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Die berufliche Fortbildung gehört zur Berufsbildung im Sinne des BBiG bzw. der HwO. Eine Fortbildungsprüfung nach BBiG/HwO wird in der Regel nach einer dualen Berufsausbildung und einschlägiger, meist mehrjähriger Berufserfahrung abgelegt. Aufgabe der beruflichen Fortbildung ist nach § 1 Abs. 4 BBiG, die beruflichen Kenntnisse und Fertigkeiten zu erhalten, zu erweitern, der technischen Entwicklung anzupassen (Anpassungsfortbildung) oder den beruflichen Aufstieg zu ermöglichen (Aufstiegsfortbildung).305 Der Bund kann nach § 53 BBiG bzw. § 42 HwO für die berufliche Aufstiegsfortbildung sogenannte Fortbildungsordnungen erlassen. Sie schaffen eine bundesweit einheitliche Grundlage hinsichtlich der zu vermittelnden Inhalte sowie der Prüfungsbestimmungen für staatlich anerkannte Fortbildungsabschlüsse. Sind bundeseinheitliche Reglungen nicht erlassen, können die zuständigen Stellen (Kammern) nach § 54 BBiG bzw. § 42a HwO selbst Fortbildungsprüfungsregelungen für ihren regionalen Zuständigkeitsbereich festlegen. Derzeit bestehen 220 Rechtsverordnungen des Bundes; 746 Fortbildungsberufe werden durch Rechtsvorschriften zuständiger Stellen geregelt (Kapitel C2.1.1).

Nach § 6 Ausbilder-Eignungsverordnung (AEVO)306 gelten Personen, die durch eine Meisterprüfung oder eine andere Prüfung der beruflichen Fortbildung nach BBiG/HwO ihre berufs- und arbeitspädagogische Eignung nachgewiesen haben, als berufs- und arbeitspädagogisch geeignet, um in anerkannten Ausbildungsberufen nach BBiG/HwO auszubilden (Kapitel A5.9).

Berichtet werden nachfolgend ausgewählte Ergebnisse der Berufsbildungsstatistik der statistischen Ämter des Bundes und der Länder (vgl. Statistisches Bundesamt 2020e). Die Statistik erfasst u. a. sämtliche nach BBiG bzw. HwO abgelegten Prüfungen in bundeseinheitlich durch Rechtsverordnung geregelten Fortbildungsberufen sowie derjenigen nach Fortbildungsregelungen der zuständigen Stellen. Ebenfalls zu den Fortbildungsprüfungen zählen die durchgeführten Meisterprüfungen in den jeweiligen Ausbildungsbereichen.307

Berufsbildungsstatistik

Die Berufsbildungsstatistik der statistischen Ämter des Bundes und der Länder (kurz: Berufsbildungsstatistik) erhebt jährlich u. a. die Teilnahmen und den Prüfungserfolg an Fortbildungsprüfungen nach BBiG/HwO. Die Statistik ist eine Vollerhebung, für die Auskunftspflicht besteht. Differenzierungsmerkmale sind das Geschlecht, der Ausbildungsbereich, der Prüfungserfolg, der Fortbildungsberuf, das Geburtsjahr der Teilnehmenden sowie regionale Merkmale. Die zuständigen Stellen melden die während des Kalenderjahres (Berichtsjahr ist das Kalenderjahr, Stichtag ist der 31. Dezember) bei ihnen abgelegten Fortbildungsprüfungen (inkl. Meisterprüfungen). Bei Fortbildungsprüfungen, die aus mehreren Teilen (z. B. Kursen, Modulen) bestehen, werden Prüfungen und Teilnehmer/-innen erst erfasst, wenn es sich um die letzte Stufe handelt, nach deren erfolgreichem Abschluss die neue Berufsbezeichnung geführt werden darf. Gezählt werden auch jene Prüfungen, die nicht erfolgreich bestanden wurden, sofern keine weitere Wiederholungsmöglichkeit besteht. Es wird zudem erfasst, ob es sich bei der jeweiligen Prüfung um eine Wiederholungsprüfung handelt oder nicht. Der Prüfungserfolg wird danach unterschieden, ob die Prüfung bestanden oder nicht bestanden wurde.

