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Qualifizierung im Rahmen arbeitsmarktpolitischer Instrumente wird durch die Agenturen für Arbeit nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) gefördert. „Sie soll dazu beitragen, die Diskrepanz zwischen den qualifikatorischen Anforderungen bei der Nachfrage nach Arbeitskräften und den bei Arbeitssuchenden vorhandenen Qualifikationen auszugleichen“ (Bundesagentur für Arbeit 2021, S. 56) und stellt einen Beitrag zur Deckung des Fachkräftebedarfs dar. Die Förderung hilfebedürftiger erwerbsfähiger Personen durch die Jobcenter erfolgt nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Zum 1. Januar 2019 wurden mit dem Qualifizierungschancengesetz bereits die Möglichkeiten der Förderung der beruflichen Weiterbildung Beschäftigter und die Beratungsangebote für Arbeitnehmer/-innen (als Weiterbildungsberatung) sowie für Arbeitgeber (als Arbeitsmarktberatung) ausgeweitet. Diese Maßnahmen sollen dazu beitragen, frühzeitig und präventiv die Beschäftigungsfähigkeit zu verbessern, dem Eintritt und der Verfestigung von Arbeitslosigkeit entgegenzuwirken sowie Betrieben Anpassungs- und Qualifizierungsbedarfe zu verdeutlichen. Die Förderung beschäftigter Arbeitnehmer/-innen wurde ebenfalls neu gefasst. Mit dem Gesetz zur Förderung der beruflichen Weiterbildung im Strukturwandel und zur Weiterentwicklung der Ausbildungsförderung (Arbeit-von-morgen-Gesetz) vom 20. Mai 2020 wurden diese Ansätze weiterentwickelt.

Zu den arbeitsmarktpolitischen Instrumenten, die Personen in den Rechtskreisen SGB II und SGB III eine Qualifizierung ermöglichen, zählen die berufliche Weiterbildung und die berufliche Weiterbildung für behinderte Menschen Tabelle B3.1-1.

Fördervoraussetzungen

Die Förderung der beruflichen Weiterbildung ist in den §§ 81ff. SGB III geregelt. Voraussetzung für eine Förderung durch die BA ist die Feststellung, dass durch eine Weiterbildung eine berufliche Eingliederung erreicht oder drohende Arbeitslosigkeit abgewendet werden kann. Arbeitslose Arbeitnehmer/-innen können auch gefördert werden, um durch die Erweiterung ihrer beruflichen Kompetenzen die individuelle Beschäftigungsfähigkeit zu fördern, wenn dies „nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes zweckmäßig ist“ (81 (1) SGB III). Der nachträgliche Erwerb eines Berufsabschlusses wird für Arbeitnehmer/-innen gefördert, die über keinen anerkannten Berufsabschluss verfügen (bzw. nach mehrjähriger an- oder ungelernter Tätigkeit voraussichtlich nicht mehr in ihrem Beruf beschäftigt werden), wenn sie für den Beruf geeignet sind, eine erfolgreiche Teilnahme erwartet werden kann und durch den Berufsabschluss die Beschäftigungschancen voraussichtlich verbessert werden (vgl. § 81 (2) SGB III). Außerdem muss eine Beratung durch die Agentur für Arbeit stattgefunden haben und Maßnahme sowie Träger müssen für die Förderung zugelassen sein. Auch die Bedingungen für den nachträglichen Erwerb eines Hauptschulabschlusses (81 (3) SGB III) oder von Grundkompetenzen (§ 81 (3a) SGB III) sind darin festgelegt.

Die Förderung beschäftigter Arbeitnehmer/-innen ist in § 82 SGB III geregelt. Zu den Voraussetzungen gehört u. a., dass Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt werden, die über ausschließlich arbeitsplatzbezogene kurzfristige Anpassungsfortbildungen hinausgehen. Außerdem muss die Maßnahme außerhalb des Betriebes oder von einem zugelassenen Träger im Betrieb durchgeführt werden und mehr als 120 Stunden umfassen. In welcher Höhe die Weiterbildungskosten und ggf. Arbeitsentgeltzuschüsse von der BA oder dem Betrieb übernommen werden, hängt von zahlreichen Faktoren ab, insbesondere der Betriebsgröße, Merkmalen der Arbeitnehmer/-innen und dem Vorhandensein einer Betriebsvereinbarung oder eines Tarifvertrags über Weiterbildung.

