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Interview mit Heiner Simons

von der Staatlichen Zentralstelle für Fernunterricht (ZFU), Köln

04.05.2020

Herr Simons, wir freuen uns, heute zusammen mit Ihnen dieses Interview rund um das Thema „Fernlernen und berufsbildende Fernlehrgänge“ führen zu können. Der Anlass zu diesem Interview, Ihr bevorstehender Ruhestand als Leiter der Staatlichen Zentralstelle für Fernunterricht, ZFU, Köln, soll uns Gelegenheit geben, aus Ihrer Wahrnehmung heraus einmal Rückblick zu halten, aber auch Perspektiven dieses anerkannten, qualitätsgesicherten und modernen Formats zur individuellen beruflichen Weiterbildung anzusprechen.

Bitte umreißen Sie eingangs einmal kurz Ihren Auftrag, den Sie mit der ZFU im genannten Themenfeld „Fernlernen / berufsbildende Fernlehrgänge“ haben.

Vielen Dank, den Rückblick auf ziemlich genau 10 Jahre als Leiter der ZFU will ich gerne nehmen:

Der gesetzliche Auftrag der Zentralstelle ist in erster Linie die Zulassungsprüfung von Fernlehrgängen und zwar sowohl in fachlich-inhaltlicher Hinsicht als auch aus der verbraucherrechtlichen Sichtweise. Dies ist eindeutig der Schwerpunkt unserer Tätigkeit. Daneben informieren wir auch noch die Öffentlichkeit und die Entscheider im politischen Raum über die Möglichkeiten und Entwicklungen im Fernunterrichtsbereich.

Herr Simons, wenn Sie einmal als Leiter der ZFU ein Fazit ziehen, was waren (und sind) Ihrer Erfahrung nach wichtige Eckpfeiler, die das Fernlernen zu einem wichtigen Instrument der beruflichen Weiterbildung machen?

Da fällt mir als erstes der Umstand ein, dass sich die Halbwertzeiten unseres erworbenen Wissens einerseits kontinuierlich verringern, wodurch sich auf der anderen Seite der Druck zur Weiterbildung erhöht. Zugleich ist unser Land auch in Zukunft mehr denn je auf weiteren Ausbau des „Know-how“ der Berufstätigen angewiesen, wenn wir unsere Rolle im internationalen Wettbewerb erfolgreich ausfüllen wollen. Der beruflichen Weiterbildung, in welcher der Fernunterricht schwerpunktmäßig zu finden ist, kommt somit neben der Erstausbildung eine hervorragende Rolle sowohl für die wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes als auch für den beruflichen Erfolg des bzw. der Einzelnen zu.

Dies erfordert als Eckpfeiler weiterhin das Vorhandensein von positiven Rahmenbedingungen: Das beginnt bei der Qualitätskontrolle für Fernlehrgänge, wie sie die ZFU vornimmt, geht weiter etwa mit der staatlichen Förderung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der beruflichen Weiterbildung und hört bei der steuerlichen Privilegierung von Fortbildungsmaßnahmen noch längst nicht auf.

Was erwartet Teilnehmer/innen, wenn sie sich für einen berufsbildenden Fernlehrgang angemeldet haben, und wie trägt ein berufsbildender Fernlehrgang zu beruflichem Aufstieg, zu beruflichem Wiedereinstieg bzw. auch zu lebensbegleitendem Lernen bei?

Nun, zunächst einmal erwartet sie ein Fernlehrgang, der von der ZFU in Zusammenarbeit mit dem BIBB eingehend qualitätsgeprüft wurde, so dass die Teilnehmer/innen wissen, dass ihr Engagement und ihr finanzieller Aufwand eine gute Investition sind. Wie eingangs bereits erwähnt, ist berufliche Weiterbildung heute mehr denn je essentiell. Die Absolvierung eines Fernlehrgangs, der strategisch und inhaltlich gut in die eigene Karriereplanung integriert ist, wird auch vom Arbeitgeber mit hoher Wahrscheinlichkeit positiv in der Personalplanung honoriert. Hierfür habe ich im Laufe meiner Tätigkeit z.B. als Jurymitglied für den „Studienpreis DistancE-Learning“ (gestiftet vom Forum DistancE-Learning, dem Interessenverband der Fernunterrichtsanbieter) zahlreiche Beispiele kennengelernt mit sehr beeindruckenden beruflichen Entwicklungsverläufen.

Nun, zunächst einmal erwartet sie ein Fernlehrgang, der von der ZFU in Zusammenarbeit mit dem BIBB eingehend qualitätsgeprüft wurde, so dass die Teilnehmer/innen wissen, dass ihr Engagement und ihr finanzieller Aufwand eine gute Investition sind.

