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BILT Bridging Event at DOTS25: Strategien für die digitale Transformation und Integration von KI in der Berufsbildung

25.08.2025

Die BILT-Konferenz in Malaysia – gemeinsam organisiert von UNESCO-UNEVOC, dem BIBB und Gastgeber UTHM – zeigte: Der digitale Wandel und die Möglichkeiten künstlicher Intelligenz stellen Berufsbildungssysteme weltweit vor ähnliche strukturelle, didaktische und ethische Fragen. Internationale Zusammenarbeit ist unverzichtbar, um diesen Wandel wirkungsvoll, nachhaltig und inklusiv zu gestalten.

Vom 28. bis 30. Mai 2025 fand in Kuala Lumpur, Malaysia, die BILT Bridging Konferenz zum Thema „Policies for the Digital Transformation and Integration of AI in TVET“ statt. Gastgeber war das UNEVOC-Zentrum der Universiti Tun Hussein Onn Malaysia (UTHM), das die Konferenz gemeinsam mit dem UTHM-eigenen Malaysian Research Institute for Vocational Education and Training (MyRIVET), dem Malaysian TVET Council und dem Ministry of Higher Education (MOHE) im Rahmen des Global Digital TVET Transformation Summit (DOTS 2025) ausrichtete.

Rund 60 Teilnehmende aus Asien, Afrika, Europa, Lateinamerika und der Karibik nahmen vor Ort teil – begleitet von über 300 Online-Zuschauenden via YouTube und LinkedIn. Im Mittelpunkt der dreitägigen Veranstaltung stand der Austausch zu globalen, regionalen und nationalen Strategien, Innovationsbeispielen und Erkenntnissen aus internationaler Zusammenarbeit für eine zukunftsfähige Berufsbildung im digitalen Wandel.

Aufzeichnungen der Eröffnungsfeierlichkeiten des Global Digital TVET Transformation Summit sowie des BILT Policy Dialogs sind online auf der Konferenzwebsite verfügbar.

Vier Personen sitzen in Sesseln auf einer Bühne mit rotem Teppich beim Policy-Dialog.

Same same but different: Interregionaler Policy Dialog zur digitalen Transformation

Höhepunkt der in den DOTS 2025 eingebetteten BILT-Konferenz war ein interregionaler Policy-Dialog mit Vertretern des ASEAN TVET Council (ATC), der African Union Commission (AUC) sowie der Caribbean Association of National Training Authorities (CANTA).

Es zeigte sich: Die Herausforderungen der digitalen Transformation – etwa in den Bereichen Qualifikationsbedarf, Fachkräftesicherung oder Chancengerechtigkeit – ähneln sich weltweit. Gleichzeitig unterscheiden sich politische Rahmenbedingungen, institutionelle Zuständigkeiten und infrastrukturelle Voraussetzungen teils erheblich. Im Fokus der Diskussion stand die Frage, wie sich die häufig auftretende Lücke zwischen strategischer Planung und praktischer Umsetzung in der Berufsbildung schließen lässt.

Nicholas Ouma (AUC) betonte, dass Strategien zur Kompetenzentwicklung nur dann wirksam sind, wenn sie als Querschnittsthema systematisch in nationale und regionale Entwicklungspläne integriert werden. Entscheidend ist dabei die Einbindung aller relevanten Akteure, unabhängig von ministeriellen Zuständigkeiten. Nur so lassen sich die häufig fragmentierten Zuständigkeiten in der Berufsbildung überwinden. Klare Kooperationsstrukturen sind unerlässlich, um sicherzustellen, dass politische Zielsetzungen auch tatsächlich umgesetzt werden.

Laksasak Yangsaman vom ATC unterstrich, dass Berufsbildung nur dann den Anforderungen des Arbeitsmarkts gerecht werden kann, wenn der Privatsektor systematisch einbezogen wird. Im ASEAN Workplan 2021–2030 ist diese Zusammenarbeit daher als zentraler Hebel für Reformen verankert.

