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Die Volkshochschulen spielen in vielen Bundesländern laut dem entsprechenden Landesgesetz eine besondere Rolle bei der Versorgung der Bevölkerung mit Weiterbildung. Teils hat die Bereitstellung einer Volkshochschule durch die Kommunen die Funktion der Grundversorgung mit einwohnerbezogener Förderung durch das Land (z. B. Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen), in anderen Ländern werden die Volkshochschulen gleichrangig mit freien Trägern von Land und Kommunen gefördert (z. B. Bayern, Brandenburg). Grundsätzlich ist der Bund für die berufliche Weiterbildung zuständig, während bei den Ländern die Verantwortung für die allgemeine und politische Weiterbildung liegt (vgl. Deutscher Bildungsrat 1970, S. 51, Witt 2017). Dennoch wird in einigen Weiterbildungsgesetzen der Länder auch die berufliche Weiterbildung unter den förderfähigen Bereichen genannt (für einen Überblick über die Landesgesetze siehe Grotlüschen/Haberzeth/Krug 2011, S. 358; Witt 2017; zur Einordnung der Landesregelungen in das Gesamtsystem der Erwachsenenbildung siehe Nuissl 2011). Volkshochschulen bestehen in allen Bundesländern als öffentlich geförderte Weiterbildungseinrichtungen mit einem thematisch breitgefächerten Bildungsangebot, das in großen Teilen ohne Zugangsbeschränkungen der gesamten Bevölkerung offen steht (vgl. Süssmuth/Sprink 2011 S. 473 ff. 

Die Volkshochschul-Statistik ist eine bundesweite freiwillige Statistik des Deutschen Volkshochschul-Verbandes (DVV) und seiner Mitgliedseinrichtungen. Seit 1962 werden die personelle und finanzielle Ausstattung der Volkshochschulen sowie das Angebot in verschiedenen Veranstaltungsarten, Unterrichtsstunden und Belegungen in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Institut für Erwachsenenbildung (DIE) statistisch erfasst.293 Seit 1998 besteht die Systematik, nach der die Veranstaltungen thematisch klassifiziert werden. Es gibt 6 sogenannte Programmbereiche: (1) Politik-Gesellschaft-Umwelt, (2) Kultur-Gestalten, (3) Gesundheit, (4) Sprachen, (5) Arbeit-Beruf, (6) Grundbildung-Schulabschlüsse. Der Programmbereich Arbeit-Beruf beinhaltet unter anderem Lehrgänge zu den Themen IuK-Anwendungen294, Büropraxis, Rechnungswesen, berufsqualifizierende Grund- und Fachlehrgänge sowie Angebote zum Themenfeld Organisation/Management (siehe für die einzelnen Fachgebiete Huntemann/Reichart 2017, Tabelle 10). Weitere Angebote, die beruflich verwertbare Kenntnisse und Qualifikationen vermitteln bzw. sich an bestimmte Berufsgruppen wenden, sind anderen Programmbereichen zugeordnet. Ihr Umfang ist dort allerdings aufgrund der Erhebungsmethodik nicht quantifizierbar (siehe Erläuterung).

