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Lateinamerika und Karibik gründen strategische Allianz für duale Ausbildung

Berufsbildungsinstitutionen aus 15 Ländern gründeten feierlich die Allianz für duale Ausbildung in Lateinamerika und Karibik. Dies war Höhe- und Schlusspunkt der Regionalkonferenz des mexikanischen BIBB-Partnerinstituts CONALEP, BIBB und der ILO-Cinterfor.

Lateinamerika und Karibik gründen strategische Allianz für duale Ausbildung

Mit einer feierlichen Abschlusszeremonie, die zugleich Höhepunkt der dreitägigen virtuellen Konferenz Allianz für die duale Berufsbildung in Lateinamerika und Karibik - Perspektiven und Konsolidierung der dualen Berufsbildung vom 28. bis 30. Juni 2021 war, versprachen Vertreter/-innen von öffentlichen und privaten Berufsbildungsinstitutionen aus 15 Ländern sich aktiv für den Ausbau und die Konsolidierung der dualen Ausbildung in dieser Region zu engagieren.

Mit Gründung der Allianz wollen die Länder

  • die Zusammenarbeit zwischen den führenden Institutionen für duale Ausbildung in Lateinamerika und Karibik fördern,
  • kooperative Gemeinschaften zur Konsolidierung der dualen Systeme bilden,
  • nationale, regionale und sektorale Best-Practice-Beispiele der teilnehmenden Länder analysieren,
  • Modelle der Kooperation zwischen dem produktiven Sektor und den Bildungsinstitutionen erneuern sowie
  • die Mobilität der einzelnen Akteure im dualen System ermöglichen.

Dr. Enrique Ku Herrera, Generaldirektor von CONALEP (Colegio Nacional de Educación Profesional Técnica), dankte den Gründungsmitgliedern der Allianz aus Bolivien, Brasilien, Chile, Costa Rica, der Dominikanischen Republik, Ecuador, El Salvador, Guatemala, Honduras, Kolumbien, Kuba, Mexiko, Panama, Paraguay und Uruguay für die Bereitschaft, gemeinsam an den besten Strategien zum Wohle der Jugend zu arbeiten. Dabei betonte er die Bedeutung der engen Zusammenarbeit mit dem BIBB.

Birgit Thomann, Leiterin der internationalen Abteilung des BIBB, bedankte sich für die Nominierung des BIBB als Referenzinstitution und Deutschland als Referenzland und versicherte den Repräsentantinnen und Repräsentanten der Allianz und ihrem Präsidenten, dass das BIBB dem Netzwerk weiterhin mit seiner Expertise zur Seite stehen werde.

Das BIBB hatte diesen Prozess 2020 gemeinsam mit CONALEP angestoßen und in mehreren Dialogrunden seit Oktober 2020 beratend begleitet. Mit ILO-Cinterfor (Inter-American Centre for Knowledge Development in Vocational Training of the International Labour Organization - für Lateinamerika und Karibik), das diesen regionalen Austausch seit März 2021 aktiv unterstützt, besteht eine starke Zusammenarbeit zur Förderung der Qualität dualer Ausbildung in Lateinamerika und Karibik.

CONALEP übernimmt als erstes die Präsidentschaft der Allianz. Dr. Enrique Ku Herrera steht damit vor der Aufgabe, den Prozess der Etablierung des Beirats mit Sekretariat, Plenum und Arbeitsgruppen in den nächsten Monaten voranzutreiben. 

Anne Caroline Posthuma, Direktorin von ILO-Cinterfor in Montevideo, lud die Allianz ein, an der Arbeitstagung der ILO-Cinterfor im November 2021 in Madrid teilzunehmen und die Chance zu nutzen, Vorschläge aus Lateinamerika und der Karibik auf dieser bedeutenden internationalen Bühne einzubringen. Dies sei ein historischer Moment, den es zu nutzen gelte, so Anne Posthuma.

Rund um die duale Berufsbildung in Lateinamerika und der Karibik

Der Gründung der Allianz gingen drei intensive Konferenznachmittage voraus, an denen sich Repräsentantinnen und Repräsentaten von Bildungsinstitutionen, Regierungen, Kammern, Unternehmen, Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretungen, Auszubildende und multilaterale Akteure aus Lateinamerika und der Karibik in hochkarätig besetzten Vorträgen und Diskussionen umfassend zum Stand und den Herausforderungen der dualen Ausbildung in ihren Ländern austauschten.

