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Da bei der bestehenden Datenlage die Vorqualifikation der Geflüchteten nicht in einem für Berechnungen notwendigen Detailgrad vorliegt, erfolgt eine Näherung der Aufteilung der Geflüchteten auf die einzelnen Bildungswege über 2 Varianten. In beiden Varianten wird angenommen, dass entsprechend der in der IAB-BAMF-SOEP-Erhebung geäußerten Bildungsaspiration rund 50 % der Geflüchteten über 17 Jahre eine Berufsausbildung absolvieren wollen (Romiti u. a. 2016, S. 53). Diese Aspiration wird als Wunsch interpretiert, eine Berufsausbildung nach BBiG/HwO aufzunehmen, weil dies in Deutschland weiterhin die verbreitetste Form der Berufsausbildung ist. Für die unter 18-Jährigen wird hingegen angenommen, dass sie in ihrer altersspezifischen Ausbildungsnachfrage den ausländischen Ausbildungsanfängern folgen – allerdings mit einem Jahr Verzögerung. Während sich in Variante I1 die Verteilung der Geflüchteten von 18 Jahren und älter auf die Bildungsgänge an der IAB-BAMF-SOEP-Erhebung orientiert, wird in Variante I2 unterstellt, dass sich die 18- bis 25-Jährigen entsprechend der bereits in Deutschland lebenden ausländischen Bevölkerung dieser Alterskohorte verhalten (mit einem Jahr Verzögerung). Dies führt dazu, dass die Übertritte in den Bereich Be­rufsausbildung in Variante I2 im Vergleich zu Variante  I1 früher stattfinden. Schaubild C5.6-1 gibt einen Überblick über die angenommenen Verteilungswahrscheinlichkeiten auf die Bildungsgänge.

Schaubild C5.6-1: Angenommene Verteilungswahrscheinlichkeiten auf die Bildungsverläufe

Tabelle C5.6-1: Angenommene Verteilungswahrscheinlichkeiten der unter 18-jährigen Geflüchteten nach Erreichen des 18. Lebensjahres auf die möglichen Bildungsverläufe (Variante I1 und I2)

Tabelle C5.6-2: Angestrebte Schul- und berufliche Bildungsabschlüsse – Anteile an den 18- bis 25-Jährigen (in %)

Personen, die zum Zeitpunkt der Anerkennung 17 Jahre und jünger waren, besuchen voraussichtlich keinen eigenständigen Integrationskurs, sondern finden sich im Bereich „Berufsorientierung und Ausbildungsvorbereitung“ wieder. Erst nach einem Alter von 18 Jahren verlassen sie den Bereich – angelehnt an die Alters­verteilung der ausländischen Ausbildungsanfänger/-innen (vgl. Kapitel A5, Tabelle A5.8-3), jeweils verzögert um ein Jahr.347 Entsprechend den ausländischen Ausbildungsanfängern und Anfängerinnen werden deshalb auch nicht alle bis zum Alter von 22  Jahren als Ausbildungsnachfrager/-innen in Erscheinung treten, sondern lediglich 69 %. Als Aufteilung auf die Bereiche „Berufsausbildung“ und „sonstiger Verbleib“ wird entsprechend den Bildungsaspirationen der 18- bis 25-Jährigen ein Verhältnis von 50 : 50 beibehalten. Um alle potenziell im Zeitraum 2016 bis 2021 infrage kommenden Altersgruppen zu berücksichtigen, werden bis zu 6 Jahre mitberücksichtigt.348 Tabelle C5.6-1 gibt die Verteilung der Geflüchteten, die in den Jahren 2015 und 2016 unter 18 Jahre alt waren, auf die erweiterten Bildungsverläufe 1 bis 15 wieder.

Die Variante I1 basiert auf den Werten der IAB-BAMF-SOEP-Erhebung. Die daraus abgeleiteten und plausibilisierten Übergangswahrscheinlichkeiten finden sich in Tabelle C5.6-3.

Ableitung der Übergangswahrscheinlichkeiten auf mögliche Bildungsverläufe der über 18-Jährigen

Für die Übergangswahrscheinlichkeiten wurden 2 Varianten berechnet, die sich lediglich in der Integration der über 18-Jährigen unterscheiden Schaubild C5.6-1.