Und durch was würde sich ein Fernunterrichtsteilnehmer, eine Fernunterrichtsteilnehmerin auszeichnen? Welche Eigenschaften sind hier gefordert?

Diese Lernmethode spricht sicherlich vor allem Bildungswillige an, die sich durch ein gutes Maß an Zielstrebigkeit, Selbstständigkeit, eine gewisse Frustrationstoleranz (wenn eine Prüfung nicht im ersten Anlauf gelingt) und letztlich auch Selbstdisziplin verfügen. Auch ist eine hinreichende Affinität zu den digitalen Kommunikationsmedien von Vorteil, wobei wir hier selten Probleme wahrnehmen.

Konnten Sie beobachten, welche zentralen Entwicklungen in den letzten Jahren das Fernlernen so nachhaltig beeinflusst haben, dass sie sich bis heute bemerkbar machen?

Ganz klar die Digitalisierung der Lern- und Arbeitswelt. Das hat die Möglichkeiten für den Fernunterricht in einer Art und Weise befördert, wie wir es vorher nicht erlebt haben. Dies eröffnet Fernunterrichtsanbietern wie auch den Lernenden zahlreiche Optionen, die früher nicht zur Verfügung standen. Beispielhaft nennen möchte ich an dieser Stelle nur die modernen internetbasierten Lernplattformen, in denen nicht nur Lehrende und Lernende auf vielfältigste Weise kommunizieren können, sondern zusätzlich auch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer untereinander sich austauschen können und damit einen Nachteil vermeiden, der früher dem Fernlernen vereinzelt zugeschrieben wurde, nämlich die Gefahr der „Vereinzelung“ der Teilnehmerin bzw. des Teilnehmer, der sich nicht, wie im Präsenzunterricht, unmittelbar und kontinuierlich mit Gleichgesinnten austauschen konnte.

Heiner Simons, Leiter der Staatlichen Zentralstelle für Fernunterricht (ZFU)

Haben Sie Empfehlungen, die Sie den Anbietern von berufsbildenden Fernlehrgängen vor diesem Hintergrund zur didaktischen Konzeption ihrer Fernlehrgänge geben können? Dies besonders auch angesichts der Corona-bedingten Popularität, von der nun viele Varianten von Online-Schulungen profitieren?

Eigentlich hat die Branche hier keine Empfehlungen von der ZFU nötig, hat sie doch in der Vergangenheit bewiesen, dass sie sehr gut in der Lage ist, bedarfsgerecht und in hoher Qualität Fernunterrichtsangebote am Markt zu etablieren. Was wir als Verbraucherschutzbehörde uns wünschen, ist ein breit gefächertes Angebot für die Bildungsinteressierten, das sich nicht nur auf den fachlichen „Mainstream“ beschränkt, sondern auch Randbereiche bedient. Aber wenn ich an die über 3700 gelisteten Fernlehrgänge von über 350 verschiedenen Anbietern in unserer Datenbank denke, dann ist das schon ein beeindruckendes Angebot.

Herr Simons, zum Schluss würde uns noch ein Ausblick auf die Zukunft berufsbildender Fernlehrgänge aus Ihrer Sicht interessieren. Wie sehen Sie im Kontext des Fernunterrichtsschutzgesetzes, dass ja ein „Verbraucherschutzgesetz“ darstellt, die weiteren Perspektiven berufsbildender Fernlehrgänge? Zugegebenermaßen immer auch ein Blick in die berühmte „Glaskugel“…

Langfristig sehe ich im Bildungsbereich einen Trend zur Konvergenz von Präsenz- und Fernunterricht. Schon jetzt ist erkennbar, dass Präsenzlernanbieter zunehmend Fernunterrichtsmethoden in ihr Curriculum integrieren. Umgekehrt wissen die Fernlernanbieter, dass es Kompetenzen, vor allem im handlungsspezifischen Lernbereich, gibt, die nur durch Präsenzlehrmethoden vermittelbar sind. Entscheidend ist, die richtige Methode im jeweiligen Bereich einzusetzen, um einen optimalen Lernerfolg zu realisieren.

Herr Simons, vielen Dank für dieses Gespräch, mit dem wir auch unseren besonderen Dank an die immer konstruktive, ziel- und ergebnisorientierte Zusammenarbeit mit Ihnen und Ihrem Team in der ZFU aussprechen möchten.

Das Interview mit Herrn Simons wurde vom BIBB-Team „Fernlernen“ geführt.