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Die Berufsbildungsstatistik der statistischen Ämter des Bundes und der Länder (kurz: Berufsbildungsstatistik) ist eine jährliche Totalerhebung von Daten zur dualen Berufsausbildung nach BBiG bzw. HwO. Erfassungszeitraum ist jeweils das Kalenderjahr, wobei einige Zählgrößen (Auszubildendenbestand, teilweise Neuabschlüsse) auch stichtagsbezogen (31. Dezember) ermittelt werden (bzw. bis 2006 gemeldet wurden). Seit 1977 wird sie als Bundesstatistik durchgeführt, Vorläufererhebungen erfolgten bereits früher (zur Entwicklung der Erhebung seit den 1950er-Jahren vgl. Werner 2000 und Uhly 2018). Die Berufsbildungsstatistik erhebt verschiedene Teildatensätze („Satzarten“). Kapitel A5 basiert größtenteils auf Satzart 1, welche die Auszubildendendaten bzw. (genauer formuliert) die Daten zu den Ausbildungsverträgen (inklusive Abschlussprüfungen der Auszubildenden) umfasst. Kapitel A5.9 enthält auch Analysen auf Basis der Daten der Satzarten 3 (Ausbilder/-innen) und 4 (Ausbildungsberater/-innen) der Berufsbildungsstatistik.59

Die Berufsbildungsstatistik umfasst ausschließlich die dualen Ausbildungsberufe nach BBiG bzw. HwO. Zu diesen werden die staatlich anerkannten Ausbildungsberufe nach § 4 Abs. 1 BBiG bzw. § 25 Abs. 1 HwO, die ehemaligen dualen Ausbildungsberufe in Erprobung nach § 6 BBiG60 bzw. § 27 HwO und die Berufe nach Ausbildungsregelungen für Menschen mit Behinderung nach § 66 BBiG bzw. § 42m HwO61 gezählt. Bis zum Berichtsjahr 2007 wurde auch der Ausbildungsberuf „Schiffsmechaniker/-in“ erfasst, obwohl er nicht nach BBiG geregelt ist (aber als ein „vergleichbar betrieblicher Ausbildungsgang“ gilt). Seit 2008 wird er für die Berufsbildungsstatistik nicht mehr gemeldet.62 Beamtenausbildungen und sogenannte vollzeitschulische Berufsausbildungen sowie sonstige Berufsausbildungen, die nicht nach BBiG bzw. HwO geregelt sind, werden nicht erfasst. Ebenfalls nicht einbezogen sind betriebliche Umschulungen nach BBiG/HwO; auch dann nicht, wenn sie betrieblich erfolgen.

Gesetzliche Grundlage für den Datenstand der folgenden Analysen sind § 87 und § 88 BBiG in der Fassung, die bis zum 31.12.2019 gültig war. Gemäß § 88 BBiG werden die Daten der Berufsbildungsstatistik durch die statistischen Ämter des Bundes und der Länder bei den zuständigen Stellen erhoben und an das BIBB zum Zwecke der Erstellung des Berufsbildungsberichts (bzw. des Datenreports) und der Durchführung der Berufsbildungsforschung übermittelt.

Mit Artikel 2a des Berufsbildungsreformgesetzes (BerBiRefG) vom 23. März 2005 (vgl. Bundesgesetzblatt 2005, S. 931) wurde 2007 die frühere Aggregatdatenerhebung auf eine vertragsbezogene Einzeldatenerfassung umgestellt und erhielt einen ausgeweiteten Merkmalskatalog. Für jeden Ausbildungsvertrag, der in das von der zuständigen Stelle geführte Verzeichnis eingetragen ist, wird ein Datensatz mit den in § 88 BBiG festgelegten Merkmalen erstellt.63 Seit dieser Einzeldatenerfassung können für Analysen die erhobenen Merkmale frei kombiniert werden, wodurch die Analysemöglichkeiten erheblich erweitert werden konnten (vgl. Uhly 2018; Uhly 2015, S. 24ff. und Uhly 2006).

Neuerungen, die mit dem Berufsbildungsmodernisierungsgesetz (BBiMoG) vom 12.12.2019 (in Kraft seit dem 01.01.2020) erfolgten, gelten aufgrund der Übergangsregelungen (siehe § 106 BBiG in der Fassung ab 01.01.2020) überwiegend erst ab dem Berichtsjahr 2021; siehe hierzu auch Uhly 2020d.64

Eine Analyse des Auszubildendenbestandes erfolgt in Kapitel A5.2. Die 2007 neu eingeführten Merkmale65 werden im Folgenden überwiegend auf Basis der Neuabschlusszahlen betrachtet (Kapitel A5.3, A5.5.1 und A5.5.2). Auch eine Analyse der berufsstrukturellen Entwicklungen wird auf Basis der Neuabschlusszahlen der Berufsbildungsstatistik vorgenommen (Kapitel A5.4). Weitreichende Verbesserungen durch die Revision der Berufsbildungsstatistik seit dem Berichtsjahr 2007 bestehen auch darin, dass Ausbildungsanfänger und -anfängerinnen von anderen Arten von Neuabschlüssen abgegrenzt (Kapitel A5.3), dass Verlaufsaspekte der dualen Berufsausbildung differenzierter betrachtet (Kapitel A5.6 und A5.7) und die Analyse des Alters der Auszubildenden sowie der Ausbildungsbeteiligung der Jugendlichen verbessert und erweitert werden konnten (Kapitel A5.8).

