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Berufliche Ausbildung leistet einen wesentlichen Beitrag zur Integration ins Erwerbsleben und zur Sicherung der Zukunftschancen junger Menschen. Ein erfolgreicher Einstieg in die Arbeitswelt ist eine grundlegende Voraussetzung zur Realisierung individueller Berufs- und Arbeitschancen. Diese „zweite Schwelle“ markiert die Schnittstelle zwischen Berufsausbildung und Arbeitsmarkt, an der entscheidende Weichen für den späteren Berufsverlauf gestellt werden. Die Phase des Übergangs vom Ausbildungs- in das Beschäftigungssystem verläuft jedoch nicht für alle Ausbildungsabsolventinnen und Ausbildungsabsolventen reibungslos. Vielmehr kann sie von Brüchen und Unwägbarkeiten begleitet sein.

Der folgende Abschnitt analysiert aus Perspektive der Ausbildungsabsolventinnen und -absolventen die berufliche Übergangsphase junger Menschen mit dualer Ausbildung. Anhand der Beschäftigungsstatistik der BA wird dargestellt, wie groß der Anteil der erfassten Ausbildungsabsolventen/-absolventinnen ist, die sich unmittelbar nach der Ausbildung arbeitslos melden. Im Gegensatz dazu steht bei der Analyse mit dem IAB-Betriebspanel (Kapitel A10.1.1) die Sicht der Betriebe im Mittelpunkt.

Über die Zahl der Personen, die sich direkt nach einer dualen Ausbildung arbeitslos meldeten, wird im Datenreport jährlich Bericht erstattet. Die Angaben der BA zur Arbeitslosigkeit beziehen sich dabei auf den Zeitpunkt unmittelbar nach der Ausbildung, unabhängig von der Dauer der Arbeitslosigkeit. Das Auftreten einer ersten Arbeitslosigkeitsphase bereits zu diesem Zeitpunkt ist bedeutend für den Übergang ins Berufsleben. Denn wie Seibert/Wydra-Somaggio (2017) feststellen, erzielen Absolventinnen und Absolventen einer betrieblichen Ausbildung, die nach ihrem Abschluss zunächst arbeitslos sind, ein niedrigeres Einstiegsgehalt als junge Fachkräfte mit einem nahtlosen Berufseinstieg. Dies gilt auch unter Berücksichtigung weiterer Faktoren wie des erlernten und ausgeübten Berufs oder des Wirtschaftszweigs des Einstiegsbetriebes.

Die Anzahl der Ausbildungsabsolventinnen und Ausbildungsabsolventen entstammt der Berufsbildungsstatistik der statistischen Ämter des Bundes und der Länder (Kapitel A5.8). Die so berechneten Quoten unterscheiden sich erheblich von der allgemeinen Erwerbslosenquote junger Menschen mit einer abgeschlossenen dualen Ausbildung (Kapitel A10.1.3).

Im Jahr 2019 meldeten sich nach Hochrechnungen, die auf Angaben der BA basieren, rund 90.000 Personen nach abgeschlossener dualer Ausbildung arbeitslos232 Tabelle A10.1.2-1 Internet. Im Verhältnis zur Gesamtzahl der Absolventen/Absolventinnen einer dualen Ausbildung (rund 383.000 Personen) ergibt sich eine Arbeitslosenquote von 23,4%. Die Arbeitslosenquote ist 2019 im Vergleich zum Vorjahr (24,6%) um 1,2 Prozentpunkte erneut gesunken. Damit ging die Arbeitslosigkeit seit 2009, als die Arbeitslosenquote 15 Prozentpunkte höher war, fast kontinuierlich zurück.