Volkshochschul-Statistik

In Tabelle B2.2.1-1 sind Kursveranstaltungen sowie die dazugehörenden Unterrichtsstunden und Belegungen im Programmbereich Arbeit-Beruf ausgewiesen. Die dargestellten Summen beziehen sich jeweils auf das zugehörige Kalenderjahr. Ein Kurs ist definiert als eine Weiterbildungsveranstaltung mit mindestens 3 Unterrichtsstunden, die am Sitzort der Volkshochschule stattfindet. Eine Unterrichtsstunde umfasst 45 Minuten. Unter einer Belegung wird ein Teilnahmefall an einer Veranstaltung verstanden. Wenn dieselbe Person in einem Beobachtungszeitraum an mehreren Veranstaltungen teilnimmt, wird sie mehrfach als Belegung gezählt, die Anzahl der Belegungen ist also höher als die Anzahl der Personen, die an den Veranstaltungen teilnehmen. Außer im Programmbereich Arbeit - Beruf findet berufliche Weiterbildung auch in anderen Programmbereichen statt (z. B. im Programmbereich Sprachen als Kurs in Wirtschaftsenglisch oder im Programmbereich Politik – Gesellschaft – Umwelt als Fortbildung für Erzieher/-innen). Da die Erfassung der Veranstaltungen jedoch nach inhaltlichen Aspekten und nicht nach dem Zweck erfolgt, den die Teilnehmenden mit ihrem Besuch verfolgen, ist eine Ausdifferenzierung berufsbezogener Veranstaltungen hier nicht möglich. Daher sind die berichteten Werte als Mindestzahlen des Angebots beruflicher Weiterbildung an Volkshochschulen zu interpretieren.295 Dargestellt sind jeweils die in den Volkshochschulen im Berichtsjahr durchgeführten Kurse sowie die zugehörigen Unterrichtsstunden und Belegungen. In der Regel sind die Angebote der Volkshochschulen öffentlich ausgeschrieben (z. B. über das Programmheft, die Website) und allen Interessierten (ggf. verbunden mit der Anforderung von Vorkenntnissen) zugänglich. Auftrags- und Vertragsmaßnahmen sind Veranstaltungen für einen geschlossenen Teilnehmerkreis, die die Volkshochschule im Auftrag eines Dritten (z. B. lokale Arbeitsgemeinschaft als Träger (ARGE) für Leistungen nach dem SGB II, Bundesagentur für Arbeit, andere staatliche Instanz oder privatwirtschaftliches Unternehmen) durchführt. Diese werden seit 1998 getrennt erfasst. Vor 1998 sind diese Veranstaltungen in der Gesamtsumme enthalten. Neben den Kursen gibt es an den Volkshochschulen noch andere Veranstaltungsarten (Einzelveranstaltungen, Studienfahrten, Studienreisen), die in der Tabelle nicht eingeschlossen sind; im Programmbereich Arbeit-Beruf machen diese weniger als 1% der Unterrichtsstunden aus.

Die in Tabelle B2.2.1-2 ausgewiesene VHS-Weiterbildungsdichte ist definiert als die Unterrichtsstunden in Kursen an VHS pro 1.000 Einwohner/-innen des jeweiligen Versorgungsgebiets auf Länderebene (Datenbasis für Bevölkerungsstand auf Landesebene bis einschließlich Berichtsjahr 2008: 30.06. des Berichtsjahres; ab Berichtsjahr 2009: 31.12. des dem Berichtsjahr vorhergehenden Jahres). In der Tabelle ist diese Kennzahl jeweils nur auf die Veranstaltungen im Programmbereich Arbeit-Beruf bezogen und nach Landesteilen (alte/neue Bundesländer) differenziert.

Bei der Erhebung der Teilnahmefälle nach Geschlecht wird nicht zwischen offenen Kursen und Auftrags- und Vertragsmaßnahmen differenziert; die Angaben beziehen sich daher auf die Teilnehmenden an den Kursangeboten im Programmbereich Arbeit-Beruf insgesamt. Nicht für alle Teilnahmefälle liegt die Information zum Geschlecht vor. Die Erfassungsquote betrug im Berichtsjahr 2016 83,7% der Belegungen im Programmbereich Arbeit-Beruf.

Angebot Beruflicher Weiterbildung an Volkshochschulen 

Im Jahr 2016 wurden an den Volkshochschulen gut 51.200 Kurse im Programmbereich Arbeit-Beruf durchgeführt Tabelle B2.2.1-1. Damit ging die Gesamtzahl der Kurse, wie in allen Jahren seit 2008, gegenüber dem Vorjahr weiter zurück (um 8,1%; zur langfristigen Entwicklung in den Jahren seit 1991 siehe BIBB-Datenreport 2010, Kapitel B2.2.1). Im gleichen Zeitraum sanken die Unterrichtsstunden um 4,9%, die Belegungen um 9,8%. 

