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In Deutschland haben rd. 21,9 Mio. Menschen einen Migrationshintergrund, das entspricht 26,7 % der Bevölkerung (vgl. Statistisches Bundesamt 2022). Laut Mikrozensus 2020 hat rd. jeder dritte Jugendliche bzw. junge Erwachsene in Deutschland einen Migrationshintergrund (2020: 15 bis unter 20 Jahre: 35,5 %; 20 bis unter 25 Jahre 33 %; vgl. Statistisches Bundesamt 2022). Die große Mehrheit der 15- bis 25-Jährigen mit Migrationshintergrund ist in Deutschland geboren und aufgewachsen (60,5 %). In der Mehrheit der Haushalte mit Migrationshintergrund wird überwiegend Deutsch gesprochen (64 %; vgl. Statistisches Bundesamt 2022). Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland stammen mehrheitlich (64 %) aus einem anderen europäischen Land. Das heißt, sie sind aus einem anderen europäischen Land zugewandert bzw. Nachkommen von Zuwanderern/Zuwandererinnen aus einem anderen europäischen Land (vgl. Mikrozensus 2020; Statistisches Bundesamt 2022; Kapitel C2.1).

Grenzüberschreitende Mobilität sowie Wanderungsbewegungen sind nur begrenzt planbar und vorhersehbar (Kapitel C5). Der Krieg in der Ukraine hat seit Februar 2022 die Flucht von Millionen von Menschen aus der Ukraine zur Folge. Seit Kriegsausbruch am 24.2.2022 sind bis zum 7.6.2022 nach Schätzungen des Hohen Flüchtlingskommissariats der Vereinten Nationen rd. 7,2 Mio. Menschen aus der Ukraine geflüchtet.257 Wenngleich statistisch belastbare Angaben noch ausstehen,  sind nach Schätzungen des UNHCR bis Juni 2022 rd. 565.000 Geflüchtete aus der Ukraine in Deutschland als Geflüchtete registriert worden (Fußnote 257). Erste vorsichtige Schätzungen des QUBE-Projekts gehen davon aus, dass sich die Einwohnerzahl Deutschlands aufgrund des Krieges in der Ukraine im Jahr 2022 um 600.000 und 2023 um weitere 150.000 erhöht (vgl. Wolter u. a. 2022, S. 7). Laut einer Umfrage des BMI vom März 2022 sind von den Geflüchteten aus der Ukraine in Deutschland 84 % Frauen, über die Hälfte (58 %) von ihnen ist gemeinsam mit ihren Kindern nach Deutschland gekommen.258

Ungeachtet den mit dieser kriegsbedingten Fluchtmigration – wie mit jeder Fluchtbewegung – verbundenen vielfachen Unwägbarkeiten und Unsicherheiten, besteht ein weitgehender gesellschaftlicher Konsens, dass neben der aktuell vorrangigen primären Erstversorgung der Geflüchteten bereits frühzeitig in eine mögliche langfristige Integration der Geflüchteten investiert werden muss (vgl. Brücker 2022). Trotz aller Unterschiede lassen sich aus bisherigen Erfahrungen mit früheren Fluchtbewegungen erste vorsichtige Schlussfolgerungen für die jetzige Zuwanderung von Geflüchteten aus der Ukraine und ihre Integration in eine berufliche Ausbildung ziehen. Das über Jahre entwickelte Sprachkurssystem bedarf einer Weiterentwicklung zu einem flächendeckenden, rasch und unkompliziert zugänglichen sowie zielgruppenspezifischen Angebot an (möglichst integrierten) allgemeinen und berufsspezifischen Sprach- und Integrationskursen (auch in beruflichen Kontexten und arbeitsplatznah) (Kapitel C4.2). Junge Geflüchtete haben in den letzten Jahren für die betriebliche Ausbildung an Bedeutung gewonnen. So bilden Betriebe 2021 mit 10 % rd. dreimal so viel junge Geflüchtete aus wie drei Jahre zuvor (2017: 3 %; Kapitel C3.3). Bei mittelgroßen und großen Betrieben ab 20 Mitarbeitenden liegt der Anteil von Auszubildenden mit Fluchthintergrund an allen Auszubildenden mit rd. 20 % doppelt so hoch Schaubild C3.3-1. Für die Integration in berufliche Ausbildung sind erprobte Angebote, die sich für den Zugang zu einer betrieblichen Ausbildung als förderlich erwiesen haben, zielgruppenspezifisch anzupassen. Angesichts der coronabedingten Schwierigkeiten der letzten Jahre gilt dies vorrangig zum einen für eine stärkere Verzahnung und kontinuierliche Durchführung berufsorientierender, berufsvorbereitender und ausbildungsbegleitender Angebote in Präsenz (vgl. Fernandez 2020; Kapitel A12.1). Zum anderen finden sich – so zentrale Ergebnisse der BA/BIBB-Bewerberbefragung 2018 und der BA/BIBB-Fluchtmigrationsstudie 2018 – Hinweise dafür, dass junge Geflüchtete insbesondere von einer kontinuierlichen und individuellen Betreuung und Begleitung im Übergangsprozess und im Ausbildungsverlauf sowie von vielfältigen und frühzeitigen Kontakten zu Betrieben profitieren (z. B. im Rahmen der Einstiegsqualifizierung, durch andere Praktika oder durch Probearbeiten), die entscheidend zu einem gelingenden Übergang in betriebliche Ausbildung beitragen (vgl. Eberhard/Schuß 2021).

Für eine gelingende Integration in die berufliche Ausbildung sind diese Angebote für junge Geflüchtete aus der Ukraine ebenso wie für andere Gruppen junger Geflüchteter (Kapitel A12.2) und für Jugendliche mit Migrationshintergrund, die in Deutschland aufgewachsen sind, dringend erforderlich. Sie stellen eine wichtige bildungspolitische Aufgabe dar – gerade um den mit der Coronapandemie, insbesondere für junge Geflüchtete, aber auch für Jugendliche mit Migrationshintergrund, verbundenen Schwierigkeiten und Benachteiligungen erfolgreich zu begegnen, die sich u. a. in einem Rückgang der Zugangschancen in eine betriebliche Ausbildung niederschlagen (Kapitel A8.1 und A12.1).

Die folgenden Abschnitte stellen zentrale Aspekte der Integration Jugendlicher mit Migrationshintergrund in berufliche Ausbildung (Kapitel A12.1) sowie der Integration junger Geflüchteter in Ausbildungsvorbereitung in Deutschland dar (Kapitel A12.2).