Tagungsbericht zum dritten BIR-Workshop am BIBB: Neue Forschungsperspektiven zu Bildung, Arbeitsmarkt und Weiterbildung
Am 2. und 3. Juni 2025 fand am Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) in Bonn der dritte Kooperationsworkshop mit dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) sowie dem Forschungszentrum für Bildung und Arbeitsmarkt (ROA) der Universität Maastricht statt – der sogenannte BIBB-IAB-ROA-Workshop (BIR). Über 60 Teilnehmende kamen zusammen, um aktuelle Forschungsergebnisse zu präsentieren und aus interdisziplinären Perspektiven zu diskutieren sowie neue Impulse zu gewinnen und bewährte Kooperationen zu pflegen.

Im Fokus standen hochaktuelle Themen aus Bildungsökonomie, Arbeitsmarktforschung und Berufsbildung, die in vielseitigen Formaten – von klassischen Vorträgen über Poster-Präsentationen bis hin zu Knowledge Cafés – präsentiert und reflektiert wurden.
Im ersten Themenblock Beliefs, Preferences and Personality wurden psychologische und soziale Einflussfaktoren auf Bildungs- und Berufswahl beleuchtet. Die Beiträge untersuchten u. a. den Einfluss geframter Informationen auf Weiterbildungsentscheidungen, die Bedeutung gesellschaftlicher Motive als Berufswahlkriterium sowie den Zusammenhang zwischen Persönlichkeitsmerkmalen – insbesondere Neurotizismus – und betrieblicher Produktivität. Zentrale Erkenntnis: Präferenzen und Persönlichkeit sind Schlüsselgrößen für Bildungs- und Arbeitsmarktentscheidungen.
Unter dem Titel Distance to Work rückten Forschungsteams Themen rund um berufliche Mobilität in den Vordergrund: etwa den Einfluss des Homeoffice auf die Distanz zwischen Wohn- und Arbeitsplatz, die Bedeutung öffentlicher Verkehrsmittel für Auszubildende und grenzüberschreitende Pendelbewegungen im europäischen Kontext.
Im Block Training wurden Weiterbildungsstrategien aus betrieblicher Sicht analysiert. Diskutiert wurden z. B. Effekte der wirtschaftlichen Lage auf Weiterbildungsverhalten, die Rolle informeller Lernformen bei Mitarbeiterbindung sowie Wirkungen staatlich geförderter Online- und Präsenzformate auf die Arbeitsmarktintegration der Teilnehmenden.
In den Themenblöcken Wages und Employment Effects wurden Forschungsergebnisse zur Wirkung technologischer Entwicklungen auf Lohnstrukturen, zu geschlechtsspezifischen Lohndifferenzen sowie zu beschäftigungspolitischen Interventionen vorgestellt. Diskutiert wurden u. a. die Rolle geförderter IT-Weiterbildungen für arbeitslose Personen, die Rolle von Produktivität für Weiterbildungserträge und die Bedeutung von Jugendberufsagenturen für benachteiligte Jugendliche.
Zahlreiche Knowledge Cafés (kürzere Präsentationen mit lockerer Feedbackrunde in Kleingruppen) boten Raum für vertiefte Diskussionen zu u.a. Ausbildungsübergängen nach der Pandemie, Arbeitszufriedenheit in systemrelevanten Berufen oder zur Nutzung offener Datenquellen wie Wikidata für Berufsbildungsforschung. Weitere Themen reichten von Lohnrenditen in kognitiv anspruchsvollen Berufen bis zur Rekrutierung ausländischer Fachkräfte.
Zwei Poster-Sessions zeigten die große Bandbreite laufender Forschungsprojekte – von Auswirkungen digitaler Transformation auf Qualifikationsanforderungen über betriebliche Arbeitszeitpräferenzen bis zur Kompetenzentwicklung in der Grundschule. Auch Themen wie der Gebrauch von inklusiver Sprache in Stellenanzeigen, Humankapitalunterauslastung oder Migrationsdynamiken in Wachstumsmodellen wurden aufgegriffen.
Ein Highlight war die Keynote von Prof. Dr. Pierre Cahuc (Sciences Po, Paris), der am zweiten Workshoptag Forschungsergebnisse aus dem französischen AvenirPro Projekt präsentierte, einer Interventionsstudie mit Teilnehmenden beruflicher Bildungsgänge. Hier wurden Jugendliche in Berufsorientierungsmaßnahmen über Ausbildungswege informiert, Wissen zum Bewerbungsprozess vermittelt sowie deren Stärken und Interessen identifiziert. Seine Analysen verdeutlichen die heterogene Wirksamkeit von Unterstützungsmaßnahmen für junge Menschen auf dem Weg in den Arbeitsmarkt. So profitieren nicht alle Gruppen gleichermaßen von der Maßnahme, sondern insbesondere jene, die durch Praktika bereits Anbindung an Betriebe hatten.
Der BIR-Workshop 2025 zeigte eindrucksvoll, wie eng Theorie und Praxis in der Forschung zu Bildung, Arbeit und Weiterbildung verknüpft sind. Er unterstreicht aber auch die Notwendigkeit von geeigneten Forschungsdaten, welche nicht nur eine beschreibende, Analyse sondern auch eine Wirkungsfeststellung von Maßnahmen und Arbeitsmarktveränderungen erlauben. Die vielfältigen Beiträge unterstrichen nicht nur die hohe methodische Qualität der beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, sondern auch die Relevanz der Themen für politische und institutionelle Gestaltung. Die durchweg positive Resonanz bestätigt: Der kooperative Austausch zwischen BIBB, IAB und ROA bleibt ein geschätztes Forum für zukunftsweisende Forschung.