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Im Berichtsjahr 2017 haben deutlich mehr geflüchtete junge Menschen mithilfe einer Arbeitsagentur oder eines Jobcenters eine duale Ausbildung gesucht als im Vorjahr Tabelle A12.2.2-1. Die Zahl der gemeldeten Bewerber/-innen mit Fluchthintergrund war zum 30.  September 2017 von rund 10.300 Personen im Vorjahr auf rund 26.400 gestiegen (+16.200 bzw. +158%). Der Anteil der Bewerber/-innen mit Fluchthintergrund an allen gemeldeten Ausbildungsstellenbewerbern und -bewerberinnen betrug 2017 damit 4,8% (2,9 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr). Wie bei allen gemeldeten Bewerbern und Bewerberinnen werden nur jene geflüchteten Personen als „Bewerber/-in“ registriert und gezählt, die von der BA für „ausbildungsreif“ befunden wurden, d. h. die sowohl die sprachlichen als auch sonstigen Voraussetzungen für den Beginn einer Ausbildung erfüllen. Wie viele Geflüchtete ohne Unterstützung der Beratungs- und Vermittlungsdienste nach einer Ausbildung gesucht haben, ist nicht bekannt.

Tabelle 12.2.2-1: Merkmale der registrierten Ausbildungsstellenbewerber/-innen der Berichtsjahre 2016 und 2017

Im Durchschnitt sind die gemeldeten Bewerber/-innen mit Fluchthintergrund deutlich älter als die gemeldeten Bewerber/-innen ohne Fluchthintergrund. Mehr als jeder/jede vierte Bewerber/-in im Kontext Fluchtmigration (27,0%) war 25 Jahre und älter. Bei Bewerberinnen und Bewerbern ohne Fluchthintergrund lag dieser Anteil bei nur 6,0%. Passend hierzu zeigt die Ausbildungsmarktstatistik, dass mehr als die Hälfte (55,4%) der im Berichtsjahr 2017 gemeldeten Bewerber/-innen mit Fluchthintergrund bereits im Vorjahr (9,1%), im Vorvorjahr oder früher (46,3%) die allgemeinbildende oder berufliche Schule verlassen hatte. 

Deutliche Unterschiede zwischen Bewerbern und Bewerberinnen mit und ohne Fluchthintergrund zeigen sich auch beim Geschlecht. Der Frauenanteil der geflüchteten Bewerber/-innen lag bei 14,8% im Vergleich zu 41,4% bei Bewerberinnen und Bewerbern ohne Fluchthintergrund. Unterschiede zwischen den beiden Bewerbergruppen waren auch in den formalen Bildungsqualifikationen festzustellen, wenngleich die Angaben zu Schulabschlüssen – wie oben ausgeführt – mit Vorsicht zu interpretieren sind. Der Anteil der geflüchteten Bewerber/-innen, die einen Hauptschul- oder vergleichbaren Abschluss haben, lag bei 35,4% und damit rund 10 Prozentpunkte höher als bei Bewerberinnen und Bewerbern ohne Fluchthintergrund (25,8%). Hingegen hatten Bewerber/-innen ohne Fluchthintergrund mit einem Anteil von 41,6% mehr als doppelt so häufig einen Realschulabschluss als geflüchtete Bewerber/-innen (16,6%). Bei der Hochschulzugangsberechtigung fielen die Unterschiede hingegen geringer aus. Der Anteil der Bewerber/-innen mit Fluchthintergrund, die im Berichtsjahr 2017 über eine Hochschulzugangsberechtigung verfügten, lag bei 23,1% (gegenüber 27,7 % bei Bewerberinnen und Bewerbern ohne Fluchthintergrund) und war im Vergleich zum Vorjahr leicht gestiegen (+ 3,0 Prozentpunkte). Beim Vergleich der Schulabschlüsse und Schulbesuche zwischen gemeldeten Bewerberinnen und Bewerbern mit und ohne Fluchthintergrund ist zu beachten, dass bei Bewerberinnen und Bewerbern mit Fluchthintergrund sehr viel häufiger keine Informationen zum Schulabschluss (2017: 20,6%) bzw. zum Schulbesuch (2017: 13,8%) vorhanden waren als bei Bewerberinnen und Bewerbern ohne Fluchthintergrund (3,5% bzw. 2,1%). 

