BP:

Schlagworte A-Z. Bitte wählen Sie einen Anfangsbuchstaben:

 

Bewertung von Prüfungsleistungen

Zu den Kernaufgaben von Prüferinnen und Prüfern zählt die Bewertung von Prüfungsleistungen. Wichtig sind dabei festgelegte Bewertungskriterien und Bewertungsschlüssel.

Bewertung von Prüfungsleistungen

Gemäß der Musterprüfungsordnung (MPO) für Abschluss- und Umschulungsprüfungen sowie der Musterprüfungsordnung für Gesellen- und Umschulungsprüfungen wird jede Prüfungsleistung von jedem Mitglied des Prüfungsausschusses selbstständig bewertet (§ 25 Absatz 1 MPO). Sowohl die Beschlüsse über die Bewertung einzelner Prüfungsleistungen als auch der Prüfung insgesamt werden vom gesamten Prüfungsausschuss gefasst. Hierzu zählt auch der Beschluss, ob der Prüfling die Abschluss- bzw. Gesellenprüfung bestanden hat (§ 42 Absatz 1 BBiG/§ 35a Absatz 1 HwO). Bei der gemeinsamen Feststellung der Ergebnisse dienen die Einzelbewertungen der Prüfungsausschussmitglieder als Grundlage (§ 25 Absatz 1 MPO).

Das Berufsbildungsgesetz bzw. die Handwerksordnung sieht die Möglichkeit vor, dass zur Vorbereitung der Beschlussfassung der Vorsitzende des Ausschusses mindestens zwei Mitglieder mit der Bewertung einzelner, nicht mündlich zu erbringender Prüfungsleistungen beauftragen kann (§ 42 Absatz 2 BBiG/§ 35a Absatz 2 HwO). Die beauftragten Mitglieder dokumentieren die wesentlichen Abläufe und halten die für die Bewertung erheblichen Tatsachen fest (§ 42 Absatz 3 BBiG/§ 35a Absatz 3 HwO). Die Bewertung der Prüfungsleistung wird allerdings vom gesamten Prüfungsausschuss vorgenommen, die Prüfungsausschussmitglieder sind bei ihrer Entscheidung nicht an die Bewertungsvorschläge der beauftragten Mitglieder gebunden. Sie dienen lediglich als Hilfestellung.

Der Prüfungsausschuss kann daneben zur Bewertung einzelner, nicht mündlich zu erbringender Prüfungsleistungen gutachterliche Stellungnahmen Dritter, insbesondere berufsbildender Schulen, einholen (§ 39 Absatz 2 BBiG/§ 33 Absatz 3 HwO).

Bewertungskriterien und Bewertungsschlüssel

Grundsätzlich sollte der Prüfungsausschuss vor der Prüfung die Bewertungskriterien für die einzelnen Aufgaben festlegen. Diese ergeben sich aus den in den Prüfungsbestimmungen der Ausbildungsordnung festgelegten nachzuweisenden Fertigkeiten, Kenntnissen und Fähigkeiten.

Bei schriftlich zu bearbeitenden Aufgaben sollten Vorschläge für Musterlösungen erarbeitet werden. Für die Bewertung von praktisch-mündlich durchgeführten Aufgaben sollte ein Beobachtungs- und Bewertungsbogen mit Beurteilungskriterien vorliegen.

Wesentlich ist es hier, die nachzuweisenden Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten mit beobachtbaren und/oder erfassbaren Kriterien zu hinterlegen, damit alle Prüferinnen und Prüfer ein gemeinsames Verständnis über die zu bewertenden Merkmale besitzen, beispielsweise von „kundenorientierter Beratung“ und was diese konkret ausmacht.

Nach der Musterprüfungsordnung für die Durchführung von Abschlussprüfungen und Umschulungsprüfungen sowie der Musterprüfungsordnung für die Durchführung von Gesellen- und Umschulungsprüfungen des Hauptausschusses des BIBB sind die Prüfungsleistungen wie folgt zu bewerten:

Note 1 – sehr gut (92 bis 100 Punkte)

eine den Anforderungen in besonderem Maße entsprechende Leistung    

Note 2 - gut (81 bis unter 92 Punkte)

eine den Anforderungen voll entsprechende Leistung  

Note 3 - befriedigend (67 bis unter 81 Punkte)

eine den Anforderungen im Allgemeinen entsprechende Leistung    

Note 4 - ausreichend (50 bis unter 67 Punkte)

eine Leistung, die zwar Mängel aufweist, aber im Ganzen den Anforderungen noch entspricht  

Note 5 - mangelhaft (30 bis unter 50 Punkte)

eine Leistung, die den Anforderungen nicht entspricht, jedoch erkennen lässt, dass gewisse Grundkenntnisse noch vorhanden sind  

Note 6 - ungenügend (0 bis unter 30 Punkte)

eine Leistung, die den Anforderungen nicht entspricht und bei der selbst Grundkenntnisse fehlen

Der 100-Punkte-Schlüssel ist bei der Bewertung aller Prüfungsleistungen, auch bei der Ermittlung von Zwischen- und Gesamtergebnissen, zugrunde zu legen.

Bewertungsfehler

Bei der Erfassung und Bewertung insbesondere mündlich und/oder praktisch zu erbringender Prüfungsleistungen werden besondere Anforderungen an die Prüferinnen und Prüfer gestellt, um die Qualität der Prüfung und ihre Gültigkeit, Zuverlässigkeit und Objektivität zu sichern. 

Objektive Bewertungen können durch vielerlei, meist subjektiv bedingte Faktoren beeinflusst werden, die dann zu Bewertungsfehlern führen können. Diese ziehen in der Regel verzerrte Prüfungsresultate nach sich. 
Aus diesem Grund sollten Prüferinnen und Prüfer diese typischen Bewertungsfehler kennen und versuchen, sie systematisch zu vermeiden.

Persönlichkeitsbedingte Bewertungsfehler: 

  • Fehler durch Projektionen: Eigene Eigenschaften und Fähigkeiten werden auf die zu beurteilende Person projiziert. 
  • Fehler durch Vorurteile, Stereotype: Die Beurteilung der Leistung einer Person wird durch Vorurteile (z. B. gegenüber dem Geschlecht, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer Firma) oder Stereotype (z. B. „Alle Bayern tragen Lederhosen“) verfälscht. 
  • Fehler durch Sympathie bzw. Antipathie: Personen, die besonders sympathisch bzw. unsympathisch sind, werden besonders gut bzw. besonders schlecht beurteilt. 

Wahrnehmungsfehler: 

  • Primäreffekt: Der erste Eindruck einer Person prägt maßgeblich die weitere Einschätzung. 
  • Halo-Effekt: Bestimmte Eigenschaften einer Person (z. B. attraktive Erscheinung, selbstbewusste Ausdrucksweise) überstrahlen die Wahrnehmung der Prüfungsleistungen. 

Maßstabsfehler: 

  • Tendenz zur Strenge/zur Milde: Die Leistung einer Person wird besonders streng bzw. besonders milde beurteilt. 
  • Tendenz zur Mitte: Bei der Leistungsbeurteilung wird sich an den Mittelwerten orientiert. 
  • Tendenz zur Gruppennorm: Die Leistungsbeurteilung einer Person wird anhand der Leistungen der anderen Gruppenmitglieder, nicht anhand der Beurteilungskriterien vorgenommen. 
  • Reihenfolge-Effekt: Die Leistungen einer Person werden an den Leistungen der zuvor geprüften Person gemessen