Junge Erwachsene ohne Berufsabschluss

Menschen ohne Berufsabschluss sind seltener erwerbstätig und häufiger erwerbslos, sie können ihren Lebensunterhalt seltener aus eigenem Einkommen bestreiten - und sie fehlen der Volkswirtschaft als Fachkräfte. Die Zahl junger Erwachsener ohne einen formalen beruflichen Abschluss ist daher ein wesentlicher bildungspolitischer Indikator für das kontinuierliche Monitoring und die regelmäßige Berufsbildungsberichterstattung.

Nicht formal Qualifizierte (nfQ)

Die Zahl junger Erwachsener ohne einen formalen beruflichen Abschluss ist ein wesentlicher arbeitsmarktpolitischer Indikator, denn Personen ohne Berufsabschluss tragen auch bei guter konjunktureller Lage ein höheres Risiko der Arbeitslosigkeit und verdienen im Durchschnitt weniger als Beschäftigte mit Berufsausbildung. Die Reduktion der Quote nicht formal qualifizierter (nfQ) junger Erwachsener verbessert somit maßgeblich ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Im Jahr 2023 lag nach Daten des Mikrozensus (MZ) in der Bevölkerung in Privathaushalten der Anteil junger Erwachsener im Alter von 20 bis 34 Jahren ohne Berufsausbildung bei 19,0% (2022: 19,1%). Hochgerechnet waren dies 2,86 Mio. Die Entwicklung im längeren Zeitverlauf ab dem Jahr 2000 ist in Schaubild 1 dargestellt, bei der Interpretation der Ergebnisse sind allerdings mehrere Methodenbrüche zu berücksichtigen.

Schaubild 1: Entwicklung der Zahl und des Anteils der jungen Erwachsenen im Alter von 20 bis 34 Jahren ohne Berufsausbildung von 2000 bis 2023

Der Anteil der nfQ variiert stark mit den Schulabschlüssen. Personen zwischen 20 und 34 Jahren mit einer Studienzugangsberechtigung hatten 2023 mit 7,9 % mit Abstand die geringste nfQ-Quote in ihren Kohorten. Von den 20- bis 34-Jährigen, die über keinen Schulabschluss verfügten bzw. diesen nicht angaben, besaßen 77,5 % auch keinen Berufsabschluss. Dies zeigt, dass sich eine höhere Schulbildung eindeutig positiv auf die Chancen einer formalen beruflichen Qualifikation auswirkt.

Tabelle 1: Junge Erwachsene ohne Berufsabschluss im Alter von 20 bis 34 Jahren im Jahr 2023 (absolut und in %)

Der Anteil der Frauen unter allen nicht formal qualifizierten Personen lag 2023 bei 43,9 %. Die nfQ-Quote der 20- bis 34-jährigen Frauen lag bei 17,2 % und somit um 3,4 Prozentpunkte unter der der gleichaltrigen Männer. Im Vergleich zum Vorjahr sank die nfQ-Quote bei Frauen in dieser Altersgruppe leicht um 0,3 Prozentpunkte (2023: 17,2 %; 2022: 17,5 %), wohingegen sie bei Männern um 0,1 Prozentpunkte geringfügig zunahm (2023: 20,6 %; 2022: 20,5 %).

Auch nach Staatsangehörigkeit sind Unterschiede in den nfQ-Quoten ersichtlich. Während junge Erwachsene zwischen 20 und 34 Jahren mit einer deutschen Staatsangehörigkeit im Jahr 2023 eine nfQ-Quote von nur 12,3 % (2022: 12,7 %) vorwiesen, waren es bei den ausländischen Gleichaltrigen mit einer Quote von 37,4 % (2022: 38,1 %) mehr als dreimal so viele.

Der Anstieg der Fluchtmigration in den Jahren 2015 und 2016, der sich methodisch bedingt im MZ erst 2016 bemerkbar machte, führte zu einer Erhöhung der nfQ-Quote in der Gesamtbevölkerung. Insbesondere infolge der Neuzuwanderung der 20- bis 34-Jährigen aus den Kriegs- und Krisenländern Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia und Syrien. Im Jahr 2016 kamen 30 % der 20- bis 34-jährigen Neuzugewanderten aus diesen Ländern. Die nfQ-Quote betrug 2023 in dieser Gruppe 56,9 % (2016: 61,7 %), wohingegen die nfQ-Quote aller Neuzugewanderten bei 35,8 % (2016: 41,1 %) lag. Bei Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit schwankte die nfQ-Quote bis 2020 geringfügig um den Wert von 10,0 % und erhöhte sich auf 12,3 % im Jahr 2023. Die nfQ-Quote der im Jahr 2023 und im Vorjahr nach Deutschland zugezogenen Ukrainerinnen und Ukrainer im Alter von 20 bis 34 Jahren betrug 28,0 % und lag damit oberhalb der gesamtdeutschen nfQ-Quote (19,0 %).

