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Ungleichheitstrends bei non-formaler und informeller Weiterbildung: Effekte der Kompetenzentwicklungsstrategien deutscher Betriebe

Mortimer Schlieker

Im deutschen Berufsbildungssystem hat die kontinuierliche Weiterbildung von Beschäftigen vor dem Hintergrund des voranschreitenden demografischen und technologischen Wandels große Bedeutung. Sie ist eine zentrale Säule für berufliche Karrieren, betriebliche Wettbewerbsfähigkeit und die gesellschaftliche Entwicklung insgesamt. Trotz dieser hohen Relevanz zeigen Forschungsbefunde, dass der Zugang zu Weiterbildung in Deutschland anhaltend sehr ungleich verteilt ist. Vor allem geringqualifizierte Beschäftigte mit einfachen Tätigkeiten haben geringere Chancen als ihre (hoch-)qualifizierten Kolleg/-innen, sich in ihrem Arbeitsleben weiterzubilden– eine Situation, die sich im Zuge der Corona-Pandemie durch neue Formen des digitalen Arbeitens und Lernens noch weiter verstärkt hat.

Da der Großteil der Weiterbildung in Betrieben stattfindet, werden betriebliche Formen des Lernens und der Kompetenzentwicklung für diesen Ungleichheitstrend immer entscheidender. Insbesondere non-formale und informelle Formen der betrieblichen Weiterbildung – d.h. sämtliche Lernaktivitäten, die unabhängig von formaler Weiterbildung und staatlich anerkannter Zertifizierung in Betrieben stattfinden – spielen hierbei eine wichtige Rolle. Für die Teilhabe aller Beschäftigten an diesen Weiterbildungsformen wird das betriebliche Entscheiden und Handeln zur Gestaltung lernförderlicher Arbeitsbedingungen immer relevanter. Dazu können u.a. Maßnahmen wie die wechselnde Zusammensetzung von Teams, der Einsatz digitaler Lern- und Kommunikationsplattformen oder die Nutzung von Kompetenzmanagementsystemen zählen.

Es ist anzunehmen, dass die spezifischen Kompetenzentwicklungsstrategien von Betrieben, die als Summe all dieser Aktivitäten im Bereich der lernförderlichen Arbeitsorganisation und Kompetenzentwicklung definiert werden können, die Weiterbildungschancen nicht für alle Beschäftigtengruppen in gleicher Weise beeinflussen. Aufgrund mangelnder Datengrundlage war es bisher jedoch nur eingeschränkt möglich, betriebliche Kompetenzentwicklungsstrategien ganzheitlich in den Blick zu nehmen und ihren Effekt auf Weiterbildungsungleichheiten in der deutschen Betriebslandschaft zu untersuchen.

An diese Forschungslücke knüpft das Promotionsvorhaben an und zielt darauf ab, anhand neuer Befragungsinstrumente im BIBB Betriebspanel zur Qualifizierung und Kompetenzentwicklung die betriebliche Ebene ins Zentrum der Untersuchung von Weiterbildungsungleichheiten zu stellen. Dabei stehen drei analytische Ziele im Vordergrund:

  1. Die Untersuchung der Verbreitung von betrieblichen Kompetenzentwicklungsstrategien anhand typologisierender Verfahren.
  2. Die Erklärung des Effekts von betrieblichen Kompetenzentwicklungsstrategien auf die Verbreitung von non-formalen und informellen Weiterbildungsformen in Betrieben im Zeitverlauf.
  3. Die Untersuchung, ob bestimmte betriebliche Kompetenzentwicklungsstrategien die Chancengleichheit im Zugang zu non-formaler Weiterbildung für Beschäftigte mit unterschiedlichen Qualifikations- und Tätigkeitsniveaus beeinflusst.

Insgesamt soll das Promotionsvorhaben durch den Fokus auf Betriebe und betriebsspezifische Auswahlprozesse die vorherrschende Literatur zu individuellen Erklärungsfaktoren für die Teilnahme an Weiterbildung ergänzen. Des Weiteren soll die Differenzierung von non-formalen und informellen Weiterbildungsaktivitäten zu einem besseren Verständnis der komplexen Kompetenzentwicklungsoptionen in Betrieben beitragen.