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Das betriebliche Bildungsverhalten steht seit 1995 im Mittelpunkt der Zusammenarbeit zwischen BIBB und IAB, hier insbesondere mit dem Forschungsbereich „Betriebe und Beschäftigung“. Dabei werden anhand gemeinsam erarbeiteter Indikatoren die betrieblichen Bildungsaktivitäten analysiert.174 Mit den Daten des IAB-Betriebspanels können Aussagen dazu getroffen werden, wie viele Betriebe in Deutschland die gesetzlichen Voraussetzungen zur Berufsausbildung erfüllen, also ausbildungsberechtigt sind, wie hoch der Anteil der Betriebe ist, die tatsächlich ausbilden, und wie viele der Ausbildungsabsolventen/-absolventinnen vom Ausbildungsbetrieb in ein Beschäftigungsverhältnis übernommen werden (Kapitel A10.1.1). Grundlage für die hier vorgestellten Ergebnisse ist eine Expertise175 des IAB, die diese Indikatoren und weitere Fragen zum Aus- und Weiterbildungsverhalten deutscher Betriebe diskutiert. Die Ergebnisse werden nachstehend nach Regionen (West-/Ostdeutschland176) und Betriebsgrößenklassen getrennt dargestellt; die Expertise bietet zusätzlich nach Wirtschaftszweigen getrennte Auswertungen.

IAB-Betriebspanel

Das IAB-Betriebspanel ist eine Erhebung, deren Grundgesamtheit die Betriebsdatei der BA darstellt. In ihr sind alle Betriebe in Deutschland erfasst, die mindestens eine/-n sozialversicherungspflichtig Beschäftigte/-n haben. Hiervon ausgehend verwendet die Erhebung den Betrieb als Untersuchungseinheit, also die örtliche Einheit, in der die konkreten Tätigkeiten eines Unternehmens durchgeführt werden. Das IAB-Betriebspanel wird als jährliche Panelerhebung (Stichtag: 30.06.) realisiert und umfasst derzeit rd. 16.000 Betriebe. Die Rücklaufquote liegt je nach Welle zwischen 63 % und 73 %. Inhaltlich ist das IAB-Betriebspanel eine Mehrthemenbefragung. Während die Angaben zur Ausbildung als Teil des Basisprogramms seit jeher jährlich erhoben werden, stehen die Angaben zur betrieblichen Weiterbildung erst seit 2007 jährlich zur Verfügung.

Zuvor wurde dieser Themenblock alle zwei Jahre erhoben. Alle Angaben basieren auf der Hochrechnung von Stichprobendaten. Somit kann die tatsächliche Zahl von der ausgewiesenen abweichen, kleine Veränderungen sollten daher nur mit Vorsicht interpretiert werden. Zudem sind manche Zellen der Tabellen mit einem Asterisk (*) versehen, was darauf hinweist, dass die Anzahl der hinter den Angaben stehenden befragten Betriebe für eine inhaltliche Interpretation zu gering ist. Weitere Hinweise zur Datengrundlage finden sich bei Ellguth/Kohaut/Möller (2014).

Ausbildungsberechtigung

Hat ein Betrieb die Absicht, sich in der Berufsausbildung zu engagieren, muss er die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür erfüllen. Danach ist ein Betrieb ausbildungsberechtigt, wenn die „[…] Ausbildungsstätte nach Art und Einrichtung für die Berufsausbildung geeignet ist und die Zahl der Auszubildenden in einem angemessenen Verhältnis zur Zahl der Ausbildungsplätze oder zur Zahl der beschäftigten Fachkräfte steht […]“. Zudem müssen sowohl der Arbeitgeber (u. a. zum Abschluss von Ausbildungsverträgen) wie auch der/die Ausbilder/-in befähigt bzw. geeignet sein, die Berufsausbildung inhaltlich und strukturell durchführen zu können. Ein Betrieb kann die Ausbildungsberechtigung allein erlangen oder auch im Verbund mit anderen Betrieben, daneben können auch Bildungseinrichtungen zur Ausbildung berechtigt sein.177

Ausbildungsberechtigung und Ausbildungsaktivität

Der Indikator Ausbildungsberechtigung zeigt an, ob die gesetzlichen Voraussetzungen zur Ausbildung erfüllt sind. Die Betriebe werden direkt gefragt, ob sie die Voraussetzungen zur Berufsausbildung alleine, im Verbund mit anderen Betrieben erfüllen oder nicht erfüllen.

Der Indikator Ausbildungsaktivität (bei Berechtigung) bildet den Anteil der ausbildungsberechtigten Betriebe ab, die gemäß einer Kombination verschiedener Szenarien als ausbildungsaktiv bezeichnet werden können. Die tatsächliche Ermittlung erfolgt nach der Befragung der Betriebe anhand unterschiedlicher Kriterien wie etwa dem Bestand an Auszubildenden, der Zahl der Neuzugänge und Abgänge im laufenden Ausbildungsjahr u. v. m. (siehe IAB-Expertise).