Schaubild 2: NfQ-Quote der 20- bis 34-Jährigen mit deutscher oder ausländischer Staatsangehörigkeit (in %)

Zusammenfassend ist somit der wachsende nfQ-Anteil unter den selbst Eingewanderten ausschlaggebend für den Anstieg der Gesamtquote in der Bevölkerung in Privathaushalten im Alter von 20 bis 34 Jahren. Verstärkt wurde diese Entwicklung durch die Fluchtmigration in den Jahren 2015 und 2016. Die Ergebnisse zeigen jedoch weiterhin, dass ein hoher nfQ-Anteil nicht nur in dieser Gruppe zu verorten ist. Um die nfQ-Quote junger Erwachsener nachhaltig zu senken, ist insgesamt der Unterschied im Erwerb eines beruflichen Bildungsabschlusses zwischen Personen mit und ohne Einwanderungsgeschichte zu fokussieren.

Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass bei der Interpretation der Ergebnisse im Lichte der erhöhten Fluchtmigration in den vergangenen Jahren beachtet werden muss, dass gerade neu zugewanderte Geflüchtete im MZ untererfasst sind. Durch die Eingrenzung auf Personen in Privathaushalten wurden all jene in Gemeinschaftsunterkünften wie Aufnahmeeinrichtungen hier nicht berücksichtigt. Dies trifft insbesondere auf im Jahr 2022 aus der Ukraine geflüchtete Personen zu.

Ab dem Jahr 2020 fand eine weitreichende Änderung der Erhebungsmethodik des Mikrozensus statt und bedingt durch die Coronapandemie traten vermehrt Antwortausfälle auf. Es ist damit zu rechnen, dass dadurch die Vergleichbarkeit der Ergebnisse des Mikrozensus ab dem Erhebungsjahr 2020 mit vorherigen Jahrgängen stark eingeschränkt bis unmöglich ist. Dies trifft insbesondere auf untersuchte Subpopulationen zu, die in der Stichprobe nur gering vertreten sind. Die höhere nfQ-Quote in den Jahren 2020 und 2021 bei Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit und Zuzug im aktuellen oder Vorjahr aus Krisengebieten kann daher nicht inhaltlich interpretiert werden.

Erläuterungen

Nicht formal Qualifizierte (nfQ) sind (erwerbsfähigen) Personen, die keinen Abschluss einer dualen oder rein schulischen Berufsausbildung oder eines Fachhochschul- oder Hochschulstudiums (oder gleichwertigen Abschlusses) vorweisen können. Personen mit Anlernausbildung bzw. mit einem Praktikum gelten als nicht formal qualifiziert. Da sich unter den nfQ vor allem in den untersuchten Altersjahrgängen eine erhebliche Anzahl an Personen befindet, die ihre berufliche Ausbildung noch nicht beendet haben oder ihren freiwilligen Wehrdienst, Bundesfreiwilligendienst oder ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr leisten, wurden bei der Auswertung der Mikrozensusdaten Schüler/-innen, Studierende, Auszubildende, Freiwilligendienstleistende nicht zu denjenigen ohne abgeschlossene Berufsausbildung gezählt.

Weitere Informationen siehe

  • Kalinowski, Michael: Indikatoren zur Reichweite der Berufsausbildung. In: Dionisius, Regina; Niemann, Moritz (Hrsg.): Beteiligung an beruflicher Bildung – Indikatoren und Quoten im Überblick – 2024. 2. Auflage. Bonn 2024, S. 89-92
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Die Auswertungen dieses Kapitels basieren auf dem Mikrozensus (MZ) des Statistischen Bundesamtes. Der MZ ist eine repräsentative Studie, an der jährlich 1 % der Bevölkerung in Deutschland über eine laufende Haushaltsstichprobe beteiligt ist, und dient der Bereitstellung statistischer Informationen über die wirtschaftliche und soziale Lage der Bevölkerung sowie über die Erwerbstätigkeit, den Arbeitsmarkt und die Ausbildung.

Weitere Informationen siehe

  • BIBB-Datenreport 2024, Kapitel A11.1 Erläuterungskasten
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  • Destatis "Was ist der Mikrozensus"
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Weiterführende Informationen

Kontakt

Michael Kalinowski