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Betriebsbefragung ebnet Weg zu Berufsbildungsangebot für Thailands Galvanikindustrie

Bei der Entwicklung eines thailändischen Berufsbildungsangebots in der Galvanotechnik gilt es wesentliche Merkmale und Bedarfe der Industrie zu berücksichtigen. So das Fazit deutscher Berufsbildungsexperten und -expertinnen des Projekts SCHOOLPLATE zu Befragungsergebnissen der thailändischen Galvanikindustrie.

Mit dem im Januar 2020 initiierten Projekt SCHOOLPLATE unterstützen das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) und das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) die thailändische Galvanikindustrie bei der Entwicklung eines bedarfsorientierten, beruflichen Qualifizierungsangebots. 

Nun liegen die Daten einer mehrmonatigen Sondierungsphase vor. Betriebe der thailändischen Galvanikindustrie waren in einem Online-Survey und in Interviews unter anderem zur Arbeitsorganisation und zu Qualifikationsbedarfen der Beschäftigten befragt worden. 

Die Ergebnisse unterstützen das Projekt dabei, geeignete Optionen für die Gestaltung von beruflichen Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen unter Berücksichtigung der strukturellen Ausgangssituation in den Betrieben wie auch im thailändischen Berufsbildungssystem zu identifizieren.
 

Klein- und mittelständische Galvanikbetriebe als Teil einer globalen Wertschöpfungskette

Regionale Verteilung thailändischer Galvanikbetriebe im SCHOOLPLATE-Survey

Die Mehrheit der Betriebe, welche an der Online-Befragung teilnahmen, ist im Großraum Bangkok sowie in den benachbarten Provinzen in Zentral- und Ostthailand ansässig. Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Gegend um Chiang Mai, welches das wirtschaftliche Zentrum im Norden des Landes ist. 

Bei der thailändischen Galvanikproduktion handelt es sich überwiegend um Lohnfertigung, welche von kleinen- und mittelständischen Betrieben ausgeführt wird. Dies spiegelt sich auch in der regionalen Verteilung der Betriebe wieder, welche vermehrt in der Industriezone „Eastern Economic Corridor (EEC)“ östlich von Bangkok ansässig sind.  Der EEC hat sich in den letzten Jahren mit der zielgerichteten Förderung der thailändischen Regierung zu Thailands Zentrum für die exportorientierte Industrie – darunter auch deutsche Firmen - entwickelt. 

Schwerpunkte bilden u.a. die Branchen Automobilbau und Elektronik, welche in Thailand zu den wichtigsten Auftraggebern bzw. Kunden der Galvanikindustrie gehören. Weitere, für die Galvanikindustrie relevante Branchen sind der Maschinen- und Anlagenbau, Sanitär, Möbel, Schmuck sowie Luftfahrt.

Frauen dominieren in der galvanotechnischen Produktion

Zwei Drittel von denen spezifisch im Bereich der galvanotechnischen Produktion Beschäftigten sind Frauen. Dieses bemerkenswerte Charakteristikum in der Beschäftigtenstruktur lässt sich u.a. damit erklären, dass (Labor)Analyse sowie Qualitätskontrolle wichtige Arbeitsbereiche in der Galvanotechnik sind, in denen – auch in Deutschland – in der Regel überwiegend weibliches Personal tätig ist. 

Eine Herausforderung: Qualifikationsdefizite gefährden Wettbewerbsfähigkeit 

Die Antworten vermitteln ein detailliertes Bild über die existierenden Herausforderungen in der Galvanikindustrie, deren Ursachen vielfach in mangelnden Qualifikationen bzw. Fachwissen auf Seiten des Personals liegen. Darüber hinaus wird deutlich, dass die thailändische Galvanikindustrie auch durch externe Faktoren, wie wachsende Konkurrenz im In- und Ausland, steigende Löhne, striktere rechtliche Auflagen im Bereich Umweltschutz und Sicherheit sowie nicht zuletzt durch die wirtschaftlichen Folgen der COVID-19 Pandemie zunehmend unter Druck gerät, Qualität wie auch Kosteneffizienz ihrer Produktion zu verbessern. 

Experten-Workshops sind wichtiger Baustein des SCHOOLPLATE-Projekts zur Verarbeitung der Untersuchungsergebnisse

Projektteam SCHOOLPLATE: Fraunhofer IPA Projektteam (Dominique-Navina Pantke (o.l.), Klaus Schmid (o.r.), Dr. Martin Metzner (u.l.) und BIBB-Projektbeirätin Dr. Stephanie Conein (u.r.) (nicht im Bild: Volker Rogoll (Gewerbliche Schule Schwäbisch Gmünd), Antje Wessels (DLR Projektträger), Eva Hanau (BIBB)

Ziel des Online-Workshops am 23. September 2020 war es, im Austausch mit den deutschen Berufsbildungsexperten und -expertinnen des Projektbeirats die Untersuchungsergebnisse zu erörtern und Eckpunkte für ein berufliches Qualifikationsprofil in der thailändischen Galvanikindustrie zu definieren.

Als Orientierungsrahmen dienten dabei der deutsche Ausbildungsrahmenplan und der Rahmenlehrplan des Berufs Oberflächenbeschichter/-in. Bislang existiert in Thailand kein berufliches Qualifizierungsangebot, welches die notwendigen Grundlagen für eine qualifizierte Tätigkeit in der Galvanikindustrie vermitteln könnte. Aufgrund von Unterschieden im Bildungsbereich wie auch in der betrieblichen Arbeitsorganisation kann das deutsche Qualifikationsprofil jedoch nicht ohne Weiteres in den thailändischen Kontext übertragen werden. 

Ein solches Profil soll in der Umsetzungsphase des Projektes als Maßstab dienen, um aufeinander abgestimmte und passgenaue Weiterbildungsmodule für aktuell Beschäftigte sowie, in Zusammenarbeit mit thailändischen Berufsbildungsakteuren, ein berufsschulisches Curriculum und berufliche Qualifizierungsstandards zu entwickeln. Damit soll künftig gut ausgebildeten Absolventen und Absolventinnen eine qualifizierte Tätigkeit in der Galvanikindustrie ermöglicht werden. 

Wie geht es weiter?

Die Ergebnisse der Betriebsbefragung sowie der von den deutschen Experten und Expertinnen abgestimmte Entwurf eines Qualifikationsprofils werden in einem nächsten Schritt Vertretern und Vertreterinnen der thailändischen Galvanikindustrie und Berufsbildungspolitik zur Diskussion und Validierung vorgestellt. Aufgrund der anhaltenden COVID-19 Pandemie werden alle ursprünglich geplanten Veranstaltungen online im Rahmen von Videokonferenzen durchgeführt. 

Die Ergebnisse der Sondierungsphase sollen die Grundlage für eine zweijährige Implementierungsphase bilden, in der das Fraunhofer IPA in Zusammenarbeit mit dem BIBB und thailändischen Partnern aus Wissenschaft, Industrie und Politik ab 2021 maßgeschneiderte Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen für die thailändische Galvanikindustrie entwickelt und pilotiert. Ein entsprechendes BMBF-Förderprojekt befindet sich derzeit in der Antragsphase.