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Das betriebliche Bildungsverhalten steht seit 1995 im Mittelpunkt der Zusammenarbeit zwischen dem Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) und dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), hier insbesondere dem Forschungsbereich „Betriebe und Beschäftigung“. Anhand gemeinsam erarbeiteter Indikatoren erfolgt die Analyse betrieblicher Bildungsaktivitäten (vgl. u. a. BIBB-Datenreport 2013, Kapitel A4.11.2; BIBB-Datenreport 2012, Kapitel A4.10.2; BIBB-Datenreport 2011, Kapitel A4.10.1; BIBB-Datenreport 2010, Kapitel A5.10.3; Möller/Stegmaier 2008). Mit den Daten des IAB-Betriebspanels können Aussagen dazu getroffen werden, wie viele Betriebe in Deutschland die gesetzlichen Voraussetzungen zur Berufsausbildung erfüllen, also ausbildungsberechtigt sind, wie hoch der Anteil der Betriebe ist, die tatsächlich ausbilden, und wie viele der Ausbildungsabsolventen vom Ausbildungsbetrieb in ein Beschäftigungsverhältnis übernommen werden. Grundlage für die hier vorgestellten Ergebnisse ist eine Expertise140 des IAB, die nicht nur diese Indikatoren, sondern auch weitere Fragen zum Aus- und Weiterbildungsverhalten deutscher Betriebe diskutiert. Die Ergebnisse werden nachstehend nach Regionen (Ost-/Westdeutschland141) und Betriebsgröße getrennt dargestellt, die Expertise bietet zusätzlich nach Wirtschaftszweigen getrennte Daten.

IAB-Betriebspanel

Das IAB-Betriebspanel ist eine Erhebung, deren Grundgesamtheit die Betriebsdatei der Bundesagentur für Arbeit darstellt. In ihr sind alle Betriebe in Deutschland erfasst, die mindestens eine/einen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte/-n haben. Die Erhebung verwendet den Betrieb als Untersuchungseinheit, also die örtliche Einheit, in der die konkreten Tätigkeiten eines Unternehmens durchgeführt werden. Das IAB-Betriebspanel wird als jährliche Panelerhebung (Stichtag: 30. Juni) realisiert, und es gehen derzeit die Angaben von rund 16.000 Betrieben ein. Die Rücklaufquoten liegen je nach Welle zwischen 63 % und 73 %. Inhaltlich ist das IAB-Betriebspanel eine Mehrthemenbefragung. Während die Angaben zur Ausbildung jährlich erhoben werden, stehen die Angaben zur betrieblichen Weiterbildung erst seit 2007 jährlich zur Verfügung, vorher wurden die Angaben alle 2 Jahre erhoben. Alle Angaben basieren auf der Hochrechnung von Stichprobendaten. Somit kann die wahre Zahl von der ausgewiesenen abweichen, kleine Veränderungen sollten daher nur mit Vorsicht interpretiert werden. Zudem sind manche Zellen der Tabellen mit einem Asterisk (*) versehen, was darauf hinweist, dass die Anzahl der hinter den Angaben stehenden befragten Betriebe für eine inhaltliche Interpretation zu gering ist. Weitere Hinweise zur Datengrundlage finden sich bei Fischer u. a. (2008).

Ausbildungsberechtigung

Der Indikator Ausbildungsberechtigung zeigt an, ob die gesetzlichen Voraussetzungen zum Ausbildungsbetrieb erfüllt sind. Die Betriebe werden direkt gefragt, ob sie die Voraussetzungen zur Berufsausbildung alleine, im Verbund oder nicht erfüllen.

Ausbildungsaktivität

Der Indikator Ausbildungsaktivität bildet den Anteil der ausbildungsberechtigten Betriebe ab, die gemäß einer Kombination verschiedener Szenarien als ausbildungsaktiv bezeichnet werden können. Die tatsächliche Ermittlung erfolgt nach der Befragung der Betriebe anhand unterschiedlicher Kriterien, wie etwa des Bestandes an Auszubildenden, der Zahl der Neuzugänge und Abgänge im laufenden Ausbildungsjahr u. v. m. (siehe IAB-Expertise).

Übernahmequote

Der Indikator Übernahmequote ist ein Quotient mit der Anzahl der in ein Beschäftigungsverhältnis übernommenen Auszubildenden als Zähler und der Anzahl der Ausbildungsabsolventen und -absolventinnen des Betriebs als Nenner. Der Referenzzeitraum ist das Kalenderjahr.

Hinweis: Aufgrund eines Programmierfehlers in der Berechnung der Quote in den bisherigen Berichten weichen die für den diesjährigen Bericht ermittelten Werte – auch für die zurückliegenden Jahre ab 2000 – zum Teil hiervon ab. Diese Abweichungen bewegen sich meist in einer Größenordnung von 1 bis 3 Prozentpunkten. Grundlegende Trends und Zusammenhänge sind hiervon allerdings nicht betroffen.

