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1Erstmals seit 2011 stieg im Jahr 20172 die Zahl der Ausbildungsnachfrager/-innen wieder an. Gleichzeitig wurden mehr Ausbildungsplätze als im Vorjahr angeboten. Dennoch haben die Schwierigkeiten, Ausbildungsplatzangebot und -nachfrage zusammenzuführen, 2017 weiter zugenommen Tabelle A1.1-13.

Nachdem die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge (vgl. Kapitel A1.2) seit 2011 in den vergangenen Jahren kontinuierlich gesunken war, gab es 2017 erstmals wieder ein leichtes Plus bei den neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen. Aufgrund der anhaltenden Schwierigkeiten, Ausbildungsplatzangebot und -nachfrage zusammenzuführen, stieg die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge jedoch nicht so deutlich, wie es angesichts des Zuwachses bei den betrieblichen Ausbildungsplatzangeboten möglich gewesen wäre. Bundesweit wurden 523.300 neu abgeschlossene Ausbildungsverträge gemeldet, das sind 3.000 bzw. 0,6% mehr im Vergleich zum Vorjahr. Der Positivtrend bei den neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen war sowohl in Westdeutschland (+2.400 bzw. +0,5%) als auch in Ostdeutschland (+600 bzw. +0,9%) zu verzeichnen.

Begriffe der Ausbildungsmarktbilanzierung

Die Ausbildungsmarktbilanz nimmt die Marktverhältnisse für die Berufsausbildungen in den Fokus, die auf der Grundlage von Berufsbildungsgesetz (BBiG) und Handwerksordnung (HwO) beruhen. 

Zum offiziellen Ausbildungsplatzangebot eines Jahres zählen die neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge, die das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) im Rahmen seiner Erhebung zum 30. September erfasst (erfolgreich besetztes Angebot), und die bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) registrierten betrieblichen Berufsausbildungsstellen, die der Arbeitsverwaltung während des Berichtsjahres zur Vermittlung angeboten wurden und die am 30. September noch nicht besetzt waren (erfolgloses, unbesetztes Angebot). 

Zur Ausbildungsplatznachfrage zählen jene ausbildungsinteressierten Jugendlichen, die entweder einen neuen Ausbildungsvertrag abschlossen und somit über die BIBB-Erhebung zum 30. September erfasst werden (erfolgreiche Nachfrage), oder die zum Kreis der Ausbildungsstellenbewerber/-innen gehören, die am 30. September ihre Ausbildungsplatzsuche fortsetzten (erfolglose Nachfrage). Bewerber/-innen, die sich im Laufe des Berichtsjahres für eine Alternative entschlossen (z. B. erneuter Schulbesuch, Studium, Erwerbstätigkeit, berufsvorbereitende Maßnahme) und am 30. September nicht mehr oder vorerst nicht mehr nach einer Berufsausbildungsstelle suchen, werden grundsätzlich nicht zu den Ausbildungsplatznachfragern/-nachfragerinnen gerechnet (d. h. auch dann nicht, wenn sie diese Alternative aufgrund erfolgloser Bewerbungen anstrebten).

Bei der statistischen Ermittlung der Ausbildungsplatznachfrage sind 2 Ansätze zu unterscheiden: Die traditionelle Berechnungsweise definiert den Kreis der erfolglosen Nachfrage sehr eng. Sie lässt die am 30. September noch suchenden Ausbildungsstellenbewerber/-innen unberücksichtigt, die über eine alternative Verbleibsmöglichkeit verfügen. Bei der neuen, erweiterten Berechnung sind diese Personen dagegen einbezogen. Die verschiedenen Berechnungsweisen der Ausbildungsplatznachfrage erklären zugleich die Ergebnisunterschiede der beiden Varianten zur Berechnung der Angebots-Nachfrage-Relation.

Die Angebots-Nachfrage-Relation (ANR) gibt wieder, wie viele Berufsausbildungsangebote rechnerisch auf 100 Ausbildungsplatznachfrager/-innen entfielen. Da 2  Berechnungsweisen zur Ermittlung der Ausbildungsplatznachfrage genutzt werden, gibt es auch 2 Varianten in der ANR-Berechnung. In der Regel wird im BIBB-Datenreport bei den Analysen auf die erweiterte Angebots-Nachfrage-Relation (eANR)zurückgegriffen. Da selbst bei hoher ANR größere Teile der Nachfrager/-innen aufgrund von Passungsproblemen erfolglos bleiben können, werden zusätzlich auch der Anteil der erfolglosen Ausbildungsplatznachfrager/-innen an allen Nachfragenden bzw. spiegelbildlich der Anteil der unbesetzten betrieblichen Angebote an allen betrieblichen Angeboten ausgewiesen. Durch eine multiplikative Verknüpfung der beiden Anteile entsteht ein Indikator für das Ausmaß von Passungsproblemen auf dem Ausbildungsmarkt.

