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Die Volkshochschulen spielen in vielen Bundesländern laut dem entsprechenden Landesgesetz eine besondere Rolle bei der Versorgung der Bevölkerung mit Weiterbildung. Teils hat die Bereitstellung einer Volkshochschule durch die Kommunen die Funktion der Grundversorgung mit einwohnerbezogener Förderung durch das Land (z. B. Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen), in anderen Ländern werden die Volkshochschulen gleichrangig mit freien Trägern von Land und Kommunen gefördert (z. B. Bayern, Brandenburg). Grundsätzlich ist der Bund für die berufliche Weiterbildung zuständig, während bei den Ländern die Verantwortung für die allgemeine und politische Weiterbildung liegt (vgl. Deutscher Bildungsrat 1970, S. 51). Dennoch wird in der Regel in den Weiterbildungsgesetzen der Länder auch die Förderung beruflicher Weiterbildung genannt (für einen Überblick über die Landesgesetze siehe Grotlüschen u. a. 2011, S. 358; zur Einordnung der Landesregelungen in das Gesamtsystem der Erwachsenenbildung siehe Nuissl 2011). Volkshochschulen bestehen in allen Bundesländern als öffentlich geförderte Weiterbildungseinrichtungen mit einem thematisch breit gefächerten Bildungsangebot, das in großen Teilen ohne Zugangsbeschränkungen für die gesamte Bevölkerung offensteht (vgl. Süssmuth/Sprink 2011, S. 473 ff.).

Die Volkshochschul-Statistik ist eine bundesweite freiwillige Statistik des Deutschen Volkshochschul-Verbandes (DVV) und seiner Mitgliedseinrichtungen. Seit 1962 werden die personelle und finanzielle Ausstattung der Volkshochschulen sowie das Angebot in verschiedenen Veranstaltungsarten, Unterrichtsstunden und Belegungen in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Institut für Erwachsenenbildung (DIE) statistisch erfasst.277 Seit 1998 besteht die Systematik, nach der die Veranstaltungen thematisch klassifiziert werden. Es gibt 6 sogenannte Programmbereiche: (1) Politik – Gesellschaft – Umwelt, (2) Kultur – Gestalten, (3) Gesundheit, (4) Sprachen, (5)  Arbeit – Beruf, (6) Grundbildung – Schulabschlüsse. Der Programmbereich Arbeit – Beruf beinhaltet unter anderem Lehrgänge zu den Themen IuK-Anwendungen278, Büropraxis, Rechnungswesen, berufsqualifizierende Grund- und Fachlehrgänge sowie Angebote zum Themenfeld Organisation/Management (siehe für die einzelnen Fachgebiete Huntemann/Reichart 2015, Tabelle 10). Angebote, die beruflich verwertbare Kenntnisse und Qualifikationen vermitteln bzw. sich an bestimmte Berufsgruppen wenden, sind jedoch thematisch auch anderen Programmbereichen zugeordnet, z. B. als Erzieherfort­bildung dem Programmbereich 1 oder als Sprachkurs mit Zertifikatserwerb dem Programmbereich 4. Ihr Umfang ist dort allerdings aufgrund der Erhebungsmethodik nicht quantifizierbar.

 

Volkshochschul-Statistik

In Tabelle B2.2.1-1 sind Kursveranstaltungen sowie die dazugehörenden Unterrichtsstunden und Belegungen im Programmbereich Arbeit – Beruf ausgewiesen. Die dargestellten Summen beziehen sich jeweils auf das zugehörige Kalenderjahr. Ein Kurs ist definiert als eine Weiterbildungsveranstaltung mit mindestens 3 Unterrichtsstunden, die am Sitzort der Volkshochschule stattfindet. Eine Unterrichtsstunde umfasst 45 Minuten. Unter einer Belegung wird ein Teilnahmefall an einer Veranstaltung verstanden. Wenn dieselbe Person in einem Beobachtungszeitraum an mehreren Veranstaltungen teilnimmt, wird sie mehrfach als Belegung gezählt, die Anzahl der Belegungen ist also höher als die Anzahl der Personen, die an den Veranstaltungen teilnehmen. Außer im Programmbereich Arbeit – Beruf findet berufliche Weiterbildung auch in anderen Programmbereichen statt (z. B. im Programmbereich Sprachen: „Wirtschaftsenglisch“). Da die Erfassung der Veranstaltungen jedoch nach inhaltlichen Aspekten und nicht nach dem Zweck erfolgt, den die Teilnehmenden mit ihrem Besuch verfolgen, ist eine Ausdifferenzierung berufsbezogener Veranstaltungen hier nicht möglich. Daher sind die berichteten Werte als Mindestzahlen des Angebots beruflicher Weiterbildung an Volkshochschulen zu interpretieren.279