Ausbildungsberechtigung

Beabsichtigt ein Betrieb, sich in der Berufsausbildung zu engagieren, muss er die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen. Ausbildungsberechtigt ist er, wenn die „Ausbildungsstätte nach Art und Einrichtung für die Berufsausbildung geeignet ist und die Zahl der Auszubildenden in einem angemessenen Verhältnis zur Zahl der Ausbildungsplätze oder zur Zahl der beschäftigten Fachkräfte steht“. Zudem müssen sowohl der Arbeitgeber (u. a. zum Abschluss von Ausbildungsverträgen) wie auch das Ausbildungspersonal befähigt bzw. geeignet sein, um die Berufsausbildung inhaltlich und strukturell durchführen zu können. Ein Betrieb kann die Ausbildungsberechtigung allein erlangen oder auch im Verbund mit anderen Betrieben oder Bildungseinrichtungen zur Ausbildung berechtigt sein.142

Tabelle A4.10.2-1 zeigt, dass wie im Vorjahr etwa 58 % aller Betriebe in Deutschland die formalen Ausbildungsvoraussetzungen erfüllen. Auch im längerfristigen Vergleich ist der Anteil der ausbildungsberechtigten Betriebe nur leichten Schwankungen unterworfen. Fast alle ausbildungsberechtigten Betriebe erfüllen die gesetzlichen Voraussetzungen allein (55 %), etwa 4 % aller Betriebe erfüllen die Voraussetzungen im Verbund mit anderen Betrieben oder Bildungsstätten. Betrachtet man die einzelnen Regionen, fällt eine regionale Differenz von 6 Prozentpunkten auf: Sind in den alten Ländern etwa 59 % ausbildungsberechtigt, trifft dies auf etwa 53 % in den neuen Ländern zu. Des Weiteren sind in den neuen Ländern anteilig mehr Betriebe im Verbund ausbildungsberechtigt (6 % gegenüber 3 % in den alten Bundesländern).

Betrachtet man einzelne Betriebsgrößenklassen, zeigt sich ein positiver Zusammenhang zwischen der Zahl der Beschäftigten und dem Anteil ausbildungsberechtigter Betriebe Tabelle A4.10.2-2. Ist jeder zweite Kleinstbetrieb ausbildungsberechtigt, sind es bereits 3 von 4 Betrieben mit 10 bis 49 Beschäftigten. Etwa 88 % der Mittelbetriebe mit 50 bis 499 Beschäftigten erfüllen die Ausbildungsvoraussetzungen, und lediglich 3 % der Großbetriebe dürfen nicht ausbilden. Nicht nur die alleinige Ausbildungsberechtigung, auch die Verbundberechtigung wächst mit der Betriebsgröße. Im Jahr 2011 sind 8 % der Großbetriebe im Verbund zur Ausbildung berechtigt.

Seit dem Jahr 2000 weist der Anteil ausbildungsberechtigter Betriebe eine positive Entwicklung auf – bis auf die Kleinstbetriebe. Hier zeigen sich besonders in den ersten Jahren deutliche Schwankungen, in den letzten 5 Jahren verbleibt der Anteil auf einem Niveau von ca. 50 %. Unterscheidet man nach Regionen, zeigen sich analoge Entwicklungsverläufe. Von den ostdeutschen Großbetrieben ist im Jahr 2012 ein deutlich höherer Anteil ausbildungsberechtigt. Dabei sollte jedoch die geringe Zahl der Betriebe, die diesem Anteil zugrunde liegt, beachtet werden Tabelle A4.10.2-3 Internet.

Tabelle A4.10.2-1: Ausbildungsberechtigung (in %)

Tabelle A4.10.2-2: Ausbildungsberechtigung nach Betriebsgröße (in %)

Ausbildungsaktivität

Wie viele Betriebe nutzen im Jahr 2012 die vorhandene Ausbildungsberechtigung? Die Betriebe engagieren sich im dualen System, weil sie die Vorteile der eigenen Fachkräftesicherung schätzen. Natürlich verursacht die Ausbildung des eigenen Fachkräftenachwuchses auch Kosten. Kleinere Betriebe haben nicht nur einen geringeren Nachwuchsbedarf, sondern auch häufiger Schwierigkeiten, finanzielle und personelle Ressourcen für die Ausbildung bereitzustellen. Sie bilden daher öfter in größeren Zeitabständen aus (vgl. Fischer u. a. 2007). Danach beteiligen sich 27 % der ausbildungsberechtigten Betriebe dauerhaft nicht an der Berufsausbildung, zum großen Teil sind dies kleine Betriebe.

