Hochschulische Pflegeausbildung
Mit der Novellierung des Pflegeberufegesetzes (PflBG) und dem Inkrafttreten des Pflegestudiumstärkungsgesetzes (PflStudStG) im Jahr 2024 erfährt die hochschulische Pflegeausbildung eine umfassende Aufwertung. Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) begleitet die hochschulische Pflegeausbildung wissenschaftlich und konzeptionell. Es vernetzt Forschung, Praxis und Politik, um zukunftsfähige und praxisnahe Lösungen für die akademische Pflegebildung zu entwickeln.
Der Begriff „Hochschulische Pflegeausbildung“ bezieht sich auf primärqualifizierend-duale Studiengänge, die seit 2020 im PflBG eine gleichwertige Alternative zur beruflichen Ausbildung darstellen und zur Pflege von Menschen aller Altersgruppen in sämtlichen Versorgungssettings befähigen. Darüber hinaus verfolgt dieser Studiengang ein erweitertes Ausbildungsziel: Pflegestudierende erwerben vertieftes pflegewissenschaftliches Wissen, reflektieren ihre berufliche Rolle und sind auf die Versorgung in hochkomplexen Pflegesituationen vorbereitet – stets auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse zum Pflegeprozess.
Die erfolgreich abgeschlossene Hochschulische Pflegausbildung führt zu einer staatlichen Berufszulassung als Pflegefachfrau, Pflegefachmann oder Pflegefachperson sowie zum Erwerb eines akademischen Bachelorgrades. Von der Hochschulischen Pflegeausbildung sind Studiengänge zu trennen, die zwar pflegepraktisch ausgerichtet sind, bei denen aber der Erwerb einer Berufszulassung nicht ins Studium integriert ist (z.B. additive oder ausbildungsbegleitende Studienformate).
Seit 2024 wurden die Rahmenbedingungen der primärqualifizierenden hochschulischen Pflegeausbildung an die berufliche Pflegeausbildung im PflBG angeglichen. Wesentliche Neuerungen im Überblick:
1. Vertragsverhältnisse und Vergütung
Pflegestudierende schließen zwei Verträge – einen mit einer Hochschule und einen mit dem Träger des praktischen Ausbildungsteils. Sie erhalten während der gesamten Studiendauer eine Ausbildungsvergütung.
2. Lernortverknüpfung: Hochschule und Praxispartner
Die Hochschule koordiniert die gesamte Ausbildung. Die Praxiseinsätze werden durch die kooperierenden Einrichtungen organisiert und durchgeführt – basierend auf vertraglichen Vereinbarungen mit der Hochschule.
3. Praxisanleitung
Mindestens 10 % jedes Praxiseinsatzes erfolgt durch eine geplante und strukturierte Anleitung auf Grundlage eines modularen Curriculums. Die Anleitung übernehmen qualifizierte Pflegefachpersonen, künftig vorzugsweise (ab 2030 verpflichtend) mit hochschulischer Qualifikation.
4. Erweiterte heilkundliche Kompetenzen (ab 2025)
Studierende erwerben zusätzlich heilkundliche Kompetenzen mindestens in den Bereichen:
- Versorgung chronischer Wunden
- Betreuung bei diabetischen Stoffwechsellagen
- Pflege von Menschen mit Demenz
Grundlage dafür ist das Modul „Ein professionelles Berufs- und Rollenverständnis mit erweiterter heilkundlicher Verantwortung entwickeln“. Im Gegensatz zur beruflichen Pflegeausbildung sind die heilkundlichen Inhalte in der hochschulischen Pflegeausbildung obligatorisch.
Vor der Reform lag die Akademisierungsquote in der Pflege noch auf vergleichsweise niedrigem Niveau: laut einer Sondererhebung zum BIBB-Pflegepanel betrug sie im Jahr 2021 - ausschließlich unter Berücksichtigung primärqualifizierender Studiengänge - 0,82% (Meng, Peters, Dorin 2022). Daten für das Jahr 2024 werden voraussichtlich im Sommer 2025 vom Statistischen Bundesamt in der Statistik nach Pflegeausbildungsfinanzierungsverordnung (PflAFinV) veröffentlicht. Der Wissenschaftsrat empfiehlt eine Zielquote von 20 % akademisch qualifizierten Pflegefachpersonen (Wissenschaftsrat 2023). Allerdings wird hier nicht nur an Studienabsolventen gedacht, die primärqualifizierende Formate durchlaufen haben, sondern z.B. auch Pflegefachpersonen mit additivem oder ausbildungsbegleitendem Studienabschluss.
