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Aufgabe der beruflichen Fortbildung ist nach § 1 Abs. 4 BBiG, die beruflichen Kenntnisse und Fertigkeiten zu erhalten, zu erweitern, der technischen Entwicklung anzupassen (Anpassungsfortbildung) oder den beruf­lichen Aufstieg zu ermöglichen (Aufstiegsfortbildung).298 Eine Aufstiegsfortbildung nach BBiG/HwO wird in der Regel nach einer Berufsausbildung und einschlägiger, meist mehrjähriger Berufserfahrung abgelegt und erhöht im Gegensatz zur beruflichen Weiterbildung das formale Qualifikationsniveau. Aufstiegsfortbildungen nach BBiG/HwO sind durch Regelungen des Bundes oder der Kammern festgelegt.299 Der Bund kann nach § 53 BBiG bzw. § 42 der HwO für die berufliche Aufstiegsfortbildung sogenannte Fortbildungsordnungen erlassen. Sie schaffen eine bundesweit einheitliche Grundlage hinsichtlich der zu vermittelnden Inhalte sowie der Prüfungsbestimmungen für staatlich anerkannte Fortbildungsabschlüsse. Sind bundeseinheitliche Regelungen nicht erlassen, können die zuständigen Stellen (Kammern) nach § 54 BBiG bzw. § 42a HwO selbst Fortbildungsprüfungsregelungen für ihren regionalen Zuständigkeitsbereich festlegen. Derzeit bestehen 225 Rechtsverordnungen des Bundes und ca.  2.800 Rechtsvorschriften einzelner Kammern zu 767 von ihnen geregelten Fortbildungsberufen (vgl. Kapitel B4.1). Zu den quantitativ bedeutsamsten nach BBiG/HwO geregelten Fortbildungsberufen zählen Meister/-in, Betriebswirt/ -in, Fachwirt/-in oder Fachkaufmann/-kauffrau. Berichtet werden nachfolgend ausgewählte Ergebnisse der Berufsbildungsstatistik des Statistischen Bundes­amtes.

Berufsbildungsstatistik

Die Berufsbildungsstatistik der statistischen Ämter des Bundes und der Länder (kurz: Berufsbildungsstatistik) erhebt jährlich u. a. die Teilnahmen und den Prüfungserfolg an Fortbildungsprüfungen nach BBiG/HwO. Die Statistik ist eine Vollerhebung, für die Auskunftspflicht besteht. Differenzierungsmerkmale sind das Geschlecht, der Ausbildungsbereich, der Prüfungserfolg, der Fortbildungsberuf, das Geburtsjahr der Teilnehmenden sowie regionale Merkmale. Die zuständigen Stellen melden die während des Kalenderjahres (Berichtsjahr ist das Kalenderjahr, Stichtag ist der 31.  Dezember) bei ihnen abgelegten Fortbildungsprüfungen (inkl. Meisterprüfungen). Bei Fortbildungsprüfungen, die aus mehreren Teilen (z. B. Kursen, Modulen) bestehen, werden Prüfungen und Teilnehmer/-innen erst erfasst, wenn es sich um die letzte Stufe handelt, nach deren erfolgreichem Abschluss die neue Berufsbezeichnung geführt werden darf. Gezählt werden auch jene Prüfungen, die nicht erfolgreich bestanden wurden, sofern keine weitere Wiederholungsmöglichkeit besteht. Es wird zudem erfasst, ob es sich bei der jeweiligen Prüfung um eine Wiederholungsprüfung handelt oder nicht. Der Prüfungserfolg wird danach unterschieden, ob die Prüfung bestanden oder nicht bestanden wurde.

Fortbildungsprüfungen nach BBiG/HwO 2009 bis 2014

Im Berichtsjahr 2014 wurden insgesamt 115.182 Teilnahmen an Fortbildungsprüfungen erfasst; das waren 690 Teilnahmen weniger als 2013 (minus 0,6 %). Seit 2009 sind die Teilnehmerzahlen um 8.841 Prüflinge (bzw. 8,3 %) gestiegen Tabelle B4.4-1; für eine lange Zeitreihe siehe Tabelle B4.4-2 Internet. Durchgeführt wurden die meisten dieser Prüfungen wie auch in den Jahren zuvor in den Ausbildungsbereichen Industrie und Handel (60.846 Prüfungen) und Handwerk (44.532 Prüfungen). Im Handwerk verringerte sich die Zahl der Fortbildungsprüfungen zum Vorjahr um 3.366 Teilnahmen, im Bereich Industrie und Handel stieg sie hingegen um 2.754 Teilnahmen. Die Zahl bestandener Fortbildungsprüfungen war mit 98.736 bestandenen Prüfungen im Vergleich zum Vorjahr ebenfalls leicht rückläufig (minus 1.788 Prüfungen). Die Prüfungserfolgsquote lag mit 85,7 % etwas niedriger als im Vorjahr mit 86,8 %, wobei Männer nach wie vor etwas erfolgreicher abschnitten (87,3 %) als Frauen (82,8 %). Dies hängt mit den sehr hohen Erfolgsquoten bei den meist von Männern absolvierten Fortbildungsprüfungen im Handwerk zusammen (Prüfungserfolgsquote: 96,8 %). Im Bereich Industrie und Handel lag die Prüfungserfolgsquote mit 77,3 % deutlich niedriger.