Für Variante I1 werden die Bildungsaspirationen der IAB-BAMF-SOEP-Erhebung als Ausgangsgrundlage verwendet Tabelle C5.6-2. Da kein vollständiges Bild über die Vorqualifikationen und gewünschten Bildungswege vorliegt, werden die unbekannten Größen vor dem Hintergrund der bekannten Größen plausibilisiert. In Tabelle C5.6-3 werden die abgeleiteten Übergangswahrscheinlichkeiten dargestellt. Sie stützen sich auf die folgenden Begründungen, die mit den entsprechenden Großbuchstaben auch in den Zellen von Tabelle C5.6-3 kenntlich gemacht werden.

Aufgrund der bei Einreise vorhandenen Deutschkenntnisse und der seit August 2016 bestehenden Teilnahmepflicht an Integrationskursen wird angenommen, dass lediglich 10 % der 18- bis 25-Jährigen nicht an einem Integrations- oder Sprachkurs teilnehmen, weil sie direkt eine schulische Ausbildung aufnehmen können oder über ausreichende Deutschkenntnisse verfügen, 90 % besuchen hingegen einen Integrationskurs ([A] in Tabelle C5.6-3). 65 % der 18- bis 25-jährigen Befragten in der IAB-BAMF-SOEP-Studie geben an, dass sie in Deutschland einen Schulabschluss anstreben. Rund 34 % (= 84 % x 41 %) der 18- bis 25-Jährigen beabsichtigen, einen Hochschulabschluss zu erwerben, rd. 50 % (= 84 % – 34 %) einen Berufsabschluss und 16 % weder einen Berufs- noch Hochschulabschluss Tabelle C5.6-2. Dies bedeutet, dass sie entweder bereits über einen entsprechenden Abschluss verfügen oder keinen wünschen. Diese 16 % münden, ihren Aspirationen entsprechend, ohne einen Zwischenaufenthalt im Sektor „Berufsorientierung und Ausbildungsvorbereitung“ direkt in den Bereich „sonstiger Verbleib“ ein ([B] in Tabelle C5.6-3). Setzt man voraus, dass ein Schulabschluss notwendig ist, um eine Berufsausbildung aufzunehmen, so folgt daraus, dass 19 % (= 84 % – 65 %) eine Berufsausbildung anstreben, ohne zuvor einen Schulabschluss nachzuholen. Angenommen wird, dass etwas weniger als die Hälfte dieser 19 % direkt in eine Berufsausbildung übergeht. 9 % gehen somit direkt in den Bereich „Berufsausbildung“ über (C), die anderen 10 % werden zunächst mit einer einjährigen Dauer im Bereich „Berufsorientierung und Ausbildungsvorbereitung“ verbucht (D). Aus den bisherigen Angaben folgt, dass 25 % (9 % + 16 %) kein weiteres Jahr im Bereich „Berufsorientierung und Ausbildungsvorbereitung“ verbringen (E). Eine vierjährige Dauer im Bereich „Berufs­orientierung und Berufsvorbereitung“ nehmen wir nur für 5 % der Geflüchteten über 18 Jahre an (F). Hierbei sollte es sich um Personen mit erhöhtem Förderbedarf handeln, wodurch als Orientierungsgröße der Anteil derer in der IAB-BAMF-SOEP-Befragung dient (Romiti u. a. 2016, S. 40), die über keinerlei Lese- und Schreibkompetenzen verfügen (5 %). Der Anteil „funktionaler Analphabeten“ könnte weitaus höher liegen (Schier 2016b). Es ist allerdings auch fraglich, ob es sich bei den Personen, die weitere 4 Jahre im Bereich „Berufsorientierung und Ausbildungsvorbereitung“ verweilen, tatsächlich um ursprüngliche funktionale Analphabeten handelt bzw. handeln wird. Hierzu liegen keine empirischen Erkenntnisse vor.