Primärqualifizierende hochschulische Pflegeausbildung (2020 – 2023)
Als primärqualifizierende hochschulische Pflegeausbildung mit Bachelorabschluss nach dem Pflegeberufegesetz (Stand 2020) gelten Studiengänge, in welchen die Studierenden keinen Vertrag mit einem Träger der praktischen Pflegeausbildung oder einem Träger des praktischen Teils der hochschulischen Pflegeausbildung haben und nach erfolgreich abgeschlossener hochschulischer und staatlicher Prüfung am Ende ihres Studiums eine Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung „Pflegefachfrau“, „Pflegefachmann“ oder „Pflegefachperson“ mit dem jeweiligen akademischen Grad nach dem PflBG erhalten. Die Hochschule trägt die Gesamtverantwortung für die Koordination der theoretischen und praktischen Lehrveranstaltungen mit den Praxiseinsätzen. Sie ist auch für die Durchführung der Praxiseinsätze verantwortlich und schließt hierfür Kooperationsvereinbarungen mit den Einrichtungen der Praxiseinsätze.
Hochschulische Pflegeausbildung/ Duales Studium Pflege
Als duales Studium gelten Studiengänge, in welchen die Studierenden einen Vertrag mit der Hochschule und einen Vertrag mit dem Träger der praktischen Ausbildung haben.
Mit dem PflStudStG werden im Pflegeberufegesetz (2024) die Anforderungen an das primärqualifizierende Pflegestudium mit denen des dualen Studiums verknüpft. Dementsprechend schließen die Pflegestudierenden einen Vertrag mit dem Träger des praktischen Teils der hochschulischen Pflegeausbildung ab, der auf Grundlage des mit der Hochschule getroffenen Kooperationsvertrags die Verantwortung für die Organisation und Durchführung der Praxiseinsätze übernimmt. Die Pflegestudierenden erhalten dabei eine Ausbildungsvergütung. Die Hochschule trägt die Gesamtverantwortung für die Koordination der theoretischen und praktischen Lehrveranstaltungen mit den Praxiseinsätzen. Die Studierenden erhalten nach erfolgreich abgeschlossener hochschulischer und staatlicher Prüfung eine Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung „Pflegefachfrau“, „Pflegefachmann“ oder „Pflegefachperson“ mit dem jeweiligen akademischen Grad.
Primärqualifizierend-dualen Pflegestudiengang
Der Wissenschaftsrat benennt diesen Studiengang als „primärqualifizierend-dualen Pflegestudiengang“. Hierbei geht der WR davon aus, dass die Verantwortung für den theoretischen und praktischen Teil des Studiums bei der Hochschule liegt.
Ausbildungsbegleitendes und ausbildungsintegrierendes Pflegestudium
Als ausbildungsbegleitendes und ausbildungsintegrierendes Pflegestudium werden die Bachelorstudiengänge bezeichnet, in denen eine Pflege(fach)schule bzw. Pflegefachschule mit ausbilden. Die Lernorte der Pflegestudierenden sind dementsprechend die Hochschule, die Pflege(fach)schule und die Praxiseinrichtungen. Die Studierenden befinden sich in einem Ausbildungsverhältnis in der Pflege. Eine inhaltliche und strukturelle Abstimmung zwischen Lernort Hochschule und Lernort Pflege(fach)schule kann, muss aber nicht erfolgen. Dieses Pflegestudium schließt mit zwei Abschlüssen ab, dem akademischen Grad und die Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung, die auch unabhängig voneinander erworben werden können.
Das BIBB begleitet die Einführung und Entwicklung der hochschulischen Pflegeausbildung mit wissenschaftlicher Forschung, um die Qualität und Wirkung dieses Ausbildungswegs kontinuierlich zu analysieren und weiterzuentwickeln. Im Folgenden werden die BIBB-Forschungsprojekte, die im direkten Bezug zur hochschulischen Pflegeausbildung stehen, aufgelistet. Unter den Forschungsprojekten sind unter anderem die Ergebnisse und Veröffentlichungen nachzulesen.
Unter Beteiligung verschiedener Interessensgruppen wurden empirisch und theoretisch fundierte Weiterbildungsmodule für die hochschulische Praxisanleitung entwickelt. Diese Module liegen evaluiert und veröffentlicht vor. Ergänzend entstand ein Instrument zur qualifizierten Leistungseinschätzung. Zudem wurden Assessments zur Evaluation von Praxisanleitungen systematisch zusammengetragen.