Mehr als die Hälfte der 2014 bestandenen Prüfungen qualifizierte für einen kaufmännischen Beruf (51,8 %) Tabelle B4.4-3. Unter diesen 51.177 bestandenen kaufmännischen Prüfungen fanden sich in erster Linie Fachwirte und Fachwirtinnen (27.360 Abschlüsse), Fachkaufleute (9.150 Abschlüsse) sowie Betriebswirte und Betriebswirtinnen (3.681 Abschlüsse). Unter den 37.050 bestandenen Meisterprüfungen sind an erster Stelle Prüfungen zum Handwerksmeister und zur Handwerksmeisterin zu nennen (22.260 Abschlüsse), gefolgt von Industriemeistern und Industriemeisterinnen (10.374  Abschlüsse) sowie Fachmeistern und Fachmeisterinnen (2.292 Abschlüsse). Die Zunahme der erfolgreichen Prüfungsteilnahmen seit 2009 (plus 17,6 %) verteilte sich relativ gleichmäßig auf kaufmännische Fortbildungsprüfungen (plus 25,6 %) und Meisterprüfungen (plus 22,6 %); rückläufig waren hingegen sonstige Fortbildungsprüfungen (minus 18,9 %). Die stärksten Zuwächse seit 2009 hatten Fachwirte und Fachwirtinnen (plus 47,5 %), auch wenn die Zahl der bestandenen Prüfungen seit dem Vorjahr um 1.482 Prüfungen abgenommen hat. Fachkaufleute konnten seit 2009 Zuwächse in Höhe von 28,3 % verzeichnen. Auch bei Fachmeistern und Fachmeisterinnen sowie Industriemeistern und Industriemeisterinnen waren relativ hohe Zuwächse seit 2009 zu beobachten (32,7 % bzw. 30,6 %). Die Prüfungszahlen für Handwerksmeister/-innen sind relativ gesehen zwar nur um 16,6 % angestiegen, in absoluten Zahlen trugen sie am Gesamtzuwachs aber ebenfalls einen großen Anteil (von 2009 auf 2014: plus 3.175  Abschlüsse). Der Rückgang der erfolgreichen Prüfungsteilnahmen im Vergleich zum Vorjahr (minus 1,8 %) war ebenfalls nicht für alle Fachrichtungen gleichermaßen zu beobachten. Starke Einbrüche waren bei Fachwirten und Fachwirtinnen (minus 5,1 %), sonstigen kaufmännischen Fortbildungsprüfungen (minus 8,4 %) und Handwerksmeistern und Handwerksmeisterinnen (minus 2,1 %) zu beobach­ten. Positive Entwicklungen zeigten sich hingegen bei Betriebswirten und Betriebswirtinnen (plus 12,2 %), Fachkaufleuten (plus 2,3 %) sowie bei Fachmeistern und Fachmeisterinnen (plus 28,6 %) und Industriemeistern und Industriemeisterinnen (3,0 %).

Aufgrund der geschlechtsspezifischen Berufswahl auf der Ebene der dualen Ausbildung unterscheiden sich auch die Fachrichtungen der absolvierten Fortbildungsabschlüsse von Männern und Frauen. Eine Differenzierung der 2014 bestandenen Prüfungen nach Geschlecht zeigt, dass der Frauenanteil bei den kaufmännischen Fortbildungsprüfungen mit 48,2 % weit über dem durchschnittlichen Frauenanteil (33,6 %) lag Tabelle B4.4-4. Bei den Meisterabschlüssen lag der Frauenanteil mit 13,8 % hingegen deutlich darunter. Demzufolge war der Anteil der Frauen, die eine kaufmännische Fortbildungsprüfung absolvierten, mit 74,3 % deutlich höher als bei Männern (40,4 %). Bei Männern dominierten Meisterprüfungen (48,8 %), die bei Frauen nur einen Anteil von 15,4 % ausmachten. Der Anteil sonstiger Fortbildungsprüfungen lag bei Männern und Frauen ähnlich hoch (10,8 % bzw. 10,3 %), wobei Frauen meist Prüfungen zur Fachhelferin im Gesundheitswesen (7,7 %) und Männer sonstige gewerblich-technische Fortbildungsprüfungen (10,1 %) absolvierten.