Die meisten Fachgebiete der offenen Kurse aus dem Programmbereich Arbeit – Beruf waren von Rückgängen bei allen 3 Indikatoren – Kurse, Unterrichtsstunden und Belegungen – betroffen. Das Fachgebiet „branchenspezifische Fachlehrgänge“ war das einzige, bei dem alle 3  Werte zunahmen (Kurse: +6,9%, Unterrichtsstunden: +3,5%, Belegungen: +6,0%). Eine Steigerung von Kursen (+12,9%) und Belegungen (+2,8%) wurde für die „technischen Grund- und Fachlehrgänge“ beobachtet, die allerdings im Durchschnitt kürzer wurden, da die Unterrichtsstunden gleichzeitig abnahmen (-15,4%). 

Auch die als Auftrags- und Vertragsmaßnahmen durchgeführten Kurse sind gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen (-14,6%), also stärker als die Kurse insgesamt; sie machten noch 12,8% der Kurse im Programmbereich aus (2015: 13,7%). Eine ähnliche Größenordnung zeigt die Entwicklung bei den Belegungen in Auftrags- und Vertragsmaßnahmen (Rückgang um 16,2%, Anteil 2016 nun 16,7%). Hingegen haben die Unterrichtsstunden in Auftrags- und Vertragsmaßnahmen gegenüber dem Vorjahr nur leicht abgenommen (-2,7%); der Anteil der Unterrichtsstunden in diesen Veranstaltungen an allen Kursen ist somit gegenüber 2015 angestiegen (um 0,6  Prozentpunkte auf 34,9%). Dies geht einher mit einem Anstieg der durchschnittlichen Kursdauer bei den Auftrags- und Vertragsmaßnahmen von 68,7 Unterrichtsstunden/Kurs im Jahr 2015 auf 78,3 Unterrichtsstunden/Kurs im Jahr 2016. Auch die Kurse im offenen Angebot des Programmbereichs Arbeit-Beruf sind gegenüber dem Vorjahr etwas länger geworden und dauerten 2016 im Durchschnitt 21,3 Unterrichtsstunden (2015: 21,1 Unterrichtsstunden).

Bezogen auf das gesamte Kursangebot der Volkshochschulen, fanden im Jahr 2016 im Programmbereich Arbeit-Beruf 8,6% der Kurse statt, mit 8,2% der Unterrichtsstunden und 6,5% der Belegungen (vgl. Huntemann/Reichart 2017, Tabelle 9); damit ging der Anteil wie in den letzten Jahren weiter zurück.

Tabelle B2.2.1-1: Kursveranstaltungen im Programmbereich Arbeit-Beruf an Volkshochschulen 1991 bis 20161

Weiterbildungsdichte beruflicher Weiterbildung an Volkshochschulen

Wie Tabelle B2.2.1-2 zeigt, wurden absolut und im Verhältnis zur Einwohnerzahl in den alten Ländern an Volkshochschulen deutlich mehr Unterrichtsstunden im Programmbereich Arbeit-Beruf durchgeführt als in den neuen Ländern (zur Entwicklung seit 1991 vgl. Datenreport zum Berufsbildungsbericht 2010, Kapitel B2.2.1). 

Im Jahr 2016 sind die Unterrichtsstunden in den alten Ländern weiter zurückgegangen (um 5,3%), in den neuen Ländern blieben sie annähernd gleich. Demzufolge lag auch die Weiterbildungsdichte im Programmbereich Arbeit-Beruf in den neuen Ländern mit 8,3 Unterrichtsstunden pro 1.000 Einwohner/-innen der neuen Länder nur geringfügig unter dem Wert von 2016, während sie in den alten Ländern deutlicher auf 20,1 Unterrichtsstunden pro 1.000 Einwohner/-innen gesunken ist. 