Ein weiteres zentrales Thema war die Förderung von Durchlässigkeit, um Lern- und Karrierewege flexibler zu gestalten. Regionale Kooperationsstrukturen, wie sie in der Karibik erprobt werden, spielen dabei eine wichtige Rolle. Kertney Thompson (CANTA) berichtete, wie gemeinsame Standards und Verfahren zur Anerkennung informell erworbener Kompetenzen die Anschlussfähigkeit von Bildungsangeboten verbessern. Daraus ergibt sich: Durchlässigkeit entsteht nicht allein durch nationale Maßnahmen, sondern auch über koordinierte regionale Ansätze.

Die Diskussion sowie der anschließende direkte Austausch mit den Teilnehmenden zeigten ein breites Spektrum an Herausforderungen und Lösungsansätzen – mit folgenden zentralen Erkenntnissen:

  • Digitale Technologien ergänzen bewährte Ausbildungsmethoden, ersetzen sie aber nicht. Ihr Mehrwert entsteht durch didaktisch sinnvolle Integration – etwa durch KI-gestützte individuelle Lernpfade oder digitale Lerntools.
  • Bildungspersonal als Schlüsselakteure der digitalen Transformation. Programme und Initiativen zur digitalen Kompetenzentwicklung zeigen, wie Lehrende systematisch und praxisnah in KI-gestützte, digitale Lehrmethoden eingeführt werden können. Digitale Lernplattformen und modulare Weiterbildungsformate ermöglichen skalierbare Lösungen.
  • Inklusion, Weiterbildung und ethischer KI-Einsatz sind grundlegende Erfolgsfaktoren. Digitale Lösungen müssen barrierefrei und chancengerecht gestaltet werden. Gleichzeitig sind Kompetenzen für den sicheren, reflektierten Umgang mit KI unverzichtbar – für Lehrende und Lernende.
  • Unternehmensbeteiligung ist entscheidend: Vor allem die Frage nach dem „Return on Investment“ und konkreten Modellen zur Stärkung der Unternehmensbeteiligung, wie etwa in Malaysia über Umlagesysteme (levy systems), Ko-Investitionen, Steueranreize oder Sector Skills Councils.
  • Zuverlässige Daten zur Berufsbildung und zum Arbeitsmarkt bleiben eine Herausforderung – sowohl in Erhebung als auch Nutzung, sind aber als Basis für die Ausarbeitung von politischen Strategien und Reformen unverzichtbar.
Stellvertretender Leiter der Abteilung „Berufsbildung international" im BIBB

Multilaterale Organisationen als Treiber globaler Transformation

Deutlich wurde auch: Multilaterale und regionale Organisation spielen eine zentrale Rolle in globalen Transformationsprozessen. Sie setzen wichtige Impulse für strategische Ausrichtung, Kapazitätsaufbau und strukturierte Reformprozesse. Entscheidend für nachhaltigen Erfolg und Wirkung bleibt aber die Umsetzung auf nationaler und lokaler Ebene. Die unterstützende Rolle von regionalen und globalen Netzwerken wurde ebenfalls hervorgehoben.

Michael Wiechert, stellvertretender Leiter der Abteilung „Berufsbildung international“, führte in seinem Impulsbeitrag, entsprechend Beispiele aus der internationalen Zusammenarbeit des BIBB an: Digitalisierung und KI stehen klar im Fokus sowohl in den Kooperationen mit Partnerinstitutionen weltweit als auch unter europäischen Mitgliedsstaaten oder im wichtigsten globalen Netzwerk für die Berufsbildung, dem UNEVOC-Netzwerk, in dem das BIBB als UNEVOC-Zentrum seit Netzwerk-Gründung aktiv ist.      