Um die Ausbildungsaktivität abzubilden, wurde aufgrund des zwischen den Ausbildungsjahren liegenden Erhebungsstichtages (30. Juni) eine sehr weitgehende Definition gewählt. Nach dieser Definition beteiligen sich im Jahr 2012 etwas mehr als die Hälfte aller ausbildungsberechtigten Betriebe an der Berufsausbildung Tabelle A4.10.2-4. Wie bei der Ausbildungsberechtigung steigt auch hier der Anteil ausbildungsaktiver Betriebe mit der Zahl der Beschäftigten. Während 38 % der Kleinstbetriebe ausbilden, waren es gut 2 von 3 Kleinbetrieben, 87 % der Mittelbetriebe und nahezu alle Großbetriebe. Vergleicht man die Ausbildungsaktivitäten mit denen des Vorjahres, zeigt sich im kleinstbetrieblichen Segment ein Rückgang um 4 Prozentpunkte. Damit ist der Anteil ausbildungsaktiver Kleinstbetriebe so gering wie seit 9 Jahren nicht mehr. Unterscheidet man nach Regionen, wird deutlich, dass der Rückgang durch die alten Länder verursacht wird. Bildeten 2011 44 % der westdeutschen Kleinstbetriebe aus, sind dies 2012 nur noch 41 %. In den neuen Ländern zeigen sich dagegen kaum Veränderungen. Trotzdem sind westdeutsche Betriebe mit weniger als 50 Beschäftigten deutlich ausbildungsaktiver als ihre ostdeutschen Nachbarn.

Betrachtet man die Ausbildungsaktivitäten über einen längeren Zeitraum hinweg, werden besonders bei Betrieben mit weniger als 50 Beschäftigten in den neuen Ländern stark rückläufige Tendenzen deutlich. In den alten Bundesländern unterliegen die Anteile ausbildungsaktiver Betriebe auch Schwankungen, diese sind jedoch von geringem Ausmaß. Während 2012 ostdeutsche Kleinstbetriebe einen Rückgang um 6 Prozentpunkte und Kleinbetriebe sogar um 14 Prozentpunkte gegenüber dem Jahr 2000 verzeichnen, ist der Anteil ausbildender Kleinstbetriebe in Westdeutschland um 3 Prozentpunkte gestiegen. In Betrieben ab 50 Beschäftigten zeigen sich kaum regionale oder zeitliche Differenzen.

Tabelle A4.10.2-4: Ausbildungsaktivität nach Betriebsgröße, alte und neue Länder (in %)

Übernahme von erfolgreichen Absolventen und Absolventinnen

Die Übernahme selbst ausgebildeter Fachkräfte in ein Beschäftigungsverhältnis bezeichnet einen bedeutenden Teil des Übergangs vom Ausbildungs- zum Arbeitsmarkt. Anhand der Daten des IAB-Betriebspanels kann die Übernahmequote ermittelt werden. Diese gibt an, wie viele Ausbildungsabsolventen/-absolventinnen ein Beschäftigungsverhältnis im Ausbildungsbetrieb aufnehmen. Damit kann die zweite Schwelle zwar nicht in ihrer Gesamtheit beurteilt werden, da Übergänge in Qualifizierung (Aufnahme eines Studiums oder anderer beruflicher Qualifikationen) oder in andere Betriebe nicht erfasst werden. Für die Berufsausbildung ist dieser Indikator jedoch von hoher Relevanz, da eine Amortisation der Ausbildungskosten i. d. R. durch anschließende Beschäftigungsphasen erreicht wird.

Im Jahr 2012 werden 2 von 3 Ausbildungsabsolventen/-absolventinnen in ein Beschäftigungsverhältnis übernommen. Unterscheidet man nach Betriebsgrößen, ist die Wahrscheinlichkeit der Übernahme in Kleinstbetrieben am geringsten – hier wird nur jeder zweite Absolvent/jede zweite Absolventin im Ausbildungsbetrieb weiterbeschäftigt Tabelle A4.10.2-5. In Kleinbetrieben werden 64 % der Absolventen und Absolventinnen übernommen, in Mittelbetrieben 70 % und in Großbetrieben 79 %. Im Vergleich zum Vorjahr sinkt die Übernahmequote in Kleinstbetrieben um 9 Prozentpunkte, Kleinbetriebe übernehmen 2012 einen höheren Anteil ihrer Absolventen und Absolventinnen (+4 Prozentpunkte). Der deutliche Rückgang der Übernahmequote in Kleinstbetrieben ist vorwiegend auf das Übernahmeverhalten westdeutscher Kleinstbetriebe zurückzuführen. Mit 49 % weist die Quote einen Rückgang um 10 Prozentpunkte auf. In ostdeutschen Kleinstbetrieben ist die Übernahmequote mit 58 % überdurchschnittlich hoch und sinkt im Vergleich zum Vorjahr um 3 Prozentpunkte. Betrachtet man einen längeren Zeitraum, muss der kurzfristige Rückgang relativiert werden, da im Jahr 2011 besonders hohe Übernahmequoten ausgewiesen wurden. In Betrieben mit weniger als 50 Beschäftigten wird trotz des Rückgangs im Vergleich zu den anderen Jahren ein hoher Anteil der Ausbildungsabsolventen/-absolventinnen übernommen (ca. 58 %). Weiterhin ist eine regionale Differenz bei den Mittelbetrieben ersichtlich – in ostdeutschen Betrieben werden mit 57 % weniger Absolventen und Absolventinnen weiterbeschäftigt als in westdeutschen Betrieben. Ein wesentlicher Grund dieser geringeren Übernahmetätigkeit ist im hohen Anteil der hier angesiedelten außerbetrieblichen Ausbildung zu suchen.

(Silke Hartung, Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, Nürnberg)

Tabelle A4.10.2-5: Übernahmequote nach Betriebsgröße, alte und neue Länder (in %)