BP:
 


Duale Ausbildung im digitalen Wandel: KI, Tools und Methoden für eine moderne Berufsbildung in Lateinamerika

15.07.2025

Zweite virtuelle Veranstaltung der Allianz für duale Ausbildung Lateinamerika und Karibik beleuchtet aktive Methoden, technologiegestützte Innovationen und Kompetenzentwicklung.

Bildschirmansicht einer Webseite mit den Begriffen Technologie und Metrologie prominent dargestellt

Digitale Tools und KI als Allheilmittel für die Berufsbildung? Mitnichten. Die Anforderungen für das Berufsbildungspersonal in Lateinamerika wachsen mit dem rasanten technologischen und gesellschaftlichen Wandel. Impulse und Lösungsansätze zum Umgang damit bot das zweite Webinar der Allianz für duale Ausbildung Lateinamerika und Karibik in der Reihe 2025 am 26. Juni 2025. Organisiert wurde die Veranstaltung von der Koordinierungsgruppe der Allianz, bestehend aus dem Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB), dem technischen Sekretariat der ILO/Cinterfor, unter der derzeitigen Präsidentschaft pro tempore von der Berufsbildungsinstitution Senac, Brasilien.

Im Fokus standen erneut der Einsatz digitaler Technologien und aktiver Lehrmethoden zur Weiterentwicklung dualer Ausbildungssysteme in der Region. 134 Teilnehmende aus zahlreichen Ländern Lateinamerikas und der Karibik zeigten mit ihrer Beteiligung das große Interesse an innovativer, praxisnaher Berufsbildung.

Internationale Perspektiven auf Technologieeinsatz und Methodenvielfalt

Die Veranstaltung wurde eröffnet von Anna Beatriz Waehneldt, Direktorin für Berufsbildung bei Senac und derzeitige Vorsitzende der Allianz. Sie betonte die Bedeutung internationaler Zusammenarbeit, um auf den tiefgreifenden technologischen Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft angemessen reagieren zu können.

Im ersten Fachbeitrag stellte Rodrigo Filgueira, Experte der ILO/Cinterfor, heraus, wie wichtig die Förderung überfachlicher Kompetenzen wie Kommunikation, kritisches Denken, Teamarbeit und Problemlösungsfähigkeit in der beruflichen Bildung ist. Er wies darauf hin, dass viele Berufsbildungssysteme der Region noch stark auf leicht automatisierbare Tätigkeiten ausgerichtet seien. Ein dreiphasiger methodischer Ansatz – Herausforderung, Zusammenarbeit, Reflexion – könne hier einen Wandel in der didaktischen Praxis anstoßen.

Daniela Papelbaum, Leiterin für Bildungstechnologien bei Senac Brasilien, präsentierte das pädagogische Modell der Institution, das gezielt auf aktive, partizipative Lernmethoden setzt. Sie stellte die digitale Plattform CUBUS vor, die Ausbildenden in der Region innovative, technologiegestützte Materialien und Ansätze für eine lernendenzentrierte Ausbildung zur Verfügung stellt. Die