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Deutliche Unterschiede in den nfQ-Quoten sind nach Nationalität ersichtlich Tabelle A11.3-1. Während junge Erwachsene zwischen 20 und 34 Jahren mit einer deutschen Staatsbürgerschaft 2016 eine nfQ-Quote von 9,6% vorwiesen, waren es bei den ausländischen Gleichaltrigen mit einer Quote von 33,6% dreieinhalbmal so viele. Jene mit einer türkischen Staatsangehörigkeit waren sogar zu 42,0% beruflich nicht formal qualifiziert. Somit hat der Anteil an nfQ unter den 20- bis 34-Jährigen mit deutscher Staatsbürgerschaft weiter abgenommen. Hingegen ist die Quote unter den Personen mit einer ausländischen Staatsbürgerschaft im Jahr 2016 gegenüber dem Vorjahr um 2,2 Prozentpunkte erneut angestiegen. Von einem Zuwachs der Quoten waren jedoch nicht alle Ausländer/-innen betroffen. So ist unter den jungen türkischen Staatsangehörigen ein durchgehender Rücklauf der nfQ-Zahlen seit 2012 zu vermerken.

Tabelle A11.3-1: 20- bis 34-Jährige ohne Berufsabschluss nach Migrationsstatus 2012 bis 2016 (in %)1

Die Entwicklung in der nfQ-Quote von jungen Ausländerinnen und Ausländern macht sich auch in der Quote der Migranten und Migrantinnen mit eigener Migrationserfahrung bemerkbar. Hierbei ist zu beachten, dass nach dem Konzept des Statistischen Bundesamts zu den Personen mit Migrationshintergrund alle ausländischen und deutschen Staatsbürger/-innen zählen, die selbst oder mit mindestens einem Elternteil mit einer anderen Staatsbürgerschaft geboren wurden. Eine eigene Migrationserfahrung wiederum besteht dann, wenn die Person selbst nach Deutschland zugewandert ist.243 Im Folgenden sei unter dem Begriff Zugewanderte eben diese Gruppe der Migrantinnen und Migranten mit eigener Migrationserfahrung zu verstehen. Unter den 20- bis 34-jährigen Zugewanderten stieg der Anteil an nfQ um 1,6 Prozentpunkte auf 31,4%. Im Vergleich konnte bei den gleichaltrigen Migrantinnen und Migranten ohne eigene Migrationserfahrung lediglich ein insignifikanter Anstieg um 0,2  Prozentpunkte auf 19,9% ermittelt werden.244

Eine besondere Entwicklung ist auch im geschlechterspezifischen Anteil der nfQ von jungen Zugewanderten festzustellen. Für diese Gruppe überschritt die nfQ-Quote der jungen Frauen in den vergangenen Jahren stets die der Männer. Für das Jahr 2016 stieg jedoch die Quote bei den männlichen Zugewanderten im Alter von 20 und 34  Jahren stärker an als bei den gleichaltrigen weiblichen Zugewanderten. Somit überstieg 2016 erstmals seit 2012 in dieser Gruppe die Quote der Männer mit 31,8% die der Frauen, die einen Anteil von nur 31% aufwiesen. Der Unterschied ist mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit von 5% signifikant.245 Ein gleiches Bild ergibt sich auch bei den jungen Erwachsenen mit ausländischer Staatsbürgerschaft, wobei die Differenz zwischen den Geschlechtern 2016 statistisch nicht signifikant ist.246  