Diskutiert wurde über Qualifikationen der Zukunft, Digitalisierung und Industrie 4.0, die Qualität in der dualen Ausbildung, die duale Ausbildung unter COVID-19 bzw. Post-Pandemie-Bedingungen und die Qualifizierung von Berufsbildungspersonal. Zentrale Fragen waren die Etablierung neuer Beziehungen zwischen den Akteuren aus Wirtschaft, Staat und Gesellschaft sowie der in Lateinamerika oftmals fehlende soziale Dialog, der zur Förderung einer dualen Berufsbildung unabdingbar ist.

Vinícius Carvalho Pinheiro, Regionaldirektor der ILO (International Labour Organization), hob hervor, dass junge Menschen, insbesondere in Lateinamerika und der Karibik, am stärksten von den Folgen der Covid-19-Pandemie betroffen seien. Angesichts dieser Situation - so Carvalho Pinheiro - sei die Aktivierung der dualen Ausbildung als Qualitätsmodell eine der besten Alternativen, um die Reaktivierung von Wirtschaft und Gesellschaft zu fördern.

Prof. Hubert ErtlBIBB-Forschungsdirektor und Ständiger Vertreter des Präsidenten, betonte, dass die duale Ausbildung eine sehr wichtige Rolle in der Gesellschaft spielen könne, da sie eine "Investition in das Know-how der Menschen bedeutet und eine Ausbildung ist, die sich sowohl an den Bedürfnissen des Marktes und den Anforderungen der produktiven Sektoren orientiert als auch den jungen Menschen hochwertige Kompetenzen vermittelt und so ihre Integration in den Arbeitsmarkt garantiert“.

Duale Ausbildung als neue internationale Arbeitsnorm

Auf die Bedeutung des internationalen Kontextes für die duale Ausbildung wies Srinivas Reddy, Direktor der Abteilung für theoretisches und praktisches Wissen und Beschäftigungsfähigkeit der ILO in Genf, in seinem Beitrag hin: Duale Ausbildung, oder „quality apprenticeship“ (hochwertige Lehrlingsausbildung), wie sie die ILO nennt, soll auf den International Labour Conferences 2022-2023 diskutiert und als neue internationale Arbeitsnorm international anerkannt werden. Dazu gibt es verschiedene Prozessschritte, die eine Beteiligung der Mitgliedsländer vorsehen. Reddy rief die versammelten Staaten auf, diese Mechanismen zu nutzen und sich außerdem im Rahmen der Allianz aktiv zu beteiligen.

Die duale Ausbildung unter Pandemiebedingungen

Zum Themenschwerpunkt duale Ausbildung unter Corona- und Post-Pandemie-Bedingungen diskutierten Thomas Giessler (DGB), Dr. Mark Heinzel (DIHK) und Oscar Alfonso García (salvadorianisches Zentrum für Bildung, AGAPE) über Anpassungen der beruflichen Bildung in Zeiten der Post-Pandemie zur Erhaltung von Qualität in der dualen Ausbildung. Giessler und Heinzel verdeutlichten mit zahlreichen Beispielen, wie in Deutschland der Staat, Arbeitgeber und Arbeitnehmer durch ihre Zusammenarbeit in zahlreichen Gremien und auf unterschiedlichen Ebenen zur Verbesserung des dualen Systems beitragen, und wie sich dies auch in den schwierigen Zeiten der Pandemie bewährt hat.

Die dreitägige Debatte enthielt zahlreiche Reflexionen, so dass die Teilnehmenden ihr gegenseitiges Verständnis von den Unterschieden und Gemeinsamkeiten in Modalitäten und Ausprägungen dualer Ausbildung in Lateinamerika und der Karibik vertiefen konnten. Eins wurde deutlich: Alle Gründungsmitglieder eint die Überzeugung, dass die Beziehungen zwischen Bildungssektor und produktivem Sektor zum Wohle der Jugendlichen und der Qualität der dualen Ausbildung neu definiert werden müssen. Dabei muss berücksichtigt werden, dass die meisten Unternehmen Kleinst-, Klein- und mittlere Unternehmen sind. Der Aufbau eines gemeinsamen Rahmens für die duale Ausbildung in Lateinamerika und der Karibik und die Entwicklung grundlegender Qualitätsstandards sind weitere Ansätze, die diskutiert werden müssen – und die langfristig helfen, die duale Ausbildung zu konsolidieren.

Neben Vorträgen und Diskussionen präsentierten die 15 Länder sowie Deutschland - repräsentiert durch das BIBB - und ILO-Cinterfor ihre Ausbildungsprogramme und Institutionen in digitalen Pavillons. Insgesamt nahmen 600 Personen aus über 15 Ländern an der Veranstaltung teil. Über YouTube streamten zwischen 3.000 und 5.000 Personen die Konferenz.