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Mit der Bildungsprämie wird seit Dezember 2008 die Beteiligung Erwerbstätiger mit niedrigem Einkommen an individueller berufsbezogener Weiterbildung unterstützt. Das Bundesprogramm Bildungsprämie wird vom BMBF und dem ESF gefördert. Es befindet sich aktuell in der dritten Förderphase. Im Verlauf der Phasen wurden die Förderkonditionen mehrfach angepasst, die aktuellen Konditionen gelten seit Juli 2017.

Bis Ende Dezember 2020 wurden rund 385.000 Prämiengutscheine und 29.000 Spargutscheine ausgegeben. Den Erfahrungen der beiden vorangegangenen Förderperioden nach werden knapp 75% der Prämiengutscheine auch eingelöst.

Programm Bildungsprämie

Mit der Bildungsprämie können Weiterbildungsmaßnahmen unterstützt werden, die berufsspezifische Kenntnisse bzw. Fertigkeiten vermitteln, sowie Weiterbildungen, die der Stärkung der allgemeinen Beschäftigungsfähigkeit dienen.

Die Bildungsprämie umfasst zwei Finanzierungsinstrumente, die kumulativ anwendbar sind:

  • Prämiengutschein: Mit dem Prämiengutschein unterstützt der Bund Erwerbstätige in ihrem Weiterbildungsinteresse, indem 50% der Veranstaltungsgebühren übernommen werden, maximal jedoch 500 €. Den Gutschein können Personen erhalten, die mindestens 15 Stunden pro Woche erwerbstätig sind und deren zu versteuerndes Jahreseinkommen 20.000 € bei Alleinstehenden (bzw. 40.000 € bei gemeinsamer Veranlagung) nicht übersteigt.
  • Spargutschein: Das Weiterbildungssparen (den Spargutschein) können diejenigen nutzen, die über ein mit der Arbeitnehmersparzulage gefördertes Ansparguthaben nach dem Vermögensbildungsgesetz (VermBG) verfügen. Der Spargutschein der Bildungsprämie ermöglicht es, vorzeitig auf das angesparte Guthaben zuzugreifen, ohne dass dadurch die Arbeitnehmersparzulage verloren geht. Er kann unabhängig vom Jahreseinkommen in Anspruch genommen und auch als Ergänzung des Prämiengutscheins für den verbleibenden finanziellen Eigenanteil genutzt werden. Durch das Weiterbildungssparen können aufwändige und oftmals langfristige Weiterbildungsmaßnahmen leichter finanziert werden.

Für den Erhalt eines Prämien- und/oder Spargutscheins ist die Teilnahme an einem Face-to-Face-Beratungsgespräch in einer der bundesweit ca. 530 Beratungsstellen obligatorisch. Seit 24. März 2020 werden aufgrund der Coronapandemie Beratungsgespräche im Rahmen der Bildungsprämie auch auf Distanz geführt. Je nach Möglichkeit der Beratungsstellen kann dies telefonisch oder per Videochat erfolgen. Die notwendigen Antragsunterlagen werden elektronisch bzw. postalisch versendet.

Aufgrund der Auswirkungen der Pandemie auf die Umsetzung, wurde das Programm um ein Jahr verlängert. Die Ausgabe der Prämiengutscheine endet zum 31.12.2021. Die Gutscheine können noch bis zum 30.06.2022 eingelöst werden. Die geförderten Weiterbildungsmaßnahmen müssen bis Ende 2022 abgeschlossen sein.

Struktur der Programmteilnehmenden

Die Teilnehmerstruktur hat sich über die drei Förderphasen in einzelnen soziodemografischen Merkmalen nur leicht verändert Tabelle B3.6-1. Für detailliertere Ausführungen zu den einzelnen Merkmalen BIBB-Datenreport 2020, Kapitel B3.6.

Tabelle B3.6-1: Programm Bildungsprämie – Kernindikatoren im Zeitverlauf (Anteil in %)

Programmteilnehmende nach Wirtschaftsbereichen

Die Bildungsprämie wird vor allem von Beschäftigten und Selbstständigen in solchen Branchen genutzt, in denen es einen hohen Weiterbildungsdruck bei gleichzeitig eher niedrigem Einkommen gibt und/oder sich die Arbeitgeber selten an den Kosten der Weiterbildung ihrer Mitarbeitenden beteiligen. Dies ist z. B. im therapeutischen Bereich der Fall. So ist das „Gesundheits-, Veterinär- und Sozialwesen“ der am stärksten im Programm vertretene Wirtschaftsbereich (44 %), gefolgt vom Bereich „Erziehung und Unterricht“ mit 11% (BIBB-Datenreport 2020, Schaubild B3.6-1).