Liegen die Voraussetzungen für eine Förderung vor, wird grundsätzlich ein Bildungsgutschein ausgestellt, mit dem die Übernahme der Weiterbildungskosten zugesichert wird. Der Bildungsgutschein kann zeitlich befristet sowie regional und auf bestimmte Bildungsziele beschränkt werden.

Neben den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die durch die Agenturen für Arbeit nach dem SGB III gefördert werden, gehören auch hilfebedürftige erwerbsfähige Personen, die nach dem SGB II gefördert werden, zu den förderfähigen Personen. Im Rechtskreis SGB II können abweichend von dem üblichen Bildungsgutscheinverfahren Weiterbildungsmaßnahmen vergeben werden, wenn die Eignung und die persönlichen Lebensverhältnisse der Arbeitssuchenden dies erfordern und keine geeignete Maßnahme verfügbar ist. Dadurch soll die Weiterbildungsteilnahme arbeitsmarktfernerer Personengruppen erleichtert werden (vgl. § 16 (3a) SGB II).

Für Sonderprogramme der BA gelten spezielle Förderbedingungen.

Förderstatistik der Bundesagentur für Arbeit (BA)

Die Förderung beruflicher Weiterbildung unterscheidet drei Kategorien:

1. Weiterbildung mit Abschluss: Umschulungen bei einem Träger und betriebliche Einzelmaßnahmen mit Abschluss in einem anerkannten Ausbildungsberuf.

2. Abschlussorientierte berufliche Weiterbildung: Weiterbildungen mit zertifizierter Teilqualifikation.

3. Sonstige berufliche Weiterbildungen: Dazu gehören u. a. berufsbezogene, übergreifende Weiterbildungen sowie berufliche Aufstiegsweiterbildungen und Maßnahmen zur Förderung von Grundkompetenzen, die an die Aufnahme einer beruflichen Weiterbildung mit Abschluss heranführen.

Berufsbezogene, übergreifende Weiterbildungen sowie der Erwerb von Teilqualifikationen werden von der BA, aber nicht von den zugelassenen kommunalen Trägern erfasst.

In der Förderstatistik werden Förderungen bzw. Teilnahmen von Personen an Maßnahmen der aktiven Arbeitsförderung erfasst. Gezählt werden nicht Personen, sondern Förderfälle bzw. Teilnahmen. Eine Person, die in einem Zeitraum oder an einem Zeitpunkt mehrere Förderleistungen erhält, wird daher mehrfach gezählt.

Tabelle B3.1-1: Teilnahme an beruflicher Weiterbildung in den Rechtskreisen SGB III und SGB II im Jahr 2020

Förderung der beruflichen Weiterbildung (FbW)

Die Förderung von Maßnahmen zur beruflichen Weiterbildung nach SGB III (Arbeitsförderung) und nach SGB II (Grundsicherung für Arbeitssuchende) ist eines der wesentlichen Elemente der aktiven Arbeitsförderung. Sie soll die individuellen Chancen von Menschen am Arbeitsmarkt und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen verbessern. Dazu können Qualifikationen an geänderte Anforderungen angepasst oder bislang fehlende Berufsabschlüsse erworben werden.

In den vergangenen Jahren zeigten sich bei der Förderung beruflicher Weiterbildung relativ stabile Eintrittszahlen. Im Jahr 2020 ist die Zahl der Eintritte in Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung gegenüber dem Vorjahr jedoch deutlich gesunken (-17,5 %), was auch auf die eingeschränkten Möglichkeiten zur Durchführung von Präsenzmaßnahmen im Rahmen der Coronapandemie zurückzuführen sein dürfte. Der Rückgang fiel im Westen mit -15,2 % deutlich geringer aus als im Osten (-24,3 %) Schaubild B3.1-1.

Auch der durchschnittliche Jahresbestand war in den letzten Jahren relativ konstant, mit einer Tendenz des Anwachsens der Teilnehmenden aus dem Rechtskreis SGB III. Der Anteil der nach SGB III geförderten Teilnahmen lag im Berichtszeitraum zwischen einem Minimum von 49,5 % (2012) und einem Maximalwert von 68,4 % im Jahr 2020. In den westlichen Bundesländern lag der Anteil der SGB-III-geförderten Teilnahmen in diesem Zeitraum stets über 50 %, während in den östlichen Bundesländern bis einschließlich 2016 der Anteil an SGB-II-Förderungen im Bestand überwog. Im Jahr 2017 erreichte der SGB-III-Anteil im Jahresdurchschnittsbestand in den ostdeutschen Bundesländern mit 52,2 % erstmals mehr als die Hälfte des Jahresdurchschnittsbestandes und ist bis 2020 weiter auf 62,1 % angestiegen Schaubild B3.1-2.

