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In den Jahren 2011 bis 2020 wurden insgesamt 122 Ausbildungsberufe neu geordnet . Darunter waren 118 modernisierte und vier neue Ausbildungsberufe Tabelle A3.2-1. Zum 1. August 2020 sind elf modernisierte Ausbildungsberufe in Kraft getreten. Tabelle A3.2-2.

Tabelle A3.2-1: Anzahl der neuen und modernisierten Ausbildungsberufe 2011 bis 2020

Tabelle A3.2-2: Modernisierte Ausbildungsberufe 2020

Wie in den vergangenen Jahren, war das Neuordnungsgeschehen in hohem Maße von der Digitalisierung und ihren weitreichenden Auswirkungen und Einflüssen auf die Berufswelt geprägt. Zudem wurden einige ältere Ausbildungsordnungen, die z. T. aus den 1990er-Jahren stammten, überarbeitet sowie an die zurzeit gültigen Standards für die strukturelle Gestaltung von Ausbildungsordnungen angepasst. Darüber hinaus sind drei Umbenennungen zu verzeichnen, die den jeweiligen veränderten Berufsbildern Rechnung tragen.

Der kontinuierliche Prozess der Digitalisierung greift besonders in diejenigen Ausbildungsberufe ein, die sich originär mit Informations- und Kommunikationstechnologien befassen. Besonders deutlich sind die Auswirkungen der Digitalisierung am Beispiel der Neuordnung der IT-Berufe zu sehen, die in einem zweistufigen Verfahren modernisiert wurden. Ursprünglich gab es eine Verordnung für die vier Berufe Fachinformatiker/-in, IT-System-Elektroniker/-in, IT-System-Kaufmann/IT-System-Kauffrau sowie Informatikkaufmann/Informatikkauffrau, die aus dem Jahr 1997 stammte und mit über 20 Jahren bereits außergewöhnlich lange in Kraft war.35 2018 wurden im Zuge der Teilnovellierung erste dringende Anpassungen bei der IT-Sicherheit vorgenommen. So war es möglich, dass Unternehmen die durch die Digitalisierung bewirkten gravierenden Veränderungen und neuen Anforderungen bereits in der Berufsausbildung abbilden konnten. Gleichzeitig wurde zur grundlegenden Überarbeitung dieser Berufe ein vollständiges Neuordnungsverfahren durchgeführt, das 2020 abgeschlossen werden konnte. Im Ergebnis sind vier modernisierte Ausbildungsordnungen entstanden, welche die inhaltlichen und strukturellen Veränderungen abbilden. Der Veränderungsbedarf, wenn nicht gar Anpassungsdruck, resultierte aus den sich stark wandelnden Anforderungen in den Bereichen Vernetzung, Internet of Things, Industrie 4.0 und der damit verbundenen Digitalisierung aller Wirtschaftsbereiche.

Dementsprechend war es beispielsweise erforderlich, beim Ausbildungsberuf Fachinformatiker/-in weitere Fachrichtungen einzuführen, sodass nun zwischen vier anstatt wie zuvor nur zwei Fachrichtungen gewählt werden kann. Auch neue Berufsbezeichnungen spiegeln die inhaltlichen Veränderungen wider: Der Ausbildungsberuf Informatikkaufmann/Informatikkauffrau heißt nun Kaufmann/Kauffrau für Digitalisierungsmanagement und der Ausbildungsberuf IT-System-Kaufmann/IT-System-Kauffrau wurde umbenannt in Kaufmann/Kauffrau für IT-System-Management.

Neuordnung von Ausbildungsberufen

Ausgangspunkt einer Neuordnung von Ausbildungsberufen im dualen System auf der Grundlage von § 4 Abs. 1 BBiG und § 25 Abs. 1 HwO ist ein entsprechender Qualifikationsbedarf in der Wirtschaft. Wenn die Inhalte eines Ausbildungsberufs modernisiert werden sollen oder ein neuer Ausbildungsberuf entstehen soll, geht die Initiative hierfür in der Regel von den Fachverbänden, den Spitzenorganisationen der Arbeitgeber, den Gewerkschaften oder vom BIBB aus (BIBB-Datenreport 2017).

Die Klassifikation nach neuen und modernisierten Ausbildungsberufen wird auf die Neuordnungen seit der Intensivierung des Neuordnungsgeschehens 1996 angewandt.

Neu geordnete Ausbildungsberufe

Die Begrifflichkeit „neu geordnet“ bezeichnet den Sachverhalt, dass eine Ausbildungsordnung erlassen wird. Es handelt sich um den Oberbegriff, der sowohl neue als auch modernisierte Ausbildungsberufe sowie bloße Überführungen in Dauerrecht umfasst. Die Merkmale neu bzw. modernisiert werden nicht auf die Berufe für Menschen mit Behinderung (§ 66 BBiG bzw. § 42r HwO) angewandt.

Neue Ausbildungsberufe

Ein Ausbildungsberuf wird dann als neu bezeichnet, wenn mit seiner Ausbildungsordnung kein Vorgängerberuf nach BBiG/HwO aufgehoben wird.

Modernisierte Ausbildungsberufe

Ausbildungsberufe, mit deren Ausbildungsordnung ein Vorgängerberuf aufgehoben wird, gelten als modernisiert. Berichtigungen von Ausbildungsordnungen gelten nicht als Modernisierung (z. B. Schreib- oder Nummerierungsfehler). Vorgängerberufe nach BBiG/HwO sind staatlich anerkannte oder als anerkannt geltende Ausbildungsberufe (siehe Verzeichnis der anerkannten Ausbildungsberufe). Ein Vorgängerberuf wird aufgehoben, wenn die Ausbildungsordnung außer Kraft tritt oder wenn entsprechende Vorschriften zu bisher festgelegten Berufsbildern, Berufsbildungsplänen und Prüfungsanforderungen nicht mehr angewandt werden.