Tabelle B4.4-1: Teilnahmen an Fortbildungsprüfungen nach BBiG/HwO 2009 bis 2014 nach Ausbildungsbereichen und Geschlecht

Tabelle B4.4-3: Teilnehmer/-innen mit bestandener Fortbildungsprüfung nach BBiG/HwO 2009 bis 2014 nach Fachrichtungen

Tabelle B4.4-4: Teilnehmer/-innen mit bestandener Fortbildungsprüfung nach BBiG/HwO 2014 nach Fachrichtungen und Geschlecht

Aufstiegsfortbildung nach Berufen

Fortbildungsprüfungen nach BBiG/HwO umfassen sowohl Aufstiegsfortbildungen als auch Anpassungsfortbildungen (vgl. Statistisches Bundesamt 2015a). In der Fortbildungsprüfungsstatistik (Fachserie 11, Reihe 3) werden daher auch Berufe erfasst, für die in der Regel nur eine Berufsausbildung vorausgesetzt wird. Seit Einführung der Klassifizierung der Berufe 2010 (KldB 2010) können diese über die Berufskennziffer bzw. das dazugehörige Anforderungsniveau identifiziert werden. Von den 98.736 bestandenen Prüfungen nach BBiG/HwO im Jahr 2014 wurden 98.571 mit einer gültigen Berufsgattung versehen. Davon wiesen 92,1 % mindestens das Anforderungsniveau 3 auf und wurden daher dem Bereich der „Aufstiegsfortbildung“ zugeordnet Tabelle B4.4-5. Auf dem Anforderungsniveau 2 (Berufsausbildung) und somit dem Bereich der „Anpassungsfortbildung“ befanden sich 7,9 % der bestandenen Fortbildungsprüfungen nach BBiG/HwO, so z. B. die Berufe „ Kraftfahrzeug-Servicetechniker/-in“ (BG 25212) und „Qualifizierter EDV-Anwender/Qualifizierte EDV-Anwenderin“
(BG 71402).

Klassifizierung der Berufe aus 2010 (KldB 2010)

Die hierarchisch aufgebaute KldB 2010 unterscheidet 1.286  Berufsgattungen (BG, 5-Steller) und auf der untersten Klassifikationsebene (5. Stelle) vier unterschiedliche Komplexitätsgrade. 1. Helfer- und Anlerntätigkeiten, 2.  Fachlich ausgerichtete Tätigkeiten (Berufsausbildung), 3. Komplexe Spezialistentätigkeiten, für die in der Regel eine Meister- oder Technikerausbildung bzw. ein gleichwertiger Fachschul- oder Hochschulabschluss (insbesondere Bachelor) vorausgesetzt wird, und 4. Hochkomplexe Tätigkeiten, die ein mindestens vierjähriges abgeschlossenes Hochschulstudium voraussetzen (vgl. Paulus/Schweitzer/Wiemer 2011). Die Niveaus 1 und 2 werden als Anpassungsfortbildung und die Niveaus 3 und 4 als Aufstiegsfortbildung bezeichnet. Die Abgrenzung der Berufe erfolgt nach Berufssektoren (vgl. Bundesagentur für Arbeit 2015) und Berufshauptgruppen (2-Steller).

Aufstiegsfortbildungen nach BBiG/HwO qualifizierten mehrheitlich für „Kaufmännische und unternehmensbezogene Dienstleistungsberufe“ (50,6 %) Tabelle B4.4-5. Stark besetzte Berufshauptgruppen in diesem Berufssektor waren „Unternehmensführung, -organisation“ (32,9 %), „Finanzdienstleistung, Rechnungswesen, Steuerberatung“ (6,9 %) und „Einkaufs-, Vertriebs- und Handelsberufe“ (5,8 %). Jede dritte Aufstiegsfortbildung nach BBiG/HwO qualifizierte für einen „Produktionsberuf“ (33,2 %). Stark besetzte Berufshauptgruppen waren hier Berufe der „Metallerzeugung, -bearbeitung, Metallbau“ (9,7 %), „Maschinen- und Fahrzeugtechnikberufe“ (5,6 %) und „Mechatronik-, Energie- und Elektroberufe“ (5,1 %).