Von den Begriffen des Ausbildungsplatzangebots und der Ausbildungsplatznachfrage sind die Begriffe der gemeldeten Berufsausbildungsstellen und der gemeldeten Bewerber/-innen für Berufsausbildungsstellen zu unterscheiden. Die gemeldeten Berufsausbildungsstellen und gemeldeten Bewerber/-innen für Berufsausbildungsstellen (kurz auch: Ausbildungsstellenbewerber/-innen) bilden die zentralen Größen der Ausbildungsmarktstatistik der BA (vgl. Kapitel A1.3). Diese konzentriert sich auf diejenigen Marktteilnehmer/-innen, welche bei ihrer Suche die Beratungs- und Vermittlungsdienste einschalten, seien es die Agenturen für Arbeit (AA), die Jobcenter in gemeinsamer Einrichtung (JC gE) oder die Jobcenter in alleiniger kommunaler Trägerschaft (JC zkT). Als Ausbildungsstellenbewerber/-in wird man nur registriert, wenn die individuelle Eignung für die angestrebten Ausbildungsberufe geklärt ist bzw. die Voraussetzungen zur Aufnahme einer Berufsausbildung gegeben sind (vgl. Bundesagentur für Arbeit 2017i). 

Als institutionell erfasste ausbildungsinteressierte Personen gelten alle Jugendlichen, die sich im Laufe des Berichtsjahres zumindest zeitweise für die Aufnahme einer dualen Berufsausbildung interessierten und deren Eignung hierfür festgestellt wurde, sei es über die Eintragung ihrer Ausbildungsverhältnisse bei den zuständigen Stellen oder – sofern sie nicht in eine Ausbildung einmündeten – im Rahmen ihrer Registrierung als Ausbildungsstellenbewerber/-innen bei den Beratungs- und Vermittlungsdiensten. Zu den Ausbildungsinteressierten zählen neben den offiziell ausgewiesenen Ausbildungsplatznachfragenden somit auch jene Personen, die sich zwar als Ausbildungsstellenbewerber/-innen registrieren ließen, ihren Vermittlungswunsch aber vor dem Bilanzierungsstichtag 30. September aus unterschiedlichen Gründen wieder aufgaben. Die Zahl aller ausbildungsinteressierten Personen wird errechnet, indem zur Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge die Zahl jener registrierten Bewerber/-innen hinzuaddiert wird, die nach der Verbleibstatistik der Arbeitsverwaltung nicht in eine Berufsausbildungsstelle einmündeten. Durch den rechnerischen Bezug der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge auf die Zahl der institutionell erfassten Ausbildungsinteressierten lässt sich die Beteiligungs- bzw. Einmündungsquote ausbildungsinteressierter Personen in duale Berufsausbildung (EQI) ermitteln. Sie informiert darüber, wie hoch der Anteil unter den ausbildungsinteressierten Jugendlichen ausfällt, der letztlich für den Beginn einer dualen Berufsausbildung gewonnen werden konnte (Ulrich 2012a, Ulrich 2012b).

Tabelle A1.1-1: Ausbildungsmarktentwicklung von 2009 bis 2017 (Stichtag 30. September)

  • 1

    Grundlage für diesen Beitrag ist die ausführliche Ausbildungsmarktanalyse von Matthes u. a. 2017b.

  • 2

    Gemeint ist, wenn nicht explizit anders dargestellt, stets das Berichtsjahr der offiziellen Ausbildungsmarktbilanzierung, das am 1. Oktober des Vorjahres beginnt und am 30. September endet.

  • 3

    Die Bundesagentur für Arbeit plant zur verbesserten Darstellung des Geschehens am Ausbildungsmarkt eine detailliertere statistische Erfassung der Angebotsseite, die für das Berichtsjahr 2017/2018 wirksam werden. Weitere Informationen siehe Bundesagentur für Arbeit 2017j.