Vermittlungsstatus der Bewerber/-innen mit Fluchthintergrund

Von den 26.428 bei der BA gemeldeten Bewerbern und Bewerberinnen mit Fluchthintergrund hatten zum Stichtag 30. September 2017 insgesamt 9.475 einen Ausbildungsvertrag abschließen können. Die Quote der Einmündungen von Bewerberinnen und Bewerbern mit Fluchthintergrund in eine (duale) Ausbildung betrug im Berichtsjahr 2017 somit 35,9%. Die Quote der erfolgreich eingemündeten Bewerber/-innen mit Fluchthintergrund fiel damit zwar 2,2 Prozentpunkte höher aus als im Vorjahr, lag aber weiterhin deutlich unter dem Anteil der erfolgreich eingemündeten Bewerber/-innen ohne Fluchthintergrund (49,1%) (vgl. Kapitel A1.3).

Rund jede/-r fünfte Bewerber/-in mit Fluchthintergrund (19,8%) war zum Stichtag 30. September bei der BA noch als suchend gemeldet. Als „noch suchende“ Bewerberinnen und Bewerber zählen Jugendliche, die unversorgt sind (9,0%) und die einen alternativen Verbleib haben, aber dennoch ihren Vermittlungswunsch für das laufende Ausbildungsjahr bei der BA aufrechterhalten (10,8%). Im Vergleich zu noch suchenden Bewerberinnen und Bewerbern ohne Fluchthintergrund mündeten Bewerber/-innen mit Fluchthintergrund deutlich seltener in eine Alternative ein. Gleichzeitig fällt in der Gruppe der Bewerber/-innen mit Fluchthintergrund der Anteil der unbekannt Verbliebenen deutlich höher aus als in der Gruppe der Personen ohne Fluchthintergrund (vgl. Matthes u. a. 2017b, S. 8).

11.718 bzw. 44,3% der Bewerber/-innen mit Fluchthintergrund waren im Berichtsjahr 2017 anderweitig oder unbekannt verblieben und hatten ihren Vermittlungsauftrag beendet. Der BA liegen von insgesamt 4.216 ehemaligen Bewerberinnen und Bewerbern im Kontext von Fluchtmigration Informationen über den Verbleib vor. Die Quote der unbekannt verbliebenen Bewerber/-innen mit Fluchthintergrund betrug 28,4%.

Tabelle A12.2.2-2 zeigt den Verbleibsstatus der Bewerber/-innen mit Fluchthintergrund differenziert nach Geschlecht und Schulabschluss. Hierbei wird deutlich, dass Bewerberinnen mit Fluchthintergrund eine nahezu gleich hohe Einmündungsquote (34,0%) aufweisen wie männliche Bewerber mit Fluchthintergrund (36,2%). Bemerkenswert ist, dass geflüchtete Bewerber/-innen mit Hauptschulabschluss mit 42,2% deutlich häufiger in die duale Berufsausbildung einmündeten als Bewerber/-innen mit allgemeiner Hochschulreife (27,6%). Hingegen ist bei geflüchteten Bewerberinnen und Bewerbern mit allgemeiner Hochschulreife der Anteil unbekannt Verbliebener deutlich höher als bei Bewerberinnen und Bewerbern mit Hauptschulabschluss (36,1% vs. 22,9%).

Von den 9.475 gemeldeten Bewerberinnen und Bewerbern mit Fluchthintergrund, die zum 30. September 2017 in eine Berufsausbildung einmündeten, erhielt der Großteil eine ungeförderte Ausbildungsstelle (95,9%) und lediglich ein kleiner Teil einen geförderten Ausbildungsplatz (4,1%). Tabelle A12.2.2-3 zeigt, dass sich geflüchtete Bewerber/-innen mit alternativem Verbleib zum Stichtag 30. September 2017 am häufigsten in einer Schulbildung befanden (35,6%) oder einer Erwerbstätigkeit nachgingen (32,3%). Rund jeder/jede sechste Bewerber/-in (16,0%) mündete in eine berufsvorbereitende Maßnahme ein. Ferner absolvierten 4,7% ein Praktikum und 4,1% absolvierten ein berufsvorbereitendes Jahr oder verblieben in ihrem bestehenden Ausbildungsverhältnis (3,1%). Mit jeweils weniger als 2% spielten die übrigen Verbleibsarten wie Studium, Praktikum, Berufsgrundbildungsjahr oder gemeinnützige soziale Dienste eine geringere Rolle.

