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Berufliche Weiterbildung: Geschlechtsspezifische Eigen- und Fremdselektionsmechanismen im Zeitalter der Digitalisierung

Marco Seegers

Beruflicher Weiterbildung kommt im Zuge der Digitalisierung eine Schlüsselrolle zu, um Arbeitnehmer/-innen auf die sich wandelnden Aufgaben- und Qualifikationsanforderungen vorzubereiten. Berufliche Weiterbildungsmaßnahmen haben im Idealfall das Potenzial, Ungleichheiten in Bildung und Arbeitsmarktchancen zu verringern und so besonders benachteiligte Gruppen auf die Herausforderungen der Digitalisierung vorzubereiten. 

Im Rahmen des Promotionsvorhabens wird angenommen, dass Männer und Frauen aufgrund unterschiedlicher Ressourcen (z. B. Geld, Macht, Zeit) ungleiche Zugangsmöglichkeiten aufweisen. Insbesondere wird die Teilnahme von Männern und Frauen an formalen und non-formalen privaten sowie berufsbezogenen Weiterbildungsformen untersucht und erforscht, ob sich geschlechtsspezifische Weiterbildungsmuster nachweisen lassen. Dabei werden etwaige Eigen- und Fremdselektionsmechanismen ins Zentrum gerückt. Eigenselektion kann bspw. aufgrund von Sorge- und Pflegeverantwortung erfolgen, wenn aufgrund dessen nicht an bestimmten Weiterbildungsformen teilgenommen werden kann. Fremdselektion kann wiederum durch (diskriminierende) Entscheidungen von Arbeitgeber/-innen als „gate keeper“, aber auch durch strukturelle Hürden (z. B. Zulassungsbeschränkungen) erfolgen. Beides kann den Zugang zu bestimmten Weiterbildungsformen beeinflussen. Die Unterscheidung von Eigen- und Fremdselektion stellt im Rahmen dessen eine besondere Herausforderung dar. Sowohl die Mechanismen zum eigen- und fremdselektiven Weiterbildungsverhalten sowie die Frage, inwiefern Männer und Frauen von den digitalen Veränderungen am Arbeitsmarkt unterschiedlich betroffen sind und welche Folgen dies hat, sind bis dato weitestgehend unerforscht.

Das Promotionsvorhaben setzt an diesen Forschungslücken an und wird von folgenden Forschungsfragen geleitet:

  • Unterscheiden sich Männer und Frauen in ihrem Weiterbildungsverhalten?
  • Unterscheiden sich etwaige Selektionsmechanismen von Männern und Frauen?
  • Wenn ja, welcher Logik folgen die jeweiligen Mechanismen?
  • Welchen Einfluss hat die Digitalisierung auf das Weiterbildungsverhalten bzw. die Selektionsmuster?

Um diese Fragen zu beantworten, wird eine dreigliedrige quantitative Analysestrategie verfolgt:

  1. Anhand von Sequenzanalysen und unter Nutzung des Nationalen Bildungspanels (NEPS, Startkohorte 6) werden zunächst retrospektiv Lebensverläufe nachgezeichnet und geschlechtsspezifische Weiterbildungsmuster im Zeitraum von 1980 bis 2018 identifiziert, um erste Hinweise auf etwaige Selektionsmechanismen zu erhalten.
  2. Anhand aktueller Daten des Nationalen Bildungspanels (NEPS, 2007 bis 2019) werden im Rahmen von Kausalanalysen die theoretisch hergeleiteten Selektionsmechanismen modelliert und auf kausale Zusammenhänge geprüft.
  3. Da der NEPS-Datensatz nicht (ausreichend) Informationen zum Einfluss des technischen Wandels enthält, werden Daten der „Digitalisierung und Wandel der Beschäftigung“- Befragung (DiWaBe) auf Berufsebene angespielt, um den Einfluss des technischen Wandels auf geschlechtsspezifische Selektionsmechanismen zu prüfen.

Erste Ergebnisse der Sequenzanalyse weisen auf mögliche Selektionsmechanismen hin: So sind zwischen 1980 und 2018 die Lebensverläufe von Frauen, die weder an formaler noch non-formaler Weiterbildung teilgenommen haben, besonders durch ausgedehnte Elternzeit-/Mutterschaftsphasen geprägt. Diese Frauen stehen dem Arbeitsmarkt (temporär) nicht zur Verfügung und nehmen somit auch nicht/selten an berufsbezogener Weiterbildung teil. Frauen, die in diesem Zeitraum mindestens einmal an einer non-formalen Weiterbildung teilgenommen haben, weisen wiederum durchschnittlich geringe Elternzeit-/Mutterschaftsphasen sowie ausgeprägte berufsbezogene Weiterbildungsphasen auf, besonders in der zweiten Lebenshälfte. Die Frauen kehren schneller in den Beruf zurück und nehmen häufiger berufsbezogene Weiterbildungen wahr. Für Männer spielen Elternzeitphasen, geschweige denn die Rolle als dauerhafter „Hausmann“ nahezu keine Rolle, unabhängig von der Weiterbildungsbeteiligung. Der männliche Lebenslauf ist insgesamt deutlich durch Erwerbstätigkeits- und Weiterbildungsphasen geprägt, was auf der anderen Seite die mehr oder minder starke Exklusion aus dem Familienleben impliziert.

Poster zum Promotionsvorhaben