Dargestellt sind jeweils die in den Volkshochschulen im Berichtsjahr durchgeführten Kurse sowie die zugehörigen Unterrichtsstunden und Belegungen. In der Regel sind die Angebote der Volkshochschulen öffentlich ausgeschrieben (z. B. über das Programmheft, die Website) und allen Interessierten (ggf. verbunden mit der Anforderung von Vorkenntnissen) zugänglich. Auftrags- und Vertragsmaßnahmen sind Veranstaltungen für einen geschlossenen Teilnehmerkreis, die die Volkshochschule im Auftrag eines Dritten (z. B. lokale Arbeitsgemeinschaft als Träger [ARGE] für Leistungen nach dem SGB II, Bundesagentur für Arbeit, andere staatliche Instanz oder privatwirtschaftliches Unternehmen) durchführt. Diese werden seit 1998 getrennt erfasst. Vor 1998 sind diese Veranstaltungen in der Gesamtsumme enthalten. Neben den Kursen gibt es an den Volkshochschulen noch andere Veranstaltungsarten (Einzelveranstaltungen, Studienfahrten, Studienreisen), die in der Tabelle nicht eingeschlossen sind; im Programmbereich Arbeit – Beruf machen diese weniger als 1 % der Unterrichtsstunden aus.

Die in Tabelle B2.2.1-2 ausgewiesene VHS-Weiterbildungsdichte ist definiert als die Unterrichtsstunden in Kursen an VHS pro 1.000 Einwohner/-innen des jeweiligen Versorgungsgebiets auf Länderebene (Datenbasis für Bevölkerungsstand auf Landesebene bis einschließlich Berichtsjahr 2008: 30. Juni des Berichtsjahres; ab Berichtsjahr 2009: 31.  Dezember des dem Berichtsjahr vorhergehenden Jahres). In der Tabelle ist diese Kennzahl jeweils nur auf die Veranstaltungen im Programmbereich Arbeit – Beruf bezogen und nach Landesteilen (alte/neue Bundesländer) differenziert.

Bei der Erhebung der Teilnahmefälle nach Geschlecht wird nicht zwischen offenen Kursen und Auftrags- und Vertragsmaßnahmen differenziert; die Angaben beziehen sich daher auf die Teilnehmenden in den Kursangeboten im Programmbereich Arbeit – Beruf insgesamt. Nicht für alle Teilnahmefälle liegt die Information zum Geschlecht vor. Die Erfassungsquote betrug im Berichtsjahr 2014 83,1 % der Belegungen im Programmbereich Arbeit – Beruf.

Angebot beruflicher Weiterbildung an Volkshochschulen

Gemäß der Statistik umfasste das Kursangebot der Volks­hochschulen an beruflicher Weiterbildung im Jahr 2014 bundesweit gut 60.700 Veranstaltungen (Tabelle B2.2.1- 1). Die Gesamtzahl der Kurse war damit, wie in allen Jahren seit 2007, gegenüber dem Vorjahr rückläufig (zur langfristigen Entwicklung in den Jahren seit 1991 siehe genauer BIBB-Datenreport 2010, S. 307). Während die Anzahl der Kurse um 3,2 % sank, nahmen Unterrichtsstunden und Belegungen gleichermaßen um 5,3 % ab. Wenige Fachgebiete verzeichneten dagegen eine positive Entwicklung, z. B. „kaufmännische Grund- und Fachlehrgänge“ mit einem Zuwachs von 3,6 % bei Kursen und „Organisation/Management“ mit einem entsprechenden Zuwachs von 8,0 %. Das größte Fachgebiet, „IuK-Grundlagen/all­gemeine Anwendungen“, umfasst knapp 47 % der Kurse im Programmbereich; hier gingen die Kurse um 1,3 % auf gut 28.000 zurück.

Auch bei den Auftrags- und Vertragsmaßnahmen sind 2014 Rückgänge zu verzeichnen, und zwar um 4,3 % bei den Kursen, um 5,2 % bei den Unterrichtsstunden und um 6,4 % bei den Belegungen. Inzwischen sind 14,0 % der Kursveranstaltungen, 32,6 % der Unterrichtsstunden und 18,5 % der Belegungen dem Segment der Auftrags- und Vertragsmaßnahmen zuzuordnen – diese Anteile sind gegenüber 2013 relativ stabil geblieben.

Auftrags- und Vertragsmaßnahmen laufen in der Regel deutlich länger als offene Angebote; 2014 beinhaltete eine Auftrags- und Vertragsmaßnahme in der beruflichen Weiterbildung 61,7 Unterrichtsstunden, ein Kurs im offenen Angebot hingegen nur 20,8 Unterrichtsstunden. Der Tendenz nach ist die durchschnittliche Dauer beider Kursformen in den letzten Jahren stetig zurückgegangen.