Das Projekt PRIME (01/2022–12/2024) ging der Frage nach, wie Hochschulen die gesetzlichen Vorgaben des Pflegeberufegesetzes (PflBG) strukturell und curricular umgesetzt werden. Neben einer Curriculumanalyse wurden die Sichtweisen der Praxis, der Studierenden und der Hochschule in der Umsetzung des PflBG mit empirischen Methoden erschlossen. Im Rahmen eines Zusatzauftrags wird bis 12/2027 die Zuordnung von Qualifikationsniveaus in den Pflegeberufen analysiert. Im Mittelpunkt steht dabei die Einordnung unterschiedlicher Komplexitätsgrade – von ‚nicht komplex‘ über ‚komplex‘ bis hin zu ‚hoch komplex‘. Eine differenzierte Einschätzung pflegebezogener Komplexität ist zentral, um Aufgaben und Rollen vom Pflegefachassistenzniveau bis zum hochschulischen Abschluss klar abzugrenzen. Grundlage dafür ist die systematische Festlegung von Komplexitätsmerkmalen in Pflegesituationen – sowohl sektorenübergreifend als auch im jeweiligen Versorgungskontext.
Das Projekt ‚Hochschulische Pflegeausbildung und Berufseinstieg‘ widmete sich dem steigenden Bedarf an hochschulisch qualifizierten Pflegefachpersonen (HQP). Ziel war es, ihren Anteil in der Praxis zu erhöhen, indem der Berufseinstieg erleichtert und nachhaltiger gestaltet wird. Zu diesem Zweck wurde im Rahmen des Forschungsprojekts ein Implementierungskonzept entwickelt, das Einrichtungen beim gezielten Einsatz von HQP unterstützt.
Das Projekt „Hochschulische Praxisanleitung“ widmete sich den Herausforderungen und Gelingensbedingungen der Praxisanleitung und Lernortkooperation in der hochschulischen Pflegeausbildung. In Literaturanalysen, Interviews und einem Fachworkshop wurden zentrale strukturelle, organisatorische und didaktische Aspekte beleuchtet. Die gewonnenen Erkenntnisse flossen in zwei praxisnahe Handreichungen ein, die Hochschulen und Praxiseinrichtungen bei der Umsetzung und Weiterentwicklung unterstützen.
Das Projekt analysiert Studienangebote auf Masterniveau sowie die Karrierewege von Pflegefachpersonen mit Masterabschluss. Ziel ist es, Bildungsangebote transparent darzustellen und die Einsatzbereiche sowie Aufgabenprofile dieser Fachkräfte systematisch zu erfassen.
Zusammenfassung der Befunde zur Sondererhebung 1/2024 im BIBB-Pflegemonitoring
"Der Kurzbericht fasst die wichtigsten Befunde einer Erhebung von Masterstudiengängen im Bereich Pflege zusammen, welche auf die direkte Patientenversorgung hin ausgerichtet sind. Die Befragung unter inhaltlicher Federführung des Bundesinstituts für Berufsbildung liefert einen Überblick über die entsprechende Studienlandschaft. Im April 2024 gehörten hierzu 21 Studiengänge, für die im vorliegenden Bericht studienorganisatorische und inhaltliche Gesichtspunkte (z.B. heilkundliche Module, Spezialisierungsmöglichkeiten oder Online-Lehre) quantitativ beschrieben werden. Wichtige Kenngrößen beziehen sich zudem auf das Studienplatzangebot, die Zahl der Neuimmatrikulationen, den Auslastungsgrad und die Zahl der Abschlüsse. Aber auch die Integration von Praxisphasen in das Studium wird beleuchtet. Die Erhebung wurde als Sondererhebung im Rahmen des BIBB-Pflegepanels umgesetzt, welches jährliche Wiederholungsbefragungen zur Pflegeausbildung bei ca. 6.000 Ausbildungseinrichtungen, Pflegeschulen und Hochschulen beinhaltet" (Autorenreferat). Details finden Sie in der Publikation „Masterstudiengänge in der Pflege mit direktem Versorgungsbezug": Zusammenfassung der Befunde zur Sondererhebung 1/2024 im BIBB-Pflegemonitoring
Sowohl an die berufliche als auch an die hochschulische Pflegeausbildung nach dem neuen Pflegeberufegesetz (PflBG) werden hohe Erwartungen geknüpft – etwa hinsichtlich einer gesteigerten Attraktivität des Pflegeberufs und einer bedarfsgerechten Qualifizierung angesichts wachsender Kompetenzanforderungen.
Aus der ersten Begleitforschung (2021–2024) ergeben sich weiterführende Fragen zur Entwicklung der beiden Ausbildungsstränge und des Pflegeberufs. Im Mittelpunkt stehen Erfahrungen beim Berufseinstieg, Einschätzungen zum Berufsverbleib, identifizierbare Erfolgsfaktoren in Ausbildungsstrukturen und -verbünden sowie spezifische Herausforderungen in der Langzeitpflege und Pädiatrie.