Die Arbeitslosenquote im unmittelbaren Anschluss an die Ausbildung, die Sucharbeitslosigkeit einschließt,233 variierte weiterhin zwischen westdeutschen und ostdeutschen Ländern Schaubild A10.1.2-1. Diese Quote war in den ostdeutschen Ländern fast 5 Prozentpunkte höher als in den westdeutschen (27,5% zu 22,8%). Die Differenz zwischen westdeutschen und ostdeutschen Ländern ging im Vergleich zum Vorjahr um 1,3 Prozentpunkte zurück. Der Anteil der Arbeitslosen 2019 sank in den westdeutschen Ländern im Vergleich zu 2018 um einen Prozentpunkt, in den ostdeutschen Ländern ging er um 2,3 Prozentpunkte zurück (2018: Ost 29,8%, West 23,8%). Seit 2009, als diese Differenz über 20 Prozentpunkte betrug, ist der Unterschied zwischen west- und ostdeutscher Arbeitslosenquote sehr deutlich und relativ kontinuierlich gesunken, sodass eine Angleichung mittelfristig möglich erscheint.

2019 ist bei jungen Frauen (2018: 27,7%, 2019: 26,3%) die Arbeitslosenquote im Bundesgebiet ein wenig stärker gesunken als bei jungen Männern (2018: 22,5%, 2019: 21,4%) Schaubild A10.1.2-1. Die Arbeitslosenquoten junger Frauen war knapp 5 Prozentpunkte höher als die der jungen Männer. Seit 2011 lag diese Differenz zwischen ca. vier und fast sechs Prozentpunkten. In den Jahren davor war der Unterschied geringer, da stark männlich besetzte Branchen in größerem Ausmaß von der Weltwirtschaftskrise betroffen waren. Im Gegensatz zu den Ost-West-Unterschieden erscheinen die Differenzen zwischen weiblichen und männlichen Fachkräften als relativ konstant.

Schaubild A10.1.2-1: Arbeitslosenquote nach erfolgreich beendeter dualer Ausbildung in Deutschland nach Geschlecht und Region 2009 bis 2019 (in %)

Im Jahr 2019 waren in den westdeutschen Ländern 20,9% (2018: 21,8%) der jungen Männer und 25,5% (2018: 26,8%) der jungen Frauen nach dem dualen Ausbildungsabschluss arbeitslos. In den ostdeutschen Ländern waren es 24,6% der jungen Männer (2018: 26,9%) und 32,2% der jungen Frauen (2018: 34,3%). Damit fiel der Rückgang der Arbeitslosenquoten bei weiblichen Fachkräften in Ostdeutschland sogar etwas geringer aus als bei männlichen Fachkräften Tabelle A10.1.2-1 Internet.

Insgesamt hat sich die Situation 2019 im Vergleich zum Vorjahr ein weiteres Mal leicht verbessert. In Ostdeutschland ging die Arbeitslosigkeit etwas stärker zurück als in Westdeutschland. Die Anteile der Arbeitslosigkeit junger Fachkräfte in Ost und West, die sich in den letzten Jahren deutlich angenähert haben, verblieben in den ostdeutschen Ländern weiterhin auf einem etwas höheren Niveau. Der Abstand der Arbeitslosenquoten der weiblichen und männlichen Fachkräfte war im Vergleich zu 2018 kaum gesunken, die Arbeitslosenquoten der jungen Frauen blieben höher als die der jungen Männer. Die Differenzen zwischen den Arbeitslosenquoten im Vergleich von Ost- und Westdeutschland glichen sich tendenziell an, die entsprechenden Unterschiede zwischen jungen Frauen und Männern schwankten etwas, stagnierten aber seit 2012 um einen Wert von etwa fünf Prozentpunkten.

Da die Arbeitslosenquote unmittelbar nach der Ausbildung nur einen kurzen Zeitpunkt abbildet, ist eine zeitlich umfassendere Analyse der Situation junger Fachkräfte am Arbeitsmarkt sinnvoll. Diese wird im folgenden Kapitel vorgenommen.

(Ralf Dorau)

  • 232

    Zwischen außerbetrieblicher und betrieblicher Ausbildung kann im Datensatz der BA nicht unterschieden werden.

  • 233

    Daher ist davon auszugehen, dass die Arbeitslosenquote im ersten Jahr nach der Ausbildung stark sinkt (vgl. auch Dorau/Höhns 2006).