Im Jahr 2014 umfasste der Programmbereich Arbeit – Beruf 10,3 % der Kurse an Volkshochschulen mit 10,5 % der Unterrichtsstunden und 8,2 % der Belegungen (s.  Huntemann/Reichart 2015, Tabelle 9); der Anteil am Gesamtangebot der Volkshochschulen war in den letzten Jahren jeweils leicht rückläufig.

Tabelle B2.2.1-1: Kursveranstaltungen im Programmbereich Arbeit – Beruf an Volkshochschulen 1991 bis 20141

Weiterbildungsdichte beruflicher Weiter­bildung an Volkshochschulen

Wie Tabelle B2.2.1-2 zeigt, ist das Angebot an beruf­licher Weiterbildung an Volkshochschulen in den alten Ländern über die Jahre sowohl absolut als auch auf die Einwohnerzahl bezogen deutlich größer als in den neuen Ländern (für die Beschreibung der Entwicklung seit 1991 siehe BIBB-Datenreport 2010, Kapitel B2.2.1).

Im Jahr 2014 sind die Unterrichtsstunden in den alten Ländern weiter zurückgegangen (um 5,9 %), in den neuen Ländern sind sie im Vergleich zum Vorjahr um 0,4 % gestiegen. Allerdings ist langfristig ein stärkerer Rückgang in den neuen Ländern zu beobachten – er beträgt seit dem Jahr 2000 in den neuen Ländern 66,1 %, in den alten Ländern 50,4 %.

Die VHS-Weiterbildungsdichte im Programmbereich Arbeit – Beruf betrug 2014 weiterhin 8,9 Unterrichtsstunden pro 1.000 Einwohner/Einwohnerinnen der neuen Länder und 22,7 Unterrichtsstunden pro 1.000 Einwohner/Einwohnerinnen in den alten Ländern. Dort entfiel 2014 mit 34,8 % ein deutlich höherer Anteil der Unterrichtsstunden auf Auftrags- und Vertragsmaß­nahmen als in den neuen Ländern (9,9 %).

 

Tabelle B2.2.1-2: Umfang beruflicher Weiterbildung in den alten und neuen Ländern 1991 bis 2014

Verteilung der Teilnahmefälle an beruflicher Weiterbildung in Volkshochschulen nach Geschlecht

Der Frauenanteil in Kursen der Volkshochschulen liegt insgesamt bei etwa drei Viertel der Teilnahmefälle (seit 1991 zwischen 73,1 % und 75,8 %; vgl. Huntemann/Reichart 2015; Pehl/Reitz 2002; Pädagogische Arbeitsstelle des Deutschen Volkshochschul-Verbandes 1991–1993). Im Programmbereich Arbeit – Beruf ist der Frauenanteil geringer als insgesamt: Im Jahr 2014 erfolgten 65,2 % der Belegungen im Programmbereich Arbeit  – Beruf von Frauen; damit ist ein neuer Höchstwert seit Erfassung des Geschlechts von Kursteilnahmen in diesem Programmbereich erreicht. Seit 1997 lag der Wert über der 60 %-Marke, mit seitdem steigender Tendenz bei leichten Schwankungen.

Die Volkshochschulen sind ein Anbieter, der ein breites berufsbildendes Angebot für die Bevölkerung (z. B. im Bereich der EDV-Kenntnisse) vorhält, aber auch an berufsfachlichen Qualifizierungen beteiligt ist. Dieses Angebot wird auch und insbesondere von Frauen genutzt, die durch ihre geringere Erwerbsbeteiligung seltener Gelegenheit zu beruflich-betrieblicher Weiterbildung haben. Darüber hinaus führen die Volkshochschulen im Rahmen von Auftrags- und Vertragsmaßnahmen auch zielgruppenspezifische Weiterbildung durch, etwa für Arbeitssuchende (vgl. Kapitel B3.1) oder für Beschäftigte von Betrieben (vgl. Kapitel B1.2).

(Elisabeth Reichart, Deutsches Institut für Erwachsenenbildung)

 

  • 277

    Vgl. die online verfügbaren Jahresbände www.die-bonn.de/publikationen/recherche.aspx?schlagwort=volkshochschul-statistik+arbeitsjahr und Pehl/Reitz 1994-2002.

  • 278

    „Informations- und Kommunikationstechnik“: PC-Kurse oder Kurse zum Umgang mit (teils fachspezifischer) Software.

  • 279

    Seit 2014 findet, gefördert durch das BMBF, eine große Revision der VHS-Statistik im Rahmen des Verbunds Weiterbildungsstatistik statt (vgl. Kapitel B2.2.3 und www.die-bonn.de/id/11142). Ziel dieser Revision ist unter anderem, berufsbezogene Veranstaltungen und Angebote in einem neuen Kategoriensystem explizit auszuweisen. Die erste Erhebung nach dem neuen System wird voraussichtlich zum Berichtsjahr 2018 erfolgen.