Schaubild B3.1-1: Eintritte in Förderung der beruflichen Weiterbildung nach SGB II und SGB III (inkl. Reha) von 2011 bis 2020

Schaubild B3.1-2: Durchschnittlicher Jahresbestand in Maßnahmen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung nach SGB II und SGB III (inkl. Reha) von 2011 bis 2020

Der Anteil der unter 25-Jährigen bei den Eintritten betrug 2020 unverändert 6,7 %. Der Fokus bei der Betreuung der unter 25-Jährigen mit Qualifikationsbedarf liegt auf der Vermittlung in Berufsausbildung. Der Anteil der Ausländer/-innen an den Eintritten in Weiterbildung ist weiter gestiegen, zuletzt von 26,2 % (2019) auf 27,1 % (2020).

Der Anteil der Eintritte von Frauen in FbW-Maßnahmen hat sich im Vergleich zum Vorjahr kaum verändert, ebenso der Anteil von Eintritten in Maßnahmen mit Abschluss in einem anerkannten Ausbildungsberuf. Bei dieser Angabe ist zu berücksichtigen, dass als „berufliche Weiterbildung mit Abschluss“ Gruppen- und betriebliche Einzelumschulungen gefasst werden (Kapitel B4.5). Maßnahmen, die auf die Teilnahme an einer sog. Externenprüfung vorbereiten sowie zertifizierte Teilqualifikationen werden als „abschlussorientierte Weiterbildungen“ gezählt. Eintritte in diese Maßnahmen hatten in den letzten beiden Jahren einen Anteil von 22,6 % bzw. 22,9 %. Auf Personen ohne Berufsabschluss entfielen 39,6 % (2019: 40,9 %) der Eintritte in berufliche Weiterbildung Tabelle B3.1-2.

Gefördert werden können Qualifizierungen in Berufen, für die nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften eine Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren festgelegt ist (Kapitel B3.4). Für erfolgreich absolvierte Zwischenprüfungen bzw. Abschlussprüfungen nach beruflicher Weiterbildung können seit 1. August 2016 Weiterbildungsprämien in Höhe von 1.000 € bzw. 1.500 € gezahlt werden. Derzeit werden Daten dazu nur für Förderungen im Rechtskreis SGB III veröffentlicht. Im Zeitraum August 2016 bis Dezember 2020 wurden 2.953 Austritte mit ausgezahlter Weiterbildungsprämie zur Zwischenprüfung, 31.873 Austritte mit ausgezahlter Weiterbildungsprämie zur Abschlussprüfung sowie 18.006 Austritte, für die sowohl eine Weiterbildungsprämie für die Zwischen- als auch für die Abschlussprüfung gezahlt wurde, erfasst (vgl. Bundesagentur für Arbeit 2021l: Tabellen Förderung der beruflichen Weiterbildung).

Tabelle B3.1-2: Eintritte in FbW (inkl. Reha) nach ausgewählten Merkmalen 2012 bis 2020 (in %)

Förderung beschäftigter Arbeitnehmer/-innen in Unternehmen

Weiterbildung von Beschäftigten, insbesondere in kleinen und mittleren Unternehmen, und von geringqualifizierten Beschäftigten, um ihnen zusätzliche Qualifikationen für den Arbeitsmarkt zu verschaffen und ihre Beschäftigungschancen und Beschäftigungsfähigkeit zu erhalten bzw. zu erweitern, war die Zielsetzung des erstmals 2006 aufgelegten, seit April 2012 entfristeten Programms WeGebAU. WeGebAU bot als Möglichkeiten der finanziellen Unterstützung Zuschüsse zu Weiterbildungskosten und einen Arbeitsentgeltzuschuss für weiterbildungsbedingte Ausfallzeiten sowie eine Pauschale zu den Sozialversicherungsbeiträgen. Der Umfang der jeweiligen Förderungen hing von zahlreichen Faktoren ab wie Betriebsgröße und Alter der Beschäftigten.