Im Zeitraum von 1992 bis 2006 ging die Zahl der bestandenen Fortbildungsprüfungen nach BBiG/HwO von 132.424 auf 96.526 Prüfungen (-27,1%) zurück.308 Der Rückgang fiel für Männer (-29,1%) deutlich stärker aus als für Frauen (-22,9%).309 Dieser Abwärtstrend setzte sich in den darauffolgenden Jahren zunächst nicht weiter fort: 2011 bis 2013 wurden jeweils wieder über 100.000 bestandene Fortbildungsprüfungen registriert. Im Jahr 2012 wurde mit 102.987 ein Höchststand erreicht. Seitdem ist wieder eine kontinuierliche Verringerung der Zahl der bestandenen Fortbildungsprüfungen erkennbar Schaubild C2.1.2-1.

Im Berichtsjahr 2019 haben 90.276 Teilnehmer und Teilnehmerinnen eine Fortbildungsprüfung erfolgreich bestanden Tabelle C2.1.2-1 (für eine lange Zeitreihe Tabelle C2.1.2-2 Internet). Die Zahl der bestandenen Fortbildungsprüfungen war damit weiter rückläufig (-762 Prüfungen, -0,8%); gegenüber dem vorangegangenen Jahreszeitraum (2018 vs. 2017: -3.174 Prüfungen, -3,4%) und auch den unmittelbaren Jahren davor, fiel der Rückgang allerdings geringer aus. Insgesamt wurden 108.861 Teilnahmen an Fortbildungsprüfungen erfasst, 63 Teilnahmen weniger als im Vorjahr (-0,1%). Die Prüfungserfolgsquote lag 2019 bei 82,9% und damit leicht unter der Vorjahresquote (83,6%). Seit 2012 (86,9%) ging sie damit stetig leicht zurück. Männer schnitten 2019 wieder etwas erfolgreicher ab (83,7%) als Frauen (81,4%). Die insgesamt höheren Erfolgsquoten von Männern sind durchgängig seit 1992 zu beobachten.

Schaubild C2.1.2-1: Entwicklung der bestandenen Fortbildungsprüfungen nach BBiG/HwO 1992 bis 2019 nach Geschlecht

Tabelle C2.1.2-1: Teilnahmen an Fortbildungsprüfungen und bestandene Prüfungen nach BBiG/HwO 2009 bis 2019 nach Ausbildungsbereichen und Geschlecht (Teil 1)

Tabelle C2.1.2-1: Teilnahmen an Fortbildungsprüfungen und bestandene Prüfungen nach BBiG/HwO 2009 bis 2019 nach Ausbildungsbereichen und Geschlecht (Teil 2)

Die meisten Fortbildungsprüfungen wurden weiterhin in den Ausbildungsbereichen Industrie und Handel sowie im Handwerk durchgeführt. Im Bereich Industrie und Handel erhöhte sich die Zahl der Teilnahmen gegenüber dem Vorjahr um 1,0% (621) auf 60.132. Die Zahl der bestandenen Prüfungen ging um 0,1% (-30) leicht zurück und lag bei 43.635. Im Zeitraum von 2009 bis 2015 waren die Zahlen der bestandenen Prüfungen kontinuierlich gestiegen, seitdem gehen sie wieder zurück. Im Handwerk verringerte sich die Zahl der Fortbildungsprüfungen um 0,8% (-315) auf 38.022. Die bestandenen Prüfungen gingen ebenfalls um 1,0% (-375) auf 37.128 zurück. Im Bereich des öffentlichen Dienstes gab es gegenüber dem vorangegangenen Jahr einen weiteren Anstieg sowohl der Teilnahmezahl (+63 bzw. 2,1%) als auch der Zahl der bestandenen Prüfungen (+114 bzw. 4,2%). Insgesamt ist hier im Zeitverlauf seit 2009 ein wachsender Trend zu erkennen. In den freien Berufen gingen die Prüfungsteilnahmen um 5,8% (-327) zurück. Die Zahl der bestandenen Prüfungen verringerte sich ebenfalls um 7,3% (-360). Der in den letzten Jahren zu beobachtende Trend zu steigenden Zahlen setzte sich damit in diesem Bereich vorerst nicht weiter fort. Für den volumenmäßig kleinsten Bereich der Hauswirtschaft sind ebenfalls sinkende Zahlen zu vermelden, wobei hier die prozentualen Veränderungen im Vergleich zum Vorjahr am stärksten ausfielen: So sank die Zahl der Prüfungen um 108; was bei einer Vorjahresgröße von 231 Teilnahmen einer Verringerung um 46,8% entspricht. Die Zahl der bestandenen Prüfungen ging um 96 und damit um -49,2% zurück. Geringe Veränderungen, absolut wie relativ, zeigen sich für den Bereich Landwirtschaft (+0,3% Prüfungsteilnahmen; -0,7% erfolgreiche Prüfungen).