Daten, KI und ethische Fragen

Ein weiteres Querschnittsthema der Konferenz war der reflektierte Umgang mit Daten und Künstlicher Intelligenz, verbunden mit dem Ruf nach klaren Standards für Datenerhebung, Transparenz und ethische Nutzung. Zwei Anwendungsbeispiele illustrierten, wie KI-basierte Tools die Evidenzbasis in Entscheidungsprozessen stärken können:

UNESCO’s Global Skills Tracker - Frühindikator für Qualifikationstrends

Hiromichi Katayama, UNESCO Jakarta, stellte den Prototyp des Global Skills Tracker vor. Auf Basis großer, KI-gestützter Datenauswertungen – insbesondere aus Online-Jobportalen – macht ein interaktives Dashboard sektor- und länderübergreifende Kompetenztrends sichtbar. Bildungspolitische Entscheidungsträger sollen so frühzeitig erkennen können, in welchen Bereichen Qualifikationsverschiebungen stattfinden und wo Handlungsbedarf besteht.

KI-gestützte Vergleichbarkeit von Qualifikationen

James Keevy, JET Education, Südafrika, und Hannah Manoharan, Oman College of Health Sciences, präsentierten ein weiteres KI-Anwendungsfeld: den internationalen Vergleich von Qualifikationen. Unterschiedliche Strukturen und Terminologien nationaler Qualifikationsrahmen erschweren bislang die Vergleichbarkeit. Durch generative KI-Modelle können semantische Muster in Lernergebnissen und Kompetenzbeschreibungen identifiziert werden – ein Ansatz, der langfristig zur Entwicklung anschlussfähiger Taxonomien beitragen und die Anerkennung von Kompetenzen weltweit erleichtern kann.

Praxisnah: BILT Poster Galerie und Study Visit

Einblicke in innovative Praxisbeispiele aus der globalen BILT Community sowie Raum für direkten Austausch bot die BILT Poster Galerie. Die vorgestellten Poster zeigten eine große thematische Bandbreite - von KI-gestützten Lernplattformen über erfolgreiche Public-Private-Partnerships bis hin zu Beispielen für die lokale Umsetzung bildungspolitischer Reformen. Die lebendige Gestaltung der Ausstellung förderte Wissenstransfer und Vernetzung auf Augenhöhe – über institutionelle, sektorale und nationale Grenzen hinweg.

Auch die deutsche Berufsbildungslandschaft war sichtbar vertreten: Alle vier deutschen UNEVOC-Zentren beteiligten sich mit eigenen Postern. Das BIBB zeigte mit den Projekten MIKA (Medien- und IT-Kompetenz für Ausbildungspersonal) und KoDIA (Kompetenzen für die digitale Arbeitswelt) zwei Beispiele zur Qualifizierung von Ausbildungspersonal für die digitalisierte Arbeitswelt. Besonders nachhaltig: Die BILT Poster-Galerie ist online weiterhin ‚aufgebaut‘!

Ein Study Visit zum Community College Selayang rundete die Konferenz ab und bot konkrete Einblicke in malaysische Berufsbildungspraxis mit einem Fokus auf inklusive und digitale Lehrmethoden.

Fazit: Multilaterale Zusammenarbeit als Schlüssel

Als roter Faden zog sich durch alle Beiträge: Internationale Kooperation und Wissensaustausch über Weltregionen hinweg sind entscheidend. Dass direkt mehrere Beitragende Partnerinstitutionen des BIBB waren – aus Südkorea (KRIVET), Australien (NCVER), Costa Rica (INA) und Brasilien (SENAC) – unterstrich, dass bilateral oft bereits starke Verbindungen bestehen und gegenseitiges Lernen gelebt wird.

Im Rahmen der 2025 gestarteten BMBF-Initiative ‚Excellence in VET – Towards a Global TVET Agenda‘ stehen die multilateralen und regionalen Akteure im Fokus – um Austausch auf globaler Ebene voranzutreiben und Zusammenarbeit zu gemeinsamen Prioritäten zu koordinieren. UNESCO-UNEVOC ist einer der multilateralen Partner in der Initiative, unter deren Schirm auch das seit 2019 etablierte BILT-Projekt fortgeführt wird. Klar ist: Digitalisierung und KI bleiben auf der Agenda für die internationale Berufsbildungszusammenarbeit.   

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