Hochschulische Pflegeausbildung und Berufseinstieg (HPABE)
Das Projekt „Hochschulische Pflegeausbildung und Berufseinstieg“ beschäftigt sich mit dem zunehmenden Bedarf an hochschulisch ausgebildeten Pflegefachkräften. Ziel ist es, deren Anteil in der Praxis zu erhöhen, indem der Berufseinstieg einfacher und nachhaltiger gestaltet wird.
Laufzeit | 24 Monate (11/2021 – 10/2023) |
Bezug zur Ausbildungsoffensive Pflege | |
Ziel | Ziel ist es, einen gelingenden Berufseinstieg für hochschulisch qualifizierte Pflegefachpersonen mit nachhaltiger Wirkung zu gestalten. |
Auftragnehmer | Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) gGmbH, Martin Luther Universität Halle-Wittenberg, Uni Bremen Campus GmbH |
Ansprechpersonen |
Pflegeforschung, AB 2.6 BIBB
Kristin Hecker, f-bb
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Hintergrund
Aufgrund der demographischen Entwicklung in Deutschland wird davon ausgegangenen, dass die Zahl pflegebedürftiger Menschen in Zukunft weiter steigen wird, während die Verfügbarkeit von Pflegefachpersonen abnimmt. Die daraus resultierende Lücke an Fachpersonal erfordert gezielte Maßnahmen, um den Pflegeberuf aufzuwerten und so dringend benötigtes Nachwuchspersonal zu gewinnen und nachhaltig im Berufsfeld halten zu können.
Parallele Entwicklungen, wie beispielsweise der pflegewissenschaftliche und medizinische Fortschritt, ein sich wandelndes Pflegeverständnis und das vermehrte Auftreten von Multimorbidität, chronischer und neurodegenerativer Erkrankungen, erhöhen zudem die Anforderungen an das Pflegefachpersonal. Notwendig sind die Fähigkeiten des multiperspektivischen Fallverstehens in mehrdimensionalen Versorgungsprozessen, der gezielten und eigenständigen Aneignung der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse, der reflektierten Anwendung des Wissens, der differenzierten Kommunikation sowie der Überwindung von Schnittstellen. Diese Qualifikationsanforderungen gehen über das Qualifikationsniveau einer beruflichen Ausbildung hinaus und verlangen eine hochschulische Ausbildung.
Vor diesem Hintergrund hat der Wissenschaftsrat bereits 2012 einen Anteil von 10 bis 20 % an hochschulisch qualifiziertem Pflegepersonal empfohlen. Bis heute liegt die Quote allerdings weit darunter. Ein Grund dafür wird in Unklarheiten darüber vermutet, in welchen Handlungsfeldern hochschulisch qualifizierte Pflegefachpersonen (zukünftig) eingesetzt werden, welche Verantwortlichkeiten und Handlungsspielräume sie innehaben und wie sie entlohnt werden. So lässt sich oftmals ein Miss-Match zwischen den Ausbildungszielen von hochschulisch Qualifizierten und den tatsächlichen Tätigkeitsanforderungen und Aufgabenbereichen erkennen.
Ziel
Ziel des Projekts ist es, einen gelingenden Berufseinstieg für hochschulisch qualifizierte Pflegefachpersonen mit nachhaltiger Wirkung zu gestalten. Neben der Erarbeitung passgenauer Tätigkeitsprofile sollen Konzepte entwickelt werden, die von den Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen für die systematische Einbindung hochschulisch qualifizierter Pflegefachpersonen und für die Gestaltung von individuellen Karrierepfaden genutzt werden können. Konkret bedeutet das die Erarbeitung eines Aufgaben- und Tätigkeitsprofils im Rahmen eines Qualifikations-Mix-Modells, die Ableitung von Empfehlungen für die curriculare Konzeption der primärqualifizierenden Studiengänge im Hinblick auf das Aufgabenprofil sowie die Erarbeitung eines Implementierungskonzepts zur Einbindung hochschulisch qualifizierter Pflegefachpersonen in den Qualifikationsmix von Einrichtungen unter Berücksichtigung der organisationalen als auch personellen Ebene.