Mit dem Gesetz zur Förderung der beruflichen Weiterbildung im Strukturwandel und zur Weiterentwicklung der Ausbildungsförderung vom Mai 2020 wurden die zum 1. Januar 2019 durch das Qualifizierungschancengesetz eingeführten Regelungen zur Förderung der Weiterbildung beschäftigter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer modifiziert. Die Förderung soll darauf gerichtet sein, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die berufliche Tätigkeiten ausüben, die durch Technologien ersetzt werden können oder in sonstiger Weise vom Strukturwandel betroffen sind, eine Anpassung und Fortentwicklung ihrer beruflichen Kompetenzen zu ermöglichen.

Als Voraussetzung für die Übernahme von Weiterbildungskosten durch die BA wird in § 82 (1) SGB III festgelegt, dass

1. Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt werden, die über ausschließlich arbeitsplatzbezogene kurzfristige Anpassungsfortbildungen hinausgehen,

2. der Erwerb eines anerkannten Berufsabschlusses in der Regel mindestens vier Jahre zurückliegt,

3. die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer in den letzten vier Jahren vor Antragsstellung nicht an einer nach dieser Vorschrift geförderten beruflichen Weiterbildung teilgenommen hat,

4. die Maßnahme außerhalb des Betriebes oder von einem zugelassenen Träger im Betrieb durchgeführt wird und mehr als 120 Stunden dauert,

5. die Maßnahme und der Träger der Maßnahme für die Förderung zugelassen sind.

Die Höhe der Grundförderung Tabelle B3.1-3 ist von der Betriebsgröße abhängig und wurde mit dem Gesetz zur Förderung der beruflichen Weiterbildung im Strukturwandel und zur Weiterentwicklung der Ausbildungsförderung erhöht:

Tabelle B3.1-3: Weiterbildung beschäftigter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer: Grundförderung

Bei Betrieben mit weniger als 250 Beschäftigten kann von einer Kostenbeteiligung des Arbeitgebers abgesehen werden, wenn die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer bei Beginn der Teilnahme das 45. Lebensjahr vollendet hat oder schwerbehindert ist. Die Zuschüsse zum Arbeitsentgelt während der Weiterbildung können für Arbeitnehmer/-innen, bei denen die Voraussetzungen für eine Weiterbildungsförderung wegen eines fehlenden Berufsabschlusses erfüllt sind, in voller Höhe übernommen werden inkl. des darauf entfallenden pauschalen Arbeitgeberanteils am Gesamtsozialversicherungsbeitrag. Die Mindestbeteiligung des Arbeitgebers an den Lehrgangskosten verringert sich bei Vorliegen einer Betriebsvereinbarung über die berufliche Weiterbildung oder eines Tarifvertrages, der betriebsbezogen berufliche Weiterbildung vorsieht, sowie bei erhöhtem Weiterbildungsbedarf im Betrieb (Schaubild B3.1.3).

Darüber hinaus wurden, um Beschäftigte zu unterstützen und Unternehmen, die in der Coronakrise Kurzarbeit eingeführt haben, um die Beschäftigungsverhältnisse erhalten zu können, die Fördermöglichkeiten für Weiterbildung während Kurzarbeit − seit Ende Mai 2020 befristet bis 31. Juli 2023 – erweitert und die Fördermöglichkeiten von Qualifizierung während des Bezugs von Transferkurzarbeitergeld verbessert.

Schaubild B3.1-3: Förderung von beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern 2020 (Eintritte)

Initiative Zukunftsstarter

Unter dem Namen „Zukunftsstarter“ wurde im Zeitraum vom 1. August 2016 bis Ende 2020 die Initiative „Erstausbildung junger Erwachsener“ (2013 bis 2015) fortgesetzt. Das Ziel, bis zum Jahr 2020 insgesamt 120.000 junge Erwachsene zwischen 25 und 35 Jahren ohne Berufsabschluss (Kapitel A11, Kapitel B3.4) für eine abschlussorientierte Qualifizierung zu gewinnen, wurde erreicht. Im Jahr 2020 haben 26.400 (2019: 29.800) junge Erwachsene eine abschlussorientierte Weiterbildung begonnen, davon 18.000 im Rechtskreis SGB III und 8.400 im Rechtskreis SGB II. Zusätzlich haben 5.800 junge Erwachsene eine ungeförderte Berufsausbildung aufgenommen und 2.600 junge Menschen haben an Maßnahmen zur Verbesserung von Grundkompetenzen teilgenommen (vgl. Bundesagentur für Arbeit 2021h: Geschäftsbericht 2020).

(Katrin Gutschow)