualifikationsanforderungen abzudecken. Ähnlich wichtig für die Entscheidung von Betrieben, Weiterbildungsmaßnahmen durchzuführen, ist der Wunsch der Beschäftigten nach entsprechenden Weiterbildungsangeboten. Mehr als drei Viertel der Betriebe geben an, dass dieser Beweggrund eine sehr wichtige (24,5 %) oder wichtige (52,5 %) Rolle spielt. Dies ist als Hinweis darauf zu interpretieren, dass sich die Durchführung von Weiterbildungsmaßnahmen zu einem hohen Maß an der Nachfrage vonseiten der Beschäftigten orientiert und möglicherweise auch als Instrument zur Mitarbeiterführung – beispielsweise zur Motivationssteigerung – eingesetzt wird. Bei fast jedem zweiten Betrieb ist ferner die Führungskräfteentwicklung ein sehr wichtiger (14,4 %) oder wichtiger (33,3 %) Grund für Investitionen in Weiterbildungsmaßnahmen für Beschäftigte. Die Umsetzung von Ergebnissen externer Beratungen ist immerhin bei etwa jedem dritten Betrieb ein sehr wichtiges (6,7 %) oder wichtiges (25,5 %) Motiv für Weiterbildungsmaßnahmen.

Überraschend ist dagegen die geringe Bedeutung, die öffentlichen Finanzierungsanreizen oder -zuschüssen zukommt. Für die Hälfte der Betriebe (50,5 %) spielen öffentliche Finanzierungsanreize oder -zuschüsse bei der Entscheidung für Weiterbildungsmaßnahmen eine unwichtige Rolle, und nur jeder fünfte Betrieb sieht darin einen sehr wichtigen (5,0 %) oder wichtigen (16,0 %) Beweggrund für die Entscheidung, Weiterbildungsmaßnahmen für Beschäftigte durchzuführen.

Schaubild B1.2.3-1: Beweggründe von Betrieben für die Durchführung von Weiterbildungsmaßnahmen (in %)

Weiterbildungsbeteiligung und andere Strategien zur Personalbedarfsdeckung

Empirische Untersuchungen zu betrieblichen Bildungsaktivitäten zeigen, dass Investitionen in die betriebliche Ausbildung häufig mit einem Weiterbildungsengagement dieser Betriebe einhergehen und als komplementäre Strategien zur Sicherung des betrieblichen Fachkräftebedarfs eingesetzt werden (Bellmann/Krekel/Stegmaier 2010). Des Weiteren hat sich gezeigt, dass Betriebe, die Arbeitsstellen anbieten und so versuchen, ihren Bedarf an neuen Fachkräften über die Rekrutierung von Arbeitskräften auf dem externen Arbeitsmarkt zu decken, häufiger weiterbildungsaktiv sind als Betriebe ohne Angebot an Arbeitsstellen (BIBB-Datenreport 2013, Kapitel B1.2.3). Im Folgenden wird der Zusammenhang zwischen der betrieblichen Weiterbildungsbeteiligung und anderen betrieblichen Strategien der Personalbedarfsdeckung genauer betrachtet. Hierfür wird zunächst eine Typisierung von Betrieben vorgenommen und zwischen ausbildenden und nicht ausbildenden Betrieben sowie Betrieben mit und ohne Angebot an Arbeitsstellen differenziert.

Aus der Kombination aus Ausbildungsbeteiligung und externer Rekrutierung von Arbeitskräften ergeben sich 4 Betriebstypen, die sich wie folgt verteilen Schaubild B1.2.3-2: Von den insgesamt rund 21,1 % Betrieben, die im Jahr 2012 Auszubildende beschäftigten, hat mehr als die Hälfte der Betriebe (11,4 %) zusätzlich Arbeitsstellen angeboten. Knapp ein Drittel aller Betriebe (30,0 %) hat im Jahr 2012 Arbeitsstellen angeboten, jedoch keine Auszubildenden beschäftigt. Mit 49,0 % zählt knapp jeder zweite Betrieb zur Gruppe der Betriebe, die im Jahr 2012 weder selbst ausbildeten noch Arbeitsstellen angeboten haben.