Die Daten der Berufsbildungsstatistik stellen eine sehr gute Datenbasis für die Analyse vieler Aspekte der dualen Berufsausbildung (BBiG/HwO) dar. Zudem können auf Basis der Totalerhebung tiefgegliederte berufliche, regionale und personengruppenbezogene Differenzierungen vorgenommen werden. Dennoch müssen einige Einschränkungen beachtet werden. Vollständige Ausbildungsverläufe innerhalb der dualen Berufsausbildung können auf Basis der Berufsbildungsstatistik nicht abgebildet werden (vgl. Uhly 2020b; Uhly 2015, S. 75). Die Berufsbildungsstatistik ist keine Individualdatenerhebung mit Verlaufsdaten, sondern eine vertragsbezogene Einzeldatenerfassung (bezüglich der Satzart 1 wird je Ausbildungsvertrag ein Datensatz erhoben). Die Daten zu den Ausbildungsverträgen von Auszubildenden, die im Laufe ihrer Bildungsbiografie mehrere Verträge im dualen System abschließen, können nicht miteinander verknüpft werden. Ebenso können Datenmeldungen aus verschiedenen Berichtsjahren zum gleichen Ausbildungsvertrag nicht verknüpft werden. Deshalb ist beispielsweise der weitere Ausbildungsverlauf nach einer Vertragslösung nicht nachvollziehbar (Abbruch oder Vertragswechsel, Betriebs- und/oder Berufswechsel?); bei Anschlussverträgen ist auch nicht ersichtlich, in welchem zweijährigen Ausbildungsberuf zuvor die Ausbildung absolviert wurde. Zudem kann die Ausbildungsdauer aufgrund der fehlenden Verknüpfungsmöglichkeit nur für diejenigen ermittelt werden, die im Laufe der dualen Berufsausbildung nur einen Ausbildungsvertrag abgeschlossen haben. Außerdem treten einige Auszubildende nie die Abschlussprüfung an bzw. nehmen nicht alle Prüfungsmöglichkeiten wahr; deren Ausscheiden aus dem dualen System wird nicht erfasst, wenn sie den Vertrag nicht vorzeitig lösen. Eine Chance für die Verbesserung der Analysemöglichkeiten von Ausbildungsverläufen innerhalb des dualen Systems und darüber hinaus kann ein Bildungsregister inklusive Verlaufsdaten (vgl. Uhly 2020b, S. 54f.) bieten. Derzeit prüft die Bundesregierung die Möglichkeiten der Registermodernisierung. Zu einer Machbarkeitsstudie der statistischen Ämter siehe Gawronski 2020. In den nachfolgenden Kapiteln wird auf die Problematik fehlender Verlaufsdaten verwiesen, wenn diese für die jeweilige Fragestellung besondere Relevanz hat.

Hinsichtlich der Analyse von Zeitreihen ist zu beachten, dass aufgrund von anfänglichen Umsetzungsproblemen der Datenmeldungen nach der Revision der Berufsbildungsstatistik Daten zu Vertragslösungen und Prüfungen für das Berichtsjahr 2007 nicht vorliegen.66 Bei den 2007 neu eingeführten Merkmalen der Berufsbildungsstatistik ist zudem in den ersten Jahren größere Vorsicht bei der Interpretation geboten. Außerdem ist aufgrund der weitreichenden erhebungstechnischen Umstellung der Vergleich der Daten ab 2007 mit denen der Vorjahre nicht uneingeschränkt möglich.

Als Ergänzung zum BIBB-Datenreport stellt das BIBB die Auszubildendendaten der Berufsbildungsstatistik (Satzart 1) auch im Online-Datensystem Auszubildende (DAZUBI)67 bereit. Dort können Daten, Berechnungen und ergänzende Berufsmerkmale für die einzelnen Ausbildungsberufe und Bundesländer abgerufen werden. Ein Datenabruf kann in verschiedener Weise erfolgen; als Datenblätter, die einen Überblick über verschiedene Merkmale und Jahre geben, oder als vollständige Zeitreihen ab dem Berichtsjahr 1993 zu jeweils einem Merkmal der Berufsbildungsstatistik. Außerdem können dort auch Listen stark besetzter Berufe nach verschiedenen Merkmalen erzeugt werden. Zur Erhebung, den Daten und Berechnungen, Berufsgruppierungen und Besonderheiten in einzelnen Berichtsjahren liegen in DAZUBI zudem umfangreiche Erläuterungen vor. Um Datenschutz zu gewährleisten, veröffentlicht das BIBB alle Daten (Absolutwerte) der Berufsbildungsstatistik nur als gerundete Werte (Vielfaches von 3; der Datenfehler beträgt dadurch je ausgewiesener Zahl maximal 1); detaillierte Erläuterungen siehe Uhly 2020d.

