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Kontaktbeschränkungen, Abstandsgebote, Hygieneregeln und der zeitweise Shutdown ganzer Wirtschaftsbereiche als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie hatten im Jahr 2020 weitreichende Auswirkungen auf die berufliche Aus- und Weiterbildung in Deutschland: Das Ausbildungsangebot sank gegenüber dem Vorjahr um 50.700 Stellen (-8,8%) auf 527.400, und die Zahl der jungen Menschen, die eine Ausbildungsstelle nachfragten, verringerte sich um 53.000 (-8,9%) auf 545.700. Die Passungsprobleme am Ausbildungsmarkt nahmen weiter zu, da es unter den gegebenen Bedingungen schwierig war, ausbildungsinteressierte Jugendliche und stellenofferierende Betriebe zusammenzubringen. Die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge sank infolgedessen um 57.600 (-11,0%) auf 467.500. Aufgrund einer geringeren Zahl von Schulabgängern/-abgängerinnen, einem sinkenden Ausbildungsinteresse und steigenden Zahlen unbesetzter Ausbildungsstellen hat das BIBB bereits in früheren Jahren mit Rückgängen auf dem Ausbildungsmarkt gerechnet. Durch die Pandemie fielen diese jetzt aber sehr massiv aus. Kurzfristig im Jahr 2020 ergriffene Programme und Maßnahmen wie etwa das Bundesprogramm „Ausbildungsplätze sichern“ konnten dem Rückgang nur entgegenwirken, ihn aber nicht mehr vollständig verhindern.

Ausbildungsplatzsuchende Jugendliche wurden im Jahr 2020 vor große Herausforderungen gestellt. Erste vorläufige Ergebnisse einer außerplanmäßig durchgeführten BA/BIBB-Bewerberbefragung 2020 zeigen, dass viele Bewerber/-innen die Sorge äußerten, keine passende Ausbildungsstelle zu finden. Einige passten aufgrund der Coronapandemie ihre Berufswünsche an, aber nur relativ wenige verloren das Interesse an einer betrieblichen Ausbildung gänzlich. Die ersten Auswertungen deuten außerdem darauf hin, dass bestimmte Bewerbergruppen (z. B. Altbewerber/-innen und Personen mit Migrationshintergrund) von der Pandemie und ihren Eindämmungsmaßnahmen stärker betroffen gewesen sein könnten. Dies ist bildungspolitisch insbesondere deshalb problematisch, da genau diese Personengruppen ohnehin ein höheres Risiko aufweisen, auf Dauer keinen formalen Berufsabschluss zu erreichen.

Weitere negative Auswirkungen auf neue und bereits bestehende Ausbildungsverhältnisse, wie etwa vorzeitige Vertragslösungen und schlechtere Prüfungsleistungen, sind zu befürchten, sie können jedoch anhand der aktuell zur Verfügung stehenden Daten der Berufsbildungsstatistik noch nicht aufgezeigt werden.

Die Teilnahme an beruflicher Weiterbildung wurde ebenfalls durch die Krise stark eingeschränkt. Die wbmonitor-Umfrage zeigt in ihrem Themenschwerpunkt 2020 beispielsweise, dass fast zwei Drittel der Weiterbildungsveranstaltungen infolge des ersten bundesweiten Lockdowns im 2. Quartal 2020 unterbrochen, abgebrochen oder vorzeitig beendet werden mussten.

Das diesjährige SchwerpunktKapitel „Höherqualifizierende Berufsbildung – Wege des beruflichen Aufstiegs“ blickt aus unterschiedlichen Perspektiven auf die berufliche Aufstiegsfortbildung und stellt verschiedene Möglichkeiten beruflicher Höherqualifizierung in Deutschland exemplarisch dar. Die empirischen Ergebnisse auf Basis des Mikrozensus, der BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung sowie des Nationalen Bildungspanels (NEPS) zeigen, dass sich eine Aufstiegsfortbildung für die Absolventen und Absolventinnen lohnt. Sie schaffen damit häufig den Aufstieg in Fach- oder Führungspositionen, arbeiten selbstbestimmter und erzielen ein höheres Einkommen. Eine Ausbildung in einem der derzeit 323 nach BBiG bzw. HwO anerkannten Ausbildungsberufe bietet leistungsorientierten Absolventinnen und Absolventen eine Alternative zu (rein) akademischen Bildungsgängen.

Die Attraktivität einer dualen Berufsausbildung zu steigern, Angebot und Nachfrage wieder zu erhöhen und besser zusammenzubringen sowie für an eine erfolgreich abgeschlossene Ausbildung anschließende Möglichkeiten und Wege eines beruflichen Aufstiegs zu werben, sind wichtige bildungspolitische Aufgaben für die jetzt anstehende Phase der Konsolidierung des dualen Systems der Berufsausbildung. Sie gilt es, gemeinsam weiterzuverfolgen.

Der Datenreport zum Berufsbildungsbericht der Bundesregierung wird in diesem Jahr zum dreizehnten Mal vom BIBB herausgegeben. Er enthält umfassende Informationen und Analysen zur beruflichen Aus- und Weiterbildung, gibt einen Überblick über Programme des Bundes und der Länder zur Förderung der Berufsausbildung und informiert über internationale Indikatoren und Benchmarks. Diese Druckausgabe wird durch zusätzliche Tabellen ergänzt, die auf dem Internetportal www.bibb.de/datenreport zum Abruf bereit stehen.

Wir wünschen uns, dass Sie in diesem Datenreport viel Informatives wie auch Anregendes finden werden. Auf Ihr Feedback, Ihre Anregungen und Anmerkungen freuen wir uns (datenreport@bibb.de).

Prof. Dr. Friedrich Hubert Esser
Präsident