Schaubild B1.2.3-2: Betriebstypen nach Ausbildungsbeteiligung und Angebot an Arbeitsstellen 2012 (in %)

Weiterbildungsbeteiligung unterschiedlicher Betriebstypen

Schaubild B1.2.3-3 gibt für die 4 Betriebstypen den jeweiligen Anteil der Betriebe an, die im Jahr 2012 Weiterbildungsmaßnahmen durchgeführt haben. Nach den Betriebstypen differenziert ergibt sich folgendes Resultat: Mit 85,9 % weist die Gruppe der Betriebe, die im Jahr 2012 sowohl Auszubildende beschäftigten als auch Arbeitsstellen angeboten haben, den höchsten Anteil an Weiterbildungsbetrieben auf. Der zweithöchste Anteil findet sich bei Betrieben, die Arbeitsstellen angeboten haben, aber keine Ausbildungsbetriebe sind (78,9 %). Werden Auszubildende beschäftigt, aber keine Arbeitsstellen angeboten, liegt der Anteil der Weiterbildungsbetriebe bei 73,2 %. Der mit Abstand niedrigste Anteil an Weiterbildungsbetrieben (60,5 %) entfällt auf die Gruppe der Betriebe, die im Jahr 2012 weder ausgebildet noch Arbeitsstellen angeboten haben. Dies lässt sich möglicherweise damit erklären, dass innerhalb dieser Gruppe ein vergleichsweise geringer Bedarf an Qualifizierungsmaßnahmen und Fachkräften besteht, denn insgesamt bekräftigen diese Ergebnisse, dass die betriebliche Ausbildung sowie die Rekrutierung externer Fachkräfte eine komplementäre Strategie zur betrieblichen Weiterbildung darstellt.

Neben dem Gesamtvergleich der Betriebstypen wird eine weitere Differenzierung nach den Strukturmerkmalen Betriebsgrößenklasse und Wirtschaftssektoren vorgenommen. Wie die Ergebnisse in Schaubild B1.2.3-3 zeigen, nehmen die Unterschiede zwischen den 4 Betriebstypen mit zunehmender Betriebsgröße ab. Bei Kleinst- und Kleinbetriebe mit bis zu 19 Beschäftigten sind deutliche Unterschiede zwischen den 4 Betriebstypen erkennbar: Bei Betrieben, die Auszubildende beschäftigen und/oder Arbeitsstellen angeboten haben, ist der Anteil der Weiterbildungsbetriebe höher als in der Gruppe der Betriebe ohne Auszubildende und ohne Arbeitsstellenangebot. Hingegen liegt die Weiterbildungsbeteiligung bei allen Betrieben mit 100 und mehr Beschäftigten bei nahezu 100 %. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um Ausbildungsbetriebe handelt oder ob diese Betriebe Arbeitsstellen angeboten haben. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass mit steigender Betriebsgröße auch die Wahrscheinlichkeit steigt, dass Betriebe ausbilden oder Arbeitsstellen anbieten. Beim Vergleich zwischen den 4 Betriebstypen fällt zudem bei Betrieben mit 20 bis 99 Beschäftigten auf, dass Betriebe, die im Jahr 2012 nicht ausbildeten und keine Arbeitsstellen angeboten haben, den höchsten Weiterbildungsanteil aufweisen; allerdings ist diese Aussage aufgrund der geringen Fallzahl vorsichtig zu interpretieren und nur eingeschränkt zuverlässig.

Auch beim Vergleich der Wirtschaftssektoren (vgl. Erläuterung in Kapitel A4.10.3) sind einzelne Ergebnisse aufgrund der geringen Fallzahlen nur eingeschränkt zuverlässig. Insgesamt bestätigt sich jedoch auch hier, dass Betriebe, die weder ausbilden noch Arbeitsstellen angeboten haben, eine vergleichsweise geringe Weiterbildungsbeteiligung aufweisen. Besonders deutlich wird dies bei Betrieben aus dem produzierenden Gewerbe sowie Betrieben aus dem Wirtschaftssektor „Unternehmensnahe Dienstleistungen“. Auffällig ist zudem die überdurchschnittlich hohe Weiterbildungsbeteiligung im Wirtschaftssektor „Öffentlicher Dienst, Gesundheit und Erziehung“. Hier investieren nahezu alle Betriebe in Weiterbildungsmaßnahmen ihrer Beschäftigten unabhängig davon, ob andere Strategien zur Deckung des Fachkräftebedarfs zum Einsatz kommen.

(Sabine Mohr, Klaus Troltsch, Christian Gerhards)

Schaubild B1.2.3-3: Weiterbildungsbeteiligung unterschiedlicher Betriebstypen nach ausgewählten Strukturmerkmalen 2012 (in %)

  • 235

    Auch nach den Ergebnissen des IAB-Betriebspanels (vgl. Kapitel B1.2.1) hat sich die Weiterbildungsbeteiligung im Jahr 2012 gegenüber dem Vorjahr kaum verändert, allerdings ist hier ein leichter Anstieg (um einen Prozentpunkt) zu verzeichnen. Trotz dieser Differenz lässt sich jedoch bei beiden Erhebungen eine vergleichbare Entwicklung über die letzten 3 Jahre beobachten. 

  • 236

    Betriebe, die bei einem Beweggrund die Antwortkategorie „trifft nicht zu“ angegeben haben, werden bei der Auswertung für den entsprechenden Beweggrund nicht berücksichtigt.