(Alexandra Uhly, Stephan Kroll)

  • 59

    Außerdem wird die Satzart 2 „Sonstige Prüfungen“ (Fortbildungs-, Externen- und Umschulungsprüfungen) erhoben. Die Analyse der Fortbildungsprüfungen erfolgt in Kapitel C2.1.2, die Externenzulassungen werden neben den Abschlussprüfungen der Satzart 1 in Kapitel A5.7 betrachtet.

  • 60

    Seit 2014 wird auf der Grundlage einer Verfahrensabsprache zwischen BMBF, BMWi und BIBB auf die Erprobung neuer Ausbildungsberufe verzichtet. Mit dem Berufsbildungsmodernisierungsgesetz vom 12.12.2019 wird diese Regelung auch gesetzlich verankert; siehe Änderung von § 6 BBiG, in Kraft seit dem 01.01.2020 (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung – Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung und Stärkung der beruflichen Bildung, Deutscher Bundestag, Drucksache 19/10815 vom 11.06.2019, S. 54f.).

  • 61

    Seit 2020 § 42r HwO.

  • 62

    Die Zahl der Auszubildenden im Beruf „Schiffsmechaniker/-in“ ist sehr gering. Da dies der einzige Ausbildungsberuf im Bereich der Seeschifffahrt ist, werden seit dem Berichtsjahr 2008 keine Ausbildungsdaten der Seeschifffahrt im Rahmen der Berufsbildungsstatistik erhoben. Die BIBB-Erhebung über neu abgeschlossene Ausbildungsverträge zum 30.09. erfasst die Neuabschlüsse in der Seeschifffahrt weiterhin.

  • 63

    Neben den dort genannten Variablen wird auch das vertraglich vereinbarte Ende des Ausbildungsverhältnisses erhoben. Die Merkmale „Probezeit“, „Ausbildungsjahr“ und „Anschlussvertrag“ wurden für die Berichtsjahre 2007 bis 2015 nicht gemeldet, sondern von den statistischen Ämtern auf Basis von Berufsinformationen und anderer gemeldeter Variablen ermittelt bzw. die Probezeit wurde generell mit vier Monaten veranschlagt. Seit dem Berichtsjahr 2016 werden auch diese Merkmale von den zuständigen Stellen gemeldet. Der Wirtschaftszweig (WZ) des Ausbildungsbetriebs wird derzeit vom Handwerk nicht gemeldet.

  • 64

    Mit dem BBiMoG wurden auch Neuerungen/Änderungen der Berufsbildungsstatistik eingeführt, die mit den Berichtsjahren 2020 (Erhebung der Ausbildungsvergütung; Aufgabe der Satzarten 4 [Ausbildungsberater/-innen] und 5 [betriebliche Berufsausbildungsvorbereitung]) bzw. 2021 (neu eingeführte Variablen: z. B. „vorheriges Studium“, „ausbildungsintegrierendes duales Studium“, „Wohnort der Auszubildenden“; bestehende Variablen werden außerdem teilweise modifiziert) wirksam werden.

  • 65

    Die Merkmale „Teilzeitberufsausbildung“, „Finanzierungsart“ (überwiegend öffentliche vs. betriebliche Finanzierung), „vorherige Berufsausbildung der Auszubildenden“, „Anschlussverträge“ und die „Abkürzung des Ausbildungsvertrages“ sowie „Monat und Jahr ausbildungsrelevanter Ereignisse“ (Beginn, Lösung, Prüfung, Ende) fließen in Kapitel A5.3 ein; der höchste allgemeinbildende Schulabschluss ist Gegenstand von Kapitel A5.5.1, die vorherige Grundbildung und Berufsvorbereitung von Kapitel A5.5.2. Der seit dem Berichtsjahr 2007 erhobene Wirtschaftszweig der Ausbildungsstätte kann aufgrund der fehlenden Angaben aus dem Handwerk bislang nicht in die Analysen einbezogen werden. Der Ort der Ausbildungsstätte wird seit 2007 erfasst, erscheint in den folgenden Analysen auf Basis der Berufsbildungsstatistik jedoch nicht, da aufgrund einer Kompetenzaufteilung mit den statistischen Landesämtern bei deskriptiven Analysen des BIBB auf Basis der Berufsbildungsstatistik auf tiefer gegliederte Regionalanalysen verzichtet wird (bei multivariaten Modellen werden Regionalvariablen allerdings aufgenommen).

  • 66

    Zu Datenauffälligkeiten auch in anderen Berichtsjahren siehe https://www.bibb.de/dokumente/pdf/dazubi_berichtsjahre.pdf.

  • 67

    Siehe https://www.bibb.de/dazubi.