Methode
Es wird ein Design-Based-Research (DBR) Ansatz gewählt, der es im Rahmen der zur Verfügung stehenden Untersuchungszeit erlaubt, insbesondere die Verschiedenheit der organisationalen Gegebenheiten im Gesundheitssystem und die Vielstimmigkeit der an Veränderungen notwendig beteiligten Interessengruppen zu berücksichtigen sowie eine iterative, kleinschrittige Gestaltungsperspektive einzunehmen. Dieses agile und hier bewusst reflexiv-kommunikativ validierende Forschungsformat wird im Methodenmix durch Desk-Research, explorative sowie systematische Recherchen und Einschätzungen zu „Good/Best Practices“, curricularen Entwicklungsoptionen sowie eine abschließende, quantitative Online-Evaluation ergänzt und komplettiert.

Beitrag zur Entwicklung der Pflege-/Bildungspraxis
Die im Projekt erarbeiteten Tätigkeitsprofile und Implementierungskonzepte sollen dazu beitragen, zum einen eine qualitativ hochwertige Versorgung sicherzustellen und zum anderen eine höhere berufliche Zufriedenheit und damit eine nachhaltige Bleibeoption der hochschulisch qualifizierten Pflegefachpersonen zu ermöglichen. Dadurch wird ein Beitrag geleistet, den aktuellen und zukünftigen Auswirkungen des demographischen Wandels auf den Pflegesektor zu begegnen und den steigenden Qualitätsanforderungen im Kontext eines zunehmend komplexer werdenden Berufsfeldes gerecht zu werden.
1. Ergebnisse des Scoping Reviews
Um einen Überblick über das internationale Forschungsfeld zu erhalten und als Basis für die geplanten Fokusgruppen, wurde eine systematische Literaturrecherche durchgeführt. Die Veröffentlichung der Ergebnisse ist im Journal „Nurse Education Today“ vorgesehen und für das erste Quartal 2023 geplant. Im Folgenden wird die deutschsprachige Zusammenfassung präsentiert.
Hintergrund/Fragestellung
Trotz vergangener und aktueller Bemühungen zur Etablierung hochschulisch qualifizierter Pflegefachpersonen in Deutschland (Wissenschaftsrat 2022), liegt deren Anteil in der direkten Versorgung an den Universitätskliniken aktuell nur bei 2,1 Prozent (BERGJAN u. a. 2021). Somit wird die Zielrichtung des Wissenschaftsrates von 10 bis 20 Prozent akademisierten Pflegefachpersonen deutlich verfehlt und liegt weit hinter internationalen Empfehlungen. Der Beitrag zielt darauf ab, im Forschungsfeld einen Überblick zu Treibern und Hürden während des Berufseinstieges hochschulisch qualifizierter Pflegefachpersonen sowie zu deren Verbleib zu gewinnen und diese in den Kontext der deutschen Pflegelandschaft zu setzen.
Methoden
Es wurde eine systematische Literaturrecherche in Form eines Scoping Reviews im Februar 2022 in den Fachdatenbanken MEDLINE via PubMed und CINAHL via EBSCO durchgeführt (GRANT/BOTH 2009). Alle Artikel wurden doppelverblindet hinsichtlich der vorher festgelegten Ein- und Ausschlusskriterien auf Titel und Abstract geprüft. Die Merkmale der eingeschlossenen Studien wurden in einer vorab konsentierten Datentabelle narrativ zusammengefasst und nach Sichtung retrospektiv in drei Themenfelder gegliedert: Berufseinstieg, Rollenübergang und Verbleib.
