In diesem Kapitel wird kontinuierlich über die Jugendarbeitslosigkeit in Europa berichtet. Spätestens seit 2013 erlangten die Daten besondere Aufmerksamkeit, da im Zusammenhang mit der Wirtschafts- und Finanzkrise in vielen Ländern Südeuropas ein extremer Anstieg der Arbeitslosigkeit Jugendlicher zu verzeichnen war, der auch auf europäischer Ebene eine Reihe politischer Aktivitäten hervorgerufen hat. Bei der Verwendung und Interpretation der Daten ist zu beachten, dass verschiedene Messkonzepte zur Arbeitslosigkeit Jugendlicher genutzt werden , deren Wert in der Regel unterhalb des gängigsten Indikators, der Jugendarbeitslosenquote, liegen.

Ergänzend zu den Quoten zur Jugendarbeitslosigkeit nach dem ILO-Konzept (vgl. Eurostat 2020a, 2020b), der relativen Jugendarbeitslosigkeit und dem Anteil der erwerbslosen Jugendlichen an der gleichaltrigen Bevölkerung (Eurostat 2020c, 2020d) werden nachfolgend sogenannte NEET-Quoten (vgl. Eurostat 2020e) berichtet. Die NEET-Quoten umfassen alle nicht erwerbstätigen Jugendlichen, die zum Zeitpunkt der Messung weder an Bildung noch an Weiterbildung teilnahmen. Aufgrund der verschiedenen Definitionen und empirischen Konzeptionen zeigen sich deutliche Unterschiede in den Daten. Im Folgenden werden die Daten für das Jahr 2019 aktualisiert. Die jährlichen Angaben sind gegenüber saisonalen Schwankungen bereinigt und liefern damit insgesamt zuverlässigere Ergebnisse. Aus Gründen der Aktualität wurden zusätzlich auch die Angaben der vierteljährlichen Quoten für das dritte Quartal 2020 ergänzt.³⁶⁸

Jugendarbeitslosigkeit nach dem ILO-Konzept

Auch im Jahr 2019 fiel die Arbeitslosigkeit unter den Jugendlichen (15 bis 24 Jahre) im Gegensatz zu der Altersgruppe der 25- bis 74-Jährigen in allen betrachteten Ländern insgesamt deutlich höher aus Tabelle D1.3-1. Gegenüber dem Jahr 2018 lag diese im Durchschnitt aller betrachteter Länder jedoch auf einem niedrigeren Niveau (2018: 15,2% vs. 2019: 14,4%) und setzte damit den Trend seit 2013 fort. Vor allem in den stark betroffenen Ländern wie Griechenland, Italien, Spanien und Portugal zeigte sich ein deutlicher Rückgang der Jugendarbeitslosigkeit.³⁶⁹ Dahingegen wiesen Länder wie Luxemburg und Schweden gegenüber dem Vorjahr deutliche höhere Quoten auf. In Deutschland ging die Jugendarbeitslosigkeit leicht zurück (2018: 6,2% vs. 2019: 5,8%), wodurch sich der Trend der letzten Jahre fortsetzte. Deutschland hatte damit weiterhin die niedrigste Quote im Vergleich der betrachteten Länder.

Relative Jugendarbeitslosigkeit

Mit Blick auf die relative Jugendarbeitslosigkeit im Jahr 2019 lässt sich weiterhin feststellen, dass sich der steigende Trend der Betroffenheit der jungen Erwerbsbevölkerung im Vergleich zu den Älteren im EU-Durchschnitt (28 Länder) seit 2015 weiter fortsetzte (2018: 2,53% vs. 2019: 2,62%). Für die stark von Jugendarbeitslosigkeit betroffenen Länder wie z. B. Griechenland und Portugal zeichnete sich 2019 neben einer seit Jahren sinkenden Jugendarbeitslosenquote auch ein kleiner Rückgang der relativen Jugendarbeitslosigkeit ab. Die in den letzten Jahren bereits sinkende relative Jugendarbeitslosigkeit in Italien setzte sich 2019 fort. Allerdings sanken in diesen Ländern in den letzten Jahren gleichzeitig auch die Arbeitslosenquoten bei den älteren Altersgruppen (25- bis 74-Jährige), was einen weiteren Rückgang der relativen Jugendarbeitslosigkeitsquoten verhinderte. Nicht nur die Jugendlichen haben somit von einem Aufschwung am Arbeitsmarkt profitiert, sondern vor allem auch ältere Personen. Auffallend ist die zunehmende relative Jugendarbeitslosigkeit in Lettland (2018: 1,72 vs. 2019: 2,10), Schweden (2018: 3,55 vs. 2019: 3,94) und Luxemburg (2018: 2,90 vs. 2019: 3,70). Dieser Trend geht jedoch nur in den beiden letztgenannten Ländern mit einer steigenden Jugendarbeitslosigkeitsquote einher, wohingegen Lettland das Niveau des Vorjahres ungefähr halten konnte. Deutschland wies in Bezug auf die relative Jugendarbeitslosigkeit im Gegensatz zum Vorjahr im Ländervergleich wieder den niedrigsten Wert auf (2019: 2,00).

Anteil der erwerbslosen Jugendlichen an der gleichaltrigen Bevölkerung und NEET-Quoten

Der Anteil der erwerbslosen Jugendlichen an der gleichaltrigen Bevölkerung sank weiterhin europaweit (2018: 6,3% vs. 2019: 6,0%), wobei Griechenland, Italien, Frankreich, Spanien und Schweden die meisten Arbeitslosen bei den 15- bis 24-Jährigen im Jahr 2019 verzeichnen mussten. In Schweden stieg der Anteil der erwerbslosen Jugendlichen um fast zwei Prozentpunkte an (2018: 9,4% vs. 2019: 11,1%); in Griechenland hingegen nahm ihr Anteil deutlich ab (2018: 9,3% vs. 2019: 7,9%). Die NEET-Quoten zeigen zudem, dass sinkende Jugendarbeitslosigkeitsquoten europaweit und in den meisten betrachteten Ländern auch mit abnehmenden prozentualen Anteilen von nicht erwerbstätigen Jugendlichen zusammenhängen, die 2019 weder an Bildung noch an Weiterbildung teilnahmen. So ging die durchschnittliche NEET-Quote in den 28 Staaten der EU von 10,5% (2018) auf 10,1% (2019) zurück.

(Viktor Ulbrich, Philipp Grollmann, Frederik Hugo)