Die weiteren Wahrscheinlichkeiten werden vor dem Hintergrund der oben beschriebenen Annahmen festgelegt. Angenommen wird, dass die 65 % der Geflüchteten, welche einen Schulabschluss anstreben, ebenfalls in den Bereich „Berufsorientierung und Ausbildungsvorbereitung“ übergehen. Da für lediglich 5 % angenommen wird, dass sie 4 Jahre in diesem Bereich verweilen, müssen nur noch 60 % (65 % – 5 %) auf eine Dauer zwischen 1 und 3 Jahren im Bereich „Berufsorientierung und Berufsvorbereitung“ verteilt werden. Die tatsächliche Dauer wird vor allem von der entsprechenden – jedoch nicht bekannten – Vorqualifikation der Geflüchteten abhängen. Es wird davon ausgegangen, dass eher 2 bis 3 Jahre benötigt werden und ein kleiner Anteil lediglich 1 Jahr benötigt. So werden weitere 5 % einer einjährigen Dauer (G), 30 % einer zweijährigen Dauer (H) und 25 % einer dreijährigen Dauer (I) zugeordnet. Entsprechend diesen Setzungen sind alle Geflüchteten auf unterschiedliche Dauern im Bereich „Berufsorientierung und Berufsvorbereitung“ verteilt. Offen ist hingegen noch, mit welcher Wahrscheinlichkeit sie im Anschluss an diesen Bereich entweder in den Bereich „Berufsausbildung“ oder „sonstiger Verbleib“ übergehen. Da über die bekannten Größen (C) und (B) sich ein Verhältnis von 16 % : 9 % bzw. 64 % : 34 % zugunsten eines Abgangs in den sonstigen Verbleib ergibt (J), werden die anderen Übergangswahrscheinlichkeiten auf ein Verhältnis von 55 % : 45 % zugunsten der Berufsausbildung kalibriert (K), um über alle Zellen den Zielwert von annähernd 50 % interessierter Geflüchteter für eine Berufsausbildung nach BBiG/HwO zu erreichen.

Da sich mit den Setzungen von Variante I1 eine Tendenz zu einer eher 2- bis 3-jährigen Dauer (nach Teilnahme an einem Sprach- oder Integrationskurs) herauskristallisiert, wird für Variante I2 eine Verteilung gewählt, in welcher die Geflüchteten etwas früher als Ausbildungsnachfrager/ -innen in Erscheinung treten. Hierfür gilt als Approximation ebenfalls – wie bei den unter 18-Jährigen – die Verteilung der ausländischen Ausbildungsanfänger/-innen nach Alter als Ausgangsgrundlage – ebenfalls mit einer Verzögerung von einem Jahr. Im Gegensatz zu Tabelle C5.6-1 wird jedoch nur das Verhältnis der Altersjahre zueinander herangezogen Tabelle C5.6-4, um eine vollständige Verteilung der potenziell Ausbildungsinteressierten innerhalb von 4 Jahren (nach Vollendung des Integrationskurses) zu gewährleisten. Sofern kein Interesse an einer Berufsausbildung besteht, wird angenommen, dass sich dies bereits frühzeitig äußert. Angelehnt an die Abgänge in die Bereiche „Berufsausbildung“ und „sonstiger Verbleib“ in Tabelle C5.6-3, wird bei einem direkten Abgang ein Verhältnis von 60 % : 40 % zugunsten des „sonstigen Verbleibs“ unterstellt, bei längeren Dauern hingegen ein Verhältnis von 55 % : 45 % zugunsten einer „Berufsausbildung“.

Tabelle C5.6-3: Angenommene Verteilungswahrscheinlichkeiten der Geflüchteten über 18 Jahre auf die möglichen Bildungsverläufe in Variante I1

Für die Variante I2 werden die 18- bis 25-Jährigen wie die unter 18-Jährigen ebenfalls entsprechend den Altersjahrgängen der ausländischen Ausbildungsanfänger/-innen verteilt. Jedoch wird nur das Verhältnis der Altersjahre zueinander herangezogen Tabelle C5.6-4, um eine vollständige Verteilung der potenziell Ausbildungsinteressierten innerhalb von 4 Jahren (nach Vollendung des Integrationskurses) zu gewährleisten. Im Unterschied zu Variante I1 erfolgt in Variante I2 somit ein schnelleres Aneignen von sprachlichen und schulischen Vorqualifikationen, sodass die Geflüchteten im Schnitt etwas früher erstmalig als Berufsausbildungsnachfrager/-innen in Erscheinung treten.

Tabelle C5.6-4: Angenommene Verteilungswahrscheinlichkeiten der Geflüchteten über 18 Jahre auf die möglichen Bildungsverläufe in Variante I2

  • 347

    Im Jahr 2015 waren 19,2 % der Ausbildungsanfänger/-innen 17 Jahre und jünger. 15,1 % waren 18 Jahre alt, 13,6 % waren 19 Jahre alt, 11,5 % waren 20  Jahre alt, und 8,5 % waren 22 Jahre alt (vgl. Kapitel A5.8, Tabelle A5.8-3).

  • 348

    Die Anzahl der Bildungsverläufe erweitert sich entsprechend.