Langfristig ist allerdings in den neuen Ländern ein stärkerer Rückgang der Unterrichtsstunden zu beobachten – seit dem Jahr 2000 sind die Unterrichtsstunden im Programmbereich Arbeit-Beruf dort um 68,0% gesunken, in den alten Ländern betrug die Änderungsrate über diesen Zeitraum 55,1%.

Der Anteil der Auftrags- und Vertragsmaßnahmen an den Unterrichtsstunden im Programmbereich war in den alten Ländern mit 36,6% höher als in den neuen Ländern, wobei er dort gegenüber 2016 deutlich auf 18,1% angestiegen ist (2016: 37,4% vs. 10,0%).

Tabelle B2.2.1-2: Umfang beruflicher Weiterbildung in den Alten und Neuen Ländern 1991 bis 2016

Verteilung der Teilnahmefälle an beruflicher Weiterbildung in Volkshochschulen nach Geschlecht

Generell nutzten mehr Frauen als Männer die Angebote der Volkshochschulen (2016 betrug der Frauenanteil an den Belegungen in Kursen 71,5%). Im Programmbereich Arbeit-Beruf ist der Frauenanteil geringer als insgesamt; im Jahr 2016 waren 64,4% und damit knapp zwei Drittel der Belegungen im Programmbereich Arbeit-Beruf Frauen. Der Frauenanteil ist damit gegenüber dem Vorjahr leicht zurückgegangen (2015: 65,2%).

Die Volkshochschulen bieten als Anbieter mit einem großen Themenspektrum viele Kurse an, die von den Teilnehmenden für berufliche Zwecke genutzt werden können. Statistisch wurden im Programmbereich Arbeit-Beruf neben Qualifizierungsmaßnahmen v. a. EDV-Kurse erfasst. In den letzten Jahren ist das Angebot an berufsbezogenen Lerndienstleistungen, die keine Kurse sind, gewachsen, z.  B. im Bereich der Beratung und Arbeitsvermittlung (siehe Reichart/Rattinger 2017). Insofern spiegeln die hier vorgestellten Indikatoren nur einen Ausschnitt des Angebots der Volkshochschulen in diesem Bereich wider (siehe Erläuterung und Fußnote 295 zur Weiterentwicklung der Statistik). Ein weiteres Tätigkeitsfeld der Volkshochschulen sind die Auftrags- und Vertragsmaßnahmen, in denen zielgruppenspezifische Weiterbildung durchgeführt wird, z. B. für Arbeitssuchende (vgl. Kapitel B3.1) oder für Beschäftigte von Betrieben (vgl. Kapitel B1.2).

(Elisabeth Reichart, Deutsches Institut für Erwachsenenbildung)


  • 293

    Vgl. die online verfügbaren Jahresbände https://www.die-bonn.de/weiterbildung/suchen.aspx?Suche=folge+arbeitsjahr&Publikationen=checked und Pehl/Reitz.

  • 294

    „Informations- und Kommunikationstechnik“: PC-Kurse oder Kurse zum Umgang mit (teils fachspezifischer) Software.

  • 295

    Von 2014 bis 2018 fand, gefördert durch das BMBF, eine große Revision der VHS-Statistik im Rahmen des Verbunds Weiterbildungsstatistik statt (vgl. Kapitel B2.2.3 und http://www.die-bonn.de/id/11142). In der revidierten Erhebungssystematik der Volkshochschulen werden berufs- und abschlussbezogene Angebote nach Fachgebieten und damit deutlich differenzierter als bisher ausgewiesen (vgl. Ambos 2017). Die erste Erhebung nach dem neuen System wird für das Berichtsjahr 2018 erfolgen und im Jahr 2019 veröffentlicht.