Änderungsverordnungen

Mit Änderungsverordnungen werden in der Regel Veränderungen in der Ausbildungsordnung erlassen, die über eine Berichtigung hinausgehen. Werden einzelne Formulierungen oder Paragrafen geändert, gilt der Beruf nicht als neu oder modernisiert. Bei umfangreichen Anpassungen kann jedoch im Rahmen des Ordnungsverfahrens eine Einordnung als „modernisiert“ erfolgen.

Erprobungsverordnungen

Erprobungsverordnungen werden ausschließlich auf Grundlage von § 6 BBiG bzw. § 27 HwO zeitlich befristet erlassen, um bestimmte Sachverhalte vor einem endgültigen Erlass zu erproben. Bezieht sich die Erprobung auf den gesamten Ausbildungsberuf, wird er in der Statistik als neuer Ausbildungsberuf in Erprobung geführt, wurden Teile eines Ausbildungsberufs (z. B. Prüfungsvorschriften) erprobt, gilt der Beruf als staatlich anerkannter Ausbildungsberuf. Ausbildungsberufe in Erprobung werden mit ihrer Überführung in eine Ausbildungsordnung nach § 4 Abs. 1 BBiG bzw. § 25 Abs. 1 HwO staatlich anerkannt.

Zeitliche Befristungen von Ausbildungsordnungen

Eine zeitlich befristete Ausbildungsordnung tritt zu einem festgelegten Datum außer Kraft. Nach Überprüfung und ggf. Neuausrichtung wird die Befristung durch Änderungsverordnung aufgehoben.

Für Hinweise zur Zuordnung vor 2003 und Inkrafttreten- und Erlassdatum siehe Erläuterung im BIBB-Datenreport 2011, Kapitel A4.1.2.

Des Weiteren wurden die Laborberufe, also Biologielaborant/-in, Chemielaborant/-in und Lacklaborant/-in, per Änderungsverordnung neu geordnet. Die Laborberufe gelten als modernisiert, weil durch die Einführung der zwei neuen Wahlqualifikationen „Digitalisierung in Forschung, Entwicklung, Analytik und Produktion“ sowie „Arbeiten mit vernetzten und automatisierten Systemen“ gravierende inhaltliche Veränderungen vorgenommen wurden. Bereits den Bezeichnungen der Wahlqualifikationen lässt sich entnehmen, dass mit dieser Maßnahme das Ziel verfolgt wird, während der Berufsausbildung digitale Kompetenzen aufzubauen.

Auch bei den Neuordnungen im kaufmännischen Bereich sind die Einflüsse der Digitalisierung unübersehbar. Zwar sind die Tätigkeiten von Bankkaufleuten seit Jahrzehnten digital geprägt, doch beschleunigt die Digitalisierung die Veränderung von Arbeitsformen und Geschäftsprozesse noch einmal grundlegend. Ähnlich verhält es sich bei den ehemaligen Kaufleuten im Groß- und Außenhandel: Digitale Vernetzung von Wertschöpfungsketten, die Möglichkeiten des Vertriebskanals Internet sowie die Digitalisierung von Geschäftsprozessen haben die beruflichen Anforderungen verändert. Im Zuge der Modernisierung wurde die Berufsbezeichnung in „Kaufmann für Groß- und Außenhandelsmanagement/Kauffrau für Groß- und Außenhandelsmanagement“ geändert, was widerspiegelt, dass den Auszubildenden in Zukunft stärker als bisher Fähigkeiten im Management vermittelt werden sollen.

Ergänzend sei an dieser Stelle angemerkt, dass die Erprobungsverordnung für den Ausbildungsberuf Kaufmann/Kauffrau für Büromanagement von 2013 bis 2025 verlängert wurde. Ziel der Erprobungsverordnung von 2013, die zeitgleich mit dem neu geschaffenen Ausbildungsberuf in Kraft trat, war zum einen festzustellen, ob die Durchführung der Abschlussprüfung in zwei zeitlich auseinanderfallenden Teilen, besser bekannt als „gestreckte Abschlussprüfung“, für diesen Beruf die geeignete Prüfungsform ist. Zum anderen sollten Struktur, Inhalt und Gewichtung der Prüfungsteile sowie die Durchführung und Prüfung der Zusatzqualifikation erprobt werden.

Für das Jahr 2021 wurde bereits die Ausbildungsordnung für den modernisierten Ausbildungsberuf Fahrzeuginnenausstatter/-in veröffentlicht, der mit dem Inkrafttreten zum 1. August 2021 in Fahrzeuginterieur-Mechaniker/-in unbenannt wird.

Darüber hinaus treten 2021 folgende modernisierte Ausbildungsberufe in Kraft (Stand 8. Juni 2021):36

  • Elektroniker/-in für Maschinen und Antriebstechnik nach dem Berufsbildungsgesetz
  • Elektroniker/-in für Maschinen und Antriebstechnik nach der Handwerksordnung
  • Elektroniker/-in
  • Friseur/Friseurin
  • Informationselektroniker/-in

Auch die Neuordnung des Brauers und Mälzers/der Brauerin und Mälzerin wird voraussichtlich in diesem Jahr abgeschlossen. Mit dem „Elektroniker für Gebäudesystemintegration/der Elektronikerin für Gebäudesystemintegration“ wird außerdem ein neuer Ausbildungsberuf geschaffen.

(Petra Steiner)