Der Anstieg des Anteils der nfQ unter den jungen Ausländern und Ausländerinnen und insbesondere bei Personen mit eigener Migrationserfahrung dürfte zum Teil mit der erhöhten Zuwanderung Geflüchteter zusammenhängen. Die Anzahl an Personen aus Hauptasylherkunftsländern ist im Mikrozensus 2016 über alle Altersjahrgänge stark angestiegen. So stieg die Anzahl der Zugewanderten aus den Ländern Iran, Irak, Syrien, Afghanistan und Pakistan im Mikrozensus 2016 gegenüber dem Vorjahr um 86,7%;247 die Anzahl von Zugewanderten aus Syrien hat sich sogar mehr als verdreifacht. Gleichzeitig lag 2016 die nfQ-Quote von Zugewanderten aus diesen Ländern über alle Altersstufen hinweg bei 40,5%.248 Insgesamt machte der Anstieg von Zugewanderten aus diesen Ländern etwa 45,6% des Zuwachses der Personen mit eigener Migrationserfahrung im Mikrozensus aus und wird sicherlich die nfQ-Quote junger Erwachsener für das Berichtsjahr 2016 stark beeinflusst haben. Die Entwicklung kann jedoch nicht nur auf eine höhere Zuwanderung durch Geflüchtete zurückgeführt werden. Einerseits stieg 2016 auch die Zuwanderung von Personen aus anderen Ländern an und wirkte ebenfalls auf die nfQ-Quote der jungen Erwachsenen.249 Zum anderen können im Mikrozensus Geflüchtete nicht identifiziert und spezifische Muster im beruflichen Bildungsstand somit nicht näher betrachtet werden. Bei der Interpretation der Ergebnisse muss weiterhin beachtet werden, dass nach der starken Zuwanderung von Personen aus Iran, Irak, Syrien, Afghanistan und Pakistan insbesondere im Jahr 2015 Geflüchtete im Mikrozensus 2016 noch immer unterrepräsentiert sind, da Personen in Notunterkünften und Aufnahmeeinrichtungen grundsätzlich nicht befragt werden. Angesichts erster Ergebnisse der IAB-BAMF-SOEP-Geflüchtetenbefragung, die die nfQ-Quote (gemäß der Standardklassifikation des Bildungswesens 2011) von über 18-bis-64-jährigen Geflüchteten, die seit 2013 nach Deutschland zugewandert sind, auf 76,8% beziffern, könnte die tatsächliche nfQ-Quote junger Ausländer/-innen und Zugewanderter deshalb höher ausfallen (vgl. Kapitel A12.2.3). 

(Robert Herter-Eschweiler – Statistisches Bundesamt, Caroline Neuber-Pohl, Moritz Niemann)


  • 242

    Siehe auch https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/Bevoelkerung/MigrationIntegration/Glossar_MigrationIntegration.html

  • 243

    Siehe auch https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/Bevoelkerung/MigrationIntegration/Glossar_MigrationIntegration.html

  • 244

    Das 95%-Konfidenzintervall der 20- bis 34-jährigen Migranten/Migrantinnen ohne eigene Migrationserfahrung liegt bei etwa ± 0,8 Prozentpunkten.

  • 245

    Das 95%-Konfidenzintervall der 20- bis 34-jährigen Migranten und Migrantinnen mit eigener Migrationserfahrung liegt bei ± 0,9 Prozentpunkten.

  • 246

    Das 95%-Konfidenzintervall liegt sowohl bei den 20- bis 34-jährigen Ausländern als auch bei den gleichaltrigen Ausländerinnen bei etwa ± 0,9 Prozentpunkten.

  • 247

    Diese und die folgenden Daten zum Bevölkerungsstand nach Nationalität im Berichtsjahr 2016 beziehen sich auf eine Vorausschätzung der Ergebnisse der Bevölkerungsfortschreibung und sind daher mit höheren Unsicherheiten belastet als für das Jahr 2015. 

  • 248

    Vgl. Statistisches Bundesamt, Fachserie 1 Reihe 2.2, 2015 und 2016.

  • 249

    Z. B. ist auch die Anzahl von Zugewanderten aus den Westbalkanländern um 5,6% gestiegen. Zusammenhängen könnte dies mit der seit Ende 2015 in Kraft getretenen sogenannten „Westbalkanregelung“, nach der Personen aus den nicht-EU-Ländern des ehemaligen Jugoslawien nun ohne besondere Qualifikationen, aber mit Vorlage eines Arbeitsvertrages ein Arbeitsvisum beantragen können. Die nfQ-Quote von Zugewanderten aus Bosnien-Herzegowina, Kosovo und Serbien über alle Altersstufen hinweg liegt bei 48,2%, wobei diese nicht signifikant gegenüber dem Vorjahr gestiegen ist (vgl. Statistisches Bundesamt, Fachserie 1 Reihe 2.2, 2015 und 2016).