Die Prüfungserfolgsquote im Bereich Industrie und Handel lag 2019 bei 72,6%. In diesem Bereich wurde die bislang höchste Erfolgsquote mit 78,7% im Berichtsjahr 2012 erreicht, seitdem ist eine kontinuierliche Verringerung erkennbar. Im Handwerk wurde mit einem Wert von 97,6% im Vergleich zu allen anderen Ausbildungsbereichen erneut die höchste Prüfungserfolgsquote erreicht.

Nach Fachrichtungen differenziert zeigt sich eine Dominanz kaufmännischer Fortbildungsberufe Tabelle C2.1.2-3. Im Jahr 2019 qualifizierten 46.248 der 90.276 bestandenen Prüfungen (51,2%) für einen kaufmännischen Beruf (1992 lag der Anteil noch bei 40%). Unter den bestandenen kaufmännischen Prüfungen waren vor allem Fachwirte und Fachwirtinnen (25.029 Abschlüsse), Fachkaufleute (4.881 Abschlüsse) sowie Betriebswirte und Betriebswirtinnen (4.350 Abschlüsse) vertreten. Mit 34.899 bestandenen Meisterprüfungen nahm dieser Bereich den zweitgrößten Anteil (38,7%) ein. An erster Stelle sind hier Prüfungen zum Handwerksmeister und zur Handwerksmeisterin zu nennen (20.040 Abschlüsse), gefolgt von Industriemeistern und Industriemeisterinnen (10.332 Abschlüsse) sowie Fachmeistern und Fachmeisterinnen (2.412 Abschlüsse).

Tabelle C2.1.2-3: Bestandene Fortbildungsprüfungen nach BBiG/HwO 2009 bis 2019 nach Fachrichtungen

Die Zahl der bestandenen Prüfungen insgesamt ist 2019 gegenüber 2009 um 7,5% gestiegen. Dieser Anstieg resultiert aus der Zunahme bei den kaufmännischen Fortbildungsprüfungen (+13,5%) und den Meisterprüfungen (+15,4%); rückläufig waren hingegen sonstige Fortbildungsprüfungen (-29,6%). Die stärksten Zuwächse seit 2009 im kaufmännischen Bereich hatten Fachwirte und Fachwirtinnen (+34,9%). Für Betriebswirte und Betriebswirtinnen stieg die Zahl der bestandenen Prüfungen ebenfalls um 26,3% an. Bei den Meisterprüfungen sind die größten Steigerungen seit 2009 bei Fachmeistern und Fachmeisterinnen (+39,7%), sonstigen Meisterprüfungen (+43,3%) und Industriemeistern und Industriemeisterinnen (+30,1%) zu erkennen.