Im Jahr 2020 erfüllten 50 % der Betriebe in Deutschland die gesetzlichen Voraussetzungen zur Ausbildung alleine und 4 % im Verbund Tabelle A7.2-1. Im zeitlichen Vergleich ist zu erkennen, dass der Anteil der allein zur Ausbildung berechtigten Betriebe leicht rückläufig ist. Der Anteil der Betriebe, die im Verbund zur Ausbildung berechtigt sind, unterlag im Zeitverlauf dagegen nur geringen Schwankungen. Leicht zugenommen hat der Anteil der Betriebe, die die gesetzlichen Voraussetzungen zur Ausbildung nicht erfüllen. Die Ausbildungsbasis, also der Anteil der zur Ausbildung grundsätzlich zur Verfügung stehenden Betriebe, hat sich im Zeitverlauf folglich geringfügig verringert. In Westdeutschland sind deutlich mehr Betriebe allein zur Ausbildung berechtigt als in Ostdeutschland (2020: 51 vs. 43 %). In Ostdeutschland ist dagegen der Anteil der im Verbund zur Ausbildung berechtigten Betriebe höher, aber auch der Anteil der Betriebe, die gar nicht zur Ausbildung berechtigt sind.

Große Betriebe verfügen sehr viel häufiger über eine Ausbildungsberechtigung als kleine Betriebe Tabelle A7.2-2. Waren 41 % aller Kleinstbetriebe mit weniger als zehn Beschäftigten im Jahr 2020 allein zur Ausbildung berechtigt, traf dies bei den Großbetrieben auf 93 % zu. Dieser Größeneffekt ist nicht nur für die allein ausbildungsberechtigten Betriebe, sondern auch für die Betriebe festzustellen, die im Verbund ausbilden dürfen. Differenziert nach West- und Ostdeutschland zeigt sich zudem, dass im Westen in jeder Größenklasse der Anteil ausbildungsberechtigter Betriebe höher ist als im Osten Tabelle A7.2-3 Internet.

Tabelle A7.2-1: Ausbildungsberechtigung von Betrieben, West-, Ostdeutschland und Bundesgebiet 2000 bis 2020 (in %)

Tabelle A7.2-2: Ausbildungsberechtigung nach Betriebsgröße, Bundesgebiet 2000 bis 2020 (in %)

Ausbildungsaktivität (bei Berechtigung)

Diese Angaben zur Ausbildungsberechtigung ermöglichen Aussagen zur Ausbildungsbasis, nicht aber zur tatsächlichen Ausbildungsbeteiligung der Betriebe. Um diese Beteiligung genauer zu erfassen, wird mit der Ausbildungsaktivität im Folgenden ein weiterer Indikator betrachtet, der den Anteil der ausbildenden Betriebe an den ausbildungsberechtigten Betrieben wiedergibt. Um die Ausbildungsaktivität abzubilden, wurde aufgrund des Erhebungsstichtages des IAB-Betriebspanels (30.06.), der zwischen den Ausbildungsjahren liegt, eine sehr weitgehende Definition gewählt. Nach dieser Definition bildete im Jahr 2020 mehr als die Hälfte (56 %) aller ausbildungsberechtigten Betriebe auch tatsächlich aus Tabelle A7.2-4. Im zeitlichen Verlauf ist dabei in den letzten Jahren ein leichter Anstieg der Ausbildungsaktivität festzustellen.

Tabelle A7.2-4: Ausbildungsaktivität nach Betriebsgröße, West-, Ostdeutschland und Bundesgebiet 2000 bis 2020 (in %)

In Westdeutschland waren im Jahr 2020 mit 57 % mehr ausbildungsberechtigte Betriebe tatsächlich ausbildungsaktiv als in Ostdeutschland (51 %). Differenziert nach Größenklassen zeigt sich, dass die Ausbildungsaktivität mit der Beschäftigtenzahl ansteigt: So bildeten bundesweit 42 % der ausbildungsberechtigten Kleinstbetriebe mit weniger als zehn Beschäftigten im Jahr 2020 aus, aber 95 % der Großbetriebe mit 500 und mehr Mitarbeitern/Mitarbeiterinnen. Bei der Interpretation dieses Befundes ist allerdings zu beachten, dass kleine Betriebe wichtige Gründe haben, nicht jedes Jahr auszubilden. So ist besonders die Orientierung am betrieblichen Fachkräftebedarf – ein wesentlicher Anlass für die Ausbildung – in kleineren Betrieben ein Grund dafür, die Ausbildung nicht ständig, sondern nur in gewissen Zeiträumen durchzuführen.

Zieht man zusätzlich zur Betriebsgröße die Region als Kriterium hinzu, so sind Unterschiede zwischen West- und Ostdeutschland vor allem im Segment der Kleinstbetriebe zu erkennen. Während 43 % der ausbildungsberechtigten Kleinstbetriebe in Westdeutschland im Jahr 2020 ausbildeten, waren es in Ostdeutschland nur 36 %. Im Vergleich zum Jahr 2018 (40 % vs. 31 %) gab es somit eine leichte Annäherung von west- und ostdeutschen Betrieben in der Ausbildungsaktivität. Im Vergleich zu den Jahren 2009/2010 ist, nachdem in den letzten Jahren in nahezu allen Betriebsgrößenklassen ein Rückgang der Ausbildungsaktivität der ausbildungsberechtigten Betriebe sowohl in West- als auch in Ostdeutschland festzustellen war, von 2018 bis 2020 insbesondere für ostdeutsche Betriebe mit ein bis neun Beschäftigten ein deutlicher Anstieg der Ausbildungsaktivität zu sehen (von 31 % auf 36 %).

(Ramona Jost, Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, Nürnberg)