Nachfrage nach Bildungsprämie durch Corona beeinflusst

Seit einer Richtlinienänderung im Juli 2017 ist die Nachfrage nach der Bildungsprämie langsam, aber stetig gestiegen. Anfang 2020 wurden deutlich über 2.000 Beratungen pro Monat durchgeführt Schaubild B3.6-1. Mitte März 2020 brach aufgrund der Coronapandemie die Nachfrage plötzlich um über 80% ein. Um auf die veränderte Situation zu reagieren, wurde zum 24. März die Beratung auf Distanz eingeführt. Beratungsstellen haben seitdem die Möglichkeit, die Beratungen ohne direkten Personenkontakt telefonisch und/oder online durchzuführen. Die Bereitschaft dazu war von Anfang an groß; rund 170 Beratungsstellen nehmen an dem Verfahren teil. Dadurch konnte der Nachfragerückgang Stück für Stück aufgefangen werden. Im April (-56%) und Mai (-32%) 2020 wurde zwar noch deutlich seltener beraten als im jeweiligen Vorjahreszeitraum. Im Juni erholte sich die Situation dann aber soweit, dass Gespräche wieder so häufig stattfanden wie im Vorjahr. Erst mit Einsetzen eines erneuten Lockdowns im November ging die Nachfrage wieder etwas zurück (-9%) und blieb bis Ende des Jahres 2020 auf diesem Niveau.

Schaubild B3.6-1: Programm Bildungsprämie – Nachfrageentwicklung in den Jahren 2019 und 2020

Soziodemografische Unterschiede zwischen Distanz- und Präsenzberatenen

Im Zusammenhang mit dem Einsatz von Onlineformaten im Bereich der Bildung, aber auch der Beratung wird häufig die Befürchtung geäußert, dass bestimmte Teilgruppen aufgrund ihrer unterschiedlichen technischen Ausstattung sowie persönlichen Fähigkeiten und Neigungen durch die Nutzung digitaler Kommunikationstechnologien benachteiligt sind (Stichwort Digitale Spaltung; vgl. z. B. Capgemini Research Institute 2020). Diesbezüglich lassen sich insbesondere im Hinblick auf Faktoren wie Alter, Bildung oder Einkommen Unterschiede vermuten. Mit der Einführung der Beratung auf Distanz wurde Interessierten ein Angebot gemacht, das in erster Linie auf digitale Kommunikation setzt. Gemäß der oben genannten These ließe sich vermuten, dass dies Auswirkungen auf die Zusammensetzung der Teilnehmenden am Programm hatte. Um dies zu überprüfen, wurde anhand der vorhandenen soziodemografischen Daten untersucht, ob und wenn ja, in welchen Bereichen sich durch die Distanzberatung Unterschiede in der Teilnehmerzusammensetzung im Vergleich zu der in Präsenz durchgeführten Beratungsform ergeben haben.

Insgesamt nahmen seit Erfassung der Beratungsform im Juni 2020 37% aller Beratenden an der Beratung auf Distanz teil. Zwischen den verschiedenen Altersgruppen gab es keine großen Unterschiede, auch lässt sich kein Trend erkennen. Unter 25-Jährige nahmen ebenso leicht unterdurchschnittlich an der Beratung auf Distanz teil (31%) wie die über 55-Jährigen (35%). Die Betrachtung des Bildungshintergrunds weist dagegen eine Tendenz auf: Je höher der Bildungslevel, desto öfter wurde die Beratung auf Distanz in Anspruch genommen (32% bei ISCED-Level 0-2, 41% bei ISCED-Level 7-8). Genau umgekehrt verhielt es sich bei den Einkommensgruppen: Je höher das Einkommen, desto geringer war die Beteiligung an der Beratung auf Distanz. Hier muss allerdings berücksichtigt werden, dass die Bildungsprämie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anspricht, deren Einkommensgrenze bei maximal 20.000 € zu versteuerndem Einkommen liegt und damit auch die höchste Einkommensgruppe, die für das Programm infrage kommt, nicht über viel Geld verfügt. Auch bei allen anderen erfassten soziodemografischen, sozioökonomischen und persönlichen Merkmalen wie Geschlecht, Migrationshintergrund, Branche, Wohnort etc. schwankten die Beteiligungsraten an der Beratung auf Distanz um nicht mehr als fünf Prozentpunkte um den Durchschnittswert.

Bis auf die beiden genannten Ausnahmen zeigten sich damit bei keinem der untersuchten Aspekte deutliche Unterschiede in der Wahrnehmung des Beratungsangebotes. Die genannten Zahlen liefern keinen Hinweis darauf, dass durch die Distanzberatung bestimmte Personengruppen bei der Nutzung der Bildungsprämie bevorzugt werden, wenngleich höher gebildete Interessierte das Angebot häufiger in Anspruch nehmen. Mit der Distanzberatung werden grundsätzlich alle Personengruppen angesprochen, die sich auch vor der Pandemie für die Bildungsprämie interessiert haben. Gleichzeitig spricht die Verteilung zwischen Präsenzberatung und Beratung auf Distanz aber auch dafür, dass viele Personen, die einen Bildungsprämiengutschein erwerben wollen, eine Face-to-Face-Beratung bevorzugen.

(Jonathan Zorner, Bert Butz)