Der Rückgang der erfolgreichen Prüfungsteilnahmen im Jahr 2019 im Vergleich zum Vorjahr (-4,2%) verteilte sich ebenfalls nicht gleichmäßig auf die Fachrichtungen. Bei den kaufmännischen Fortbildungsprüfungen war erneut ein starker Rückgang bei Fachkaufleuten (-8,6%) zu beobachten; gefolgt von Fachwirten und Fachwirtinnen (-8,5%). Bei den Meisterprüfungen verringerten sich vor allem die Prüfungszahlen von Fachmeistern und Fachmeisterinnen (-13,2%); bei Handwerksmeistern und Handwerksmeisterinnen zeigt sich ein Minus von 1,6%. Darüber hinaus ging erneut die Zahl der bestandenen Sonstigen gewerblich-technischen Fortbildungsprüfungen zurück (-13,2%).

Positive Entwicklungen zeigten sich insbesondere bei Industriemeistern/Industriemeisterinnen (+2,5%), sonstigen kaufmännischen Fortbildungsprüfungen (+2,4%) und sonstigen Meisterprüfungen (+1,7%).

Wie Tabelle C2.1.2-4 zeigt, unterscheiden sich die Fachrichtungen der absolvierten Fortbildungsabschlüsse deutlich nach Geschlecht. Da Frauen mehrheitlich in einem Dienstleistungsberuf und Männer mehrheitlich in einem gewerblich-technischen Beruf ausgebildet werden (Kapitel A5.4), lag der Anteil der Frauen, die eine kaufmännische Fortbildungsprüfung absolvierten, mit 74,0% erwartungsgemäß höher als bei Männern (39,8%). Bei Männern dominierten Meisterprüfungen (50,3%), die bei Frauen nur einen Anteil von 15,5% ausmachten. Der Anteil sonstiger Fortbildungsprüfungen lag bei Männern und Frauen ähnlich hoch (9,9% bzw. 10,5%), wobei Frauen meist Prüfungen zur Fachhelferin im Gesundheitswesen (8,1%) und Männer sonstige gewerblich-technische Fortbildungsprüfungen (9,5%) absolvierten. Der Frauenanteil bei den kaufmännischen Fortbildungsprüfungen insgesamt lag 2019 mit 48,3% somit erneut weit über dem durchschnittlichen Frauenanteil (33,4%). Bei den Meisterabschlüssen lag der Frauenanteil mit 13,4% hingegen wieder deutlich darunter.

(Michael Friedrich)

Tabelle C2.1.2-4: Bestandene Fortbildungsprüfungen nach BBiG/HwO 2019 nach Fachrichtungen und Geschlecht

  • 305

    Die Teilnahme an einer geregelten Fortbildung kann durch staatliche Förderinstrumente wie dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz (Kapitel B3.2), dem Aufstiegs- oder Weiterbildungsstipendium (Kapitel B3.3) sowie der Bildungsprämie (Kapitel B3.6) unterstützt werden (vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung 2013, S. 65f.).

  • 306

    Siehe ​​​​​​​https://www.foraus.de/de/themen/foraus_107741.php

  • 307

    Neben den auf Bundesebene oder Ebene der zuständigen Stellen geregelten Fortbildungsberufen nach BBiG/HwO gibt es Aufstiegsfortbildungen an Fachschulen wie z. B. staatlich geprüfter Betriebswirt/staatlich geprüfte Betriebswirtin oder staatlich geprüfter Techniker/staatlich geprüfte Technikerin. Diese Abschlüsse setzen ebenfalls eine berufliche Erstausbildung und Berufserfahrungen voraus, sind aber auf Grundlage der Schulgesetze länderspezifisch geregelt (Kapitel C2.2.1).

  • 308

    2007 erfolgte eine Revision der Berufsbildungsstatistik. Durch die Neukonzeption der Statistik im Jahr 2007 ist die Vergleichbarkeit der Ergebnisse vor und nach der Umstellung nur eingeschränkt möglich. Auch der „Einbruch“ in den Prüfungszahlen 2009 kann der Umstellungsphase geschuldet sein.

  • 309

    Dies erklärt sich vor allem durch den starken Rückgang der bestandenen Fortbildungsprüfungen von Handwerksmeistern und Handwerksmeisterinnen sowie Industriemeistern und Industriemeisterinnen (vgl. Statistisches Bundesamt, Fachserie 11, Reihe 3 für die Jahre 1992 und 2006).