Ergebnisse
Es wurden 5.430 Studien identifiziert. Nach Entfernung der Duplikate wurden 4.506 Publikationen nach Titel und Abstract und im Anschluss 84 Volltexte gescreent. 42 Publikationen aus 13 Ländern wurden in die Ergebnisdarstellung eingeschlossen. 24 Studien beschrieben Faktoren, die den Berufseinstieg, zehn Studien, die den Rollenübergang, und 5 Studien, die den Verbleib hemmen oder fördern. Drei Studien beschrieben Faktoren, die sowohl den Berufseinstieg als auch den Verbleib hemmen oder fördern. So konnten u. a. fehlende Unterstützung durch das Team, die Angst, Fehler zu machen sowie eine erhöhte Arbeitsbelastungen als Hürden identifiziert werden. In Bezug auf die Treiber konnten vor allem die Präsenz von Unterstützungsstrukturen wie die Unterstützung durch Mentorinnen und Mentoren sowie Kolleginnen und Kollegen oder auch Übergangsprogramme ermittelt werden.
Schlussfolgerung
Um die Akademisierung der Pflege in Deutschland nachhaltig und langfristig voranzutreiben und einen gelingenden Berufseinstieg von hochschulisch qualifizierten Pflegepersonen zu gewährleisten, müssen neben Ansätzen zur Akzeptanz- und Attraktivitätssteigerung vor allem strukturelle Rahmenbedingungen geschaffen werden, die eine pflegeprozessintegrierte sowie ebenenübergreifende Ausrichtung vorweisen.
2. Ergebnisse der ersten Runde der Fokusgruppen-Interviews
Im Zeitraum von Juli bis August 2022 wurden insgesamt neun Fokusgruppen zu den drei Themenkomplexen
- Abgrenzung der Aufgaben- und Tätigkeitsprofile (UBC)
- Erarbeitung von Rahmenbedingungen für einen gelingenden Einsatz und Verbleib sowie mögliche Hürden bei der Umsetzung (MLU)
- Identifikation von Faktoren für einen gelingenden Berufseinstieg/berufsbiografische Zufriedenheit (f-bb) durchgeführt.
Die Fokusgruppen waren heterogen zusammengesetzt, sodass jeweils verschiedene Stakeholdergruppen aus unterschiedlichen Versorgungsbereichen teilnahmen. Es konnten insgesamt 58 Teilnehmende für die Fokusgruppen gewonnen werden.
Mittels der Fokusgruppendiskussionen zu Aufgaben- und Tätigkeitsprofilen wurden jeweils fünf Aufgabenprofile für die direkte und indirekte Pflege generiert. In der direkten Pflege stehen die Pflegeprozesssteuerung/-gestaltung sowie die Beratung, Schulung und Information in hochkomplexen Pflegesituationen auf wissenschaftlicher Grundlage im Mittelpunkt. Um die Aufgaben von Pflegefachpersonen mit und ohne Bachelorabschluss besser voneinander abgrenzen zu können, bedürfen die Kriterien zur Differenzierung von komplexen und hochkomplexen Pflegesituationen einer weiteren Operationalisierung.
In der gemeinsamen Auswertung der Fokusgruppen zu „Gelingender Berufseinstieg/berufsbiografische Zufriedenheit“ (f-bb) und „Rahmenbedingungen“ (MLU) konnten vier zentrale Handlungsfelder identifiziert werden, in denen Maßnahmen für eine erfolgreiche Einbindung hochschulisch qualifizierter Pflegfachpersonen ansetzen sollten. Dabei handelt es sich um die Bereiche:
- Akzeptanz fördern,
- Unterstützung und Begleitung bereitstellen,
- Orientierung und Strukturen aufbauen sowie
- Anreize schaffen.
Darüber hinaus wurden in einem nächsten Schritt Matrizen aus Makro-, Meso- und Mikroebene sowie den zeitlichen Komponenten während des Studiums, des Berufseinstiegs und des Verbleibs erarbeitet, um die verschiedenen Maßnahmen strukturell, prozessual sowie zeitlich verorten zu können. Im ersten Quartal 2023 findet eine zweite Runde vertiefender Fokusgruppen-Interviews statt, in der die gefundenen Ergebnisse validiert und weiterentwickelt werden sollen.