Tabelle A12.2.2-2: Verbleibsstatus der Bewerber/-innen im Kontext Fluchtmigration differenziert nach Geschlecht und Schulabschluss 2017

Tabelle A12.2.2-3: Verbleib der im Berichtsjahr 2017 gemeldeten Bewerber/-innen im Kontext Fluchtmigration (Stichtag: 30. September 2017)

Was genau die Bewerber/-innen mit alternativem Verbleib machen, hängt auch damit zusammen, ob die Bewerber/-innen ihren Vermittlungsauftrag bei der BA aufrechterhalten oder auf weitere Unterstützung verzichten. Demnach gingen Bewerber/-innen, die ihren Vermittlungswunsch nicht aufrechterhalten hatten, öfter einer Erwerbstätigkeit nach (42,6%) als Bewerber/-innen, die weiterhin nach einer Ausbildungsstelle suchten (17,6%). Bewerber/-innen, bei denen der Vermittlungsauftrag weiter bestehen blieb, waren dagegen öfter in eine Fördermaßnahme eingemündet. 20,1% der weiterhin suchenden Bewerber/-innen absolvierten eine Einstiegsqualifizierung (EQ/EQJ), 7,1% eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme und 8,7% ein Praktikum (gegenüber 6,4%, 1,8% und 2,0% der Bewerber/-innen, bei denen der Vermittlungsauftrag abgeschlossen war).

Determinanten für einen erfolgreichen Übergang in Ausbildung

Auswertungen der BA/BIBB-Migrationsstudie 2016 zur Gruppe geflüchteter Bewerber/-innen aus nicht-europäischen Asylzugangsländern zeigen, dass insbesondere praktische Erfahrungen im Betrieb, die Geflüchtete durch eine Einstiegsqualifizierung (EQ), andere Praktika oder Probearbeiten gesammelt hatten, entscheidend dazu beitragen, dass der Übergang in eine betriebliche Ausbildung gelingt. Ferner profitieren geflüchtete Bewerber/-innen von der individuellen Betreuung durch Mentoren bzw. Mentorinnen oder Paten bzw. Patinnen. Dagegen gibt es keine Hinweise darauf, dass die Lage auf dem Ausbildungsstellenmarkt und berufliche Erfahrungen, die Bewerber/-innen bereits im Heimatland sammeln konnten, eine Rolle spielen (vgl. Matthes u.  a. 2018).

Die Analysen weisen außerdem darauf hin, dass sich Bewerber/-innen mit Fluchthintergrund mehr Unterstützung wünschen. Hierbei geht es nicht nur um die Orientierung im deutschen Bildungssystem und die konkrete Vermittlung in Ausbildung. Insbesondere Personen, die noch nicht lange in Deutschland leben, wünschten sich auch eine bessere Unterstützung in alltagspraktischen Anliegen (z. B. bei der Wohnungssuche). Die Angaben der geflüchteten Bewerber/-innen zu Unterstützungsbedarfen sowie ihre Selbstauskünfte zu den Gründen für mangelnden Erfolg bei der Ausbildungsplatzsuche weisen außerdem auf die enorme Bedeutung von kontinuierlicher Sprachförderung hin. Auch jene Geflüchteten, denen ein Übergang in eine Ausbildung gelungen war, äußerten weiterhin großen Unterstützungsbedarf.

BA/BIBB-Migrationsstudie

In Ergänzung zur klassischen BA/BIBB-Bewerberbefragung wurde Ende 2016 in Zusammenarbeit zwischen der Bundesagentur für Arbeit (BA) und dem Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) erstmals die BA/BIBB-Migrationsstudie durchgeführt. Befragt wurde eine Stichprobe von rund 4.000 Jugendlichen nicht deutscher Staatsangehörigkeit, die bei der BA als Bewerber bzw. Bewerberinnen für eine duale oder schulische Ausbildung oder eine Weiterbildung gemeldet waren. Die hier zitierten Analysen fokussieren auf Personen mit Fluchthintergrund und einer Staatsangehörigkeit nichteuropäischer Asylzugangsländer. Für weitere Informationen zur BA/BIBB-Migrationsstudie siehe https://www.bibb.de/de/59586.php.