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Zur Beschreibung der Ausbildungsmarktentwicklung sind stets mehrere Indikatoren notwendig, u. a., weil diese zum Teil in einem bildungspolitischen Spannungsverhältnis zueinanderstehen. So ist es z. B. in rechnerischer Hinsicht nicht möglich, auf ein aus Sicht der Jugendlichen auswahlfähiges Angebot hinzuwirken und zugleich für einen höheren Grad der Besetzbarkeit von Ausbildungsplätzen zu sorgen. Denn hohe Angebots-Nachfrage-Relationen als Indikator für günstige Versorgungslagen der Jugendlichen gehen zwangsläufig mit höheren Quoten unbesetzter Ausbildungsplätze einher und umgekehrt.

In Kapitel A1.1 werden deshalb verschiedene Indikatoren betrachtet:

  • Kapitel A1.1.1 beschäftigt sich mit der Entwicklung von Angebot und Nachfrage sowie der Angebots-Nachfrage-Relation als Indikator für die Marktlagen.
  • Kapitel A1.1.2 stellt die Entwicklung der Zahl und Quoten unbesetzter Ausbildungsplatzangebote und der erfolglosen Nachfrage dar (als Indikator für erfolglose Marktteilnahmen) und erläutert Umfang und Ursachen von Passungsproblemen auf dem Ausbildungsmarkt.
  • Kapitel A1.1.3 weitet den Blick auf die Gesamtzahl aller institutionell erfassten Ausbildungsinteressierten und deren Einmündungsquote in die duale Berufsausbildung (als Indikator für den Ausschöpfungsgrad des – zumindest temporär gezeigten – Ausbildungsinteresses Jugendlicher an dualer Berufsausbildung).
  • Kapitel A1.1.4 beschäftigt sich mit den Ergebnissen des Nachvermittlungsgeschäftes im sog. fünften Quartal.

Die Entwicklung der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge als Indikator für erfolgreiche Marktteilnahmen ist Gegenstand des darauffolgenden Kapitels A1.2.

Begriffliche Unterscheidungen im Rahmen der Ausbildungsmarktbilanz

In der Ausbildungsmarktbilanz stellen die Begriffe „Berufsausbildungsstellen“ und „Ausbildungsplatzangebot“ keine Synonyme dar, ebenso nicht „Ausbildungsstellenbewerber/-innen“, „Ausbildungsplatznachfrager/-innen“ und „Ausbildungsinteressierte“.

Die Begriffe Berufsausbildungsstellen und Ausbildungsstellenbewerber/-innen stammen aus der Ausbildungsmarktstatistik der BA. Sie umfassen jene Stellen und Bewerber/-innen, die den Beratungs- und Vermittlungsdiensten mit der Bitte um Vermittlungsunterstützung gemeldet sind, seien es den Agenturen für Arbeit (AA), den Jobcentern in gemeinsamer Einrichtung (JC gE) oder den Jobcentern in alleiniger kommunaler Trägerschaft (JC zkT). Als Ausbildungsstellenbewerber/-in wird man nur registriert, wenn die individuelle Eignung für die angestrebten Ausbildungsberufe geklärt ist bzw. die Voraussetzungen zur Aufnahme einer Berufsausbildung gegeben sind.

Zum für die abschließende Gesamtbilanz maßgeblichen Ausbildungsplatzangebot eines Jahres zählen die neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge, die das BIBB im Rahmen seiner Erhebung zum 30. September erfasst (erfolgreich besetztes Angebot), sowie die bei der BA registrierten betrieblichen Berufsausbildungsstellen, die der Arbeitsverwaltung während des Berichtsjahres zur Vermittlung angeboten wurden und die zum Stichtag 30. September noch nicht besetzt waren (erfolgloses, unbesetztes Angebot).

Zur für die abschließende Gesamtbilanz maßgeblichen Ausbildungsplatznachfrage zählen jene ausbildungsinteressierten Jugendlichen, die entweder einen neuen Ausbildungsvertrag abschlossen und somit über die BIBB-Erhebung zum 30. September erfasst werden (erfolgreiche Nachfrage) oder die zum Kreis der Ausbildungsstellenbewerber/-innen gehören, die zum Stichtag 30. September weiterhin auf Ausbildungsplatzsuche sind (erfolglose Nachfrage).

Die erweiterte Angebots-Nachfrage-Relation (eANR) zeigt an, wie viele Ausbildungsplatzangebote rechnerisch auf 100 Ausbildungsplatznachfrager/-innen entfallen. „Erweitert“ bedeutet, dass zu den erfolglosen Ausbildungsplatznachfragern/-nachfragerinnen im Gegensatz zu früheren Berechnungen alle von den Beratungs- und Vermittlungsdiensten erfassten und zum Stichtag noch suchenden Ausbildungsstellenbewerber/-innen gerechnet werden. In früheren Berechnungen wurden nur diejenigen noch suchenden Bewerber/-innen berücksichtigt, die sich nicht um eine zwischenzeitliche Überbrückung (z. B. Arbeit, teilqualifizierender Schulbesuch) bemühen konnten oder wollten. Mit der neuen Berechnung wird verhindert, dass noch suchende Jugendliche aus der Erfassung der (erfolglosen) Ausbildungsplatznachfrage ausgeschlossen werden, weil sie sich, wie durchaus erwünscht, ggf. um eine Überbrückungsalternative kümmern. Die eANR liefert somit auch ein deutlich realistischeres Bild vom Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage als die traditionelle Berechnungsform. Gegenüberstellungen beider Varianten der ANR-Berechnung mit Zeitreihendaten von 2009 bis 2020 finden sich in Tabelle A1.1.1-1 Internet (differenziert nach Deutschland, West und Ost), in Tabelle A1.1.1-2 Internet (differenziert nach den 16 Bundesländern).

Gemeldete Ausbildungsstellenbewerber/-innen, die sich im Laufe des Berichtsjahres für eine Alternative entschlossen (z. B. erneuter Schulbesuch, Studium, Erwerbstätigkeit, berufsvorbereitende Maßnahme) und am 30. September nicht mehr oder vorerst nicht mehr nach einer Berufsausbildungsstelle suchen, werden grundsätzlich nicht zu den Ausbildungsplatznachfragern/-nachfragerinnen gerechnet (d. h. auch dann nicht, wenn sie diese Alternative aufgrund erfolgloser Bewerbungen anstreben). Sie werden aber zu den Ausbildungsinteressierten gerechnet. Die Gruppe schließt alle institutionell erfassten Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit ein, die sich im Laufe des Berichtsjahres zumindest zeitweise für die Aufnahme einer dualen Berufsausbildung interessierten und deren Eignung hierfür festgestellt wurde, sei es über die Eintragung ihrer Ausbildungsverhältnisse bei den zuständigen Stellen oder – sofern sie nicht in eine Ausbildung einmündeten – im Rahmen ihrer Registrierung als Ausbildungsstellenbewerber/-innen bei den Beratungs- und Vermittlungsdiensten.