Im Vergleich zu den bestandenen Abschlussprüfungen im Bereich der „Aufstiegsfortbildung“ an Fachschulen300, die mehrheitlich in einen „Produktionsberuf“ führten (54,0 %), qualifizierten Aufstiegsfortbildungen nach BBiG/HwO in der Mehrzahl für einen Dienstleistungsberuf (66,8 %).301 Zu den Dienstleistungsberufen zählen dabei auch einige Meisterprüfungen wie z. B. Friseurmeister/-in, Logistikmeister/-in, Augenoptikermeister/-in. Frauen qualifizierten sich im Bereich der Aufstiegsfortbildung nach BBiG/HwO als auch nach Landesrecht mehrheitlich im Berufssektor „Kaufmännische und unternehmensbezogene Dienstleistungsberufe“ (72,0 % bzw. 48,6 %). Der Anteil der Prüfungen in „Personenbezogenen Dienstleistungsberufen“ und „Produktionsberufen“ war bei Frauen, die nach BBiG/HwO geprüft wurden, mit 20,9 % bzw. 4,7 % deutlich niedriger als bei Frauen, die nach Landesrecht geprüft wurden (38,1 % bzw. 11,1 %).

Bezogen auf das Prüfungs- bzw. Abgangsjahr 2014 wurden insgesamt 133.379 bestandene Prüfungen im Bereich der Aufstiegsfortbildung (mindestens das Anforderungsniveau 3) gezählt: 90.936 Prüfungen nach BBiG/HwO (68,2 %) und 42.443 Prüfungen an Fachschulen (31,8 %) Tabelle B4.4-5. Bei Männern liegt der Anteil der Prüfungen nach BBiG/HwO an allen Aufstiegsfortbildungsabschlüssen bei 68,5 % und bei Frauen bei 67,8 %.

(Anja Hall)

Tabelle B4.4-5: Teilnehmer/-innen im Bereich der Aufstiegsfortbildung mit bestandener Fortbildungsprüfung nach BBiG/HwO und an Fachschulen 2014 nach Berufssektoren und Geschlecht (in %)

  • 298

    Die Teilnahme an einer geregelten Fortbildung kann durch staatliche Förderinstrumente wie das Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz (vgl. Kapitel B3.2), das Aufstiegs- oder Weiterbildungsstipendium (vgl. Kapitel B3.3) sowie die Bildungsprämie (vgl. Kapitel B3.7) unterstützt werden (Bundesministerium für Bildung und Forschung 2013, S. 65 f.).

  • 299

    Neben den auf Bundes- oder Kammerebene geregelten Berufen nach BBiG/HwO gibt es Aufstiegsfortbildungen an Fachschulen wie z. B. staatlich geprüfte/r Betriebswirt/-in oder staatlich geprüfte/r Techniker/-in (vgl. Statistisches Bundesamt 2015h). Diese Abschlüsse setzen ebenfalls eine berufliche Erstausbildung und Berufserfahrungen voraus, sind aber auf der Grundlage der Schulgesetze länderspezifisch geregelt (vgl. Kapitel B4.3).

  • 300

    Von den 62.788 Absolventen und Absolventinnen an Fachschulen mit bestandener Abschlussprüfung (vgl. Kapitel B4.3) wurden 62.103 mit einer gültigen Berufsgattung versehen. Davon wiesen 68,3 % mindestens das Anforderungsniveau  3 auf und wurden dem Bereich der „Aufstiegsfortbildung“ zugeordnet Tabelle B4.4-5. 31,7 % der Prüfungen sind im Bereich der „Anpassungs­fortbildung“ (höchstens Anforderungsniveau 2), so z. B. die stark besetzte Berufsgattung (BG) der Erzieher/-innen (BG 83112).

  • 301

    Stark besetzte Berufshauptgruppen im Bereich der Produktionsberufe nach Landesrecht waren „Maschinen- und Fahrzeugtechnikberufe“ (20,9 %) und „Mechatronik-, Energie- und Elektroberufe“ (12,4 %) und hier insbesondere die Berufe „Techniker/-in Maschinentechnik“ und „Techniker/-in Elektrotechnik“. Im Berufssektor „Kaufmännische und unternehmensbezogene Dienstleistungsberufe“ (22,8 %) stand bei den Prüfungen nach Landesrecht der Beruf „Betriebswirt/-in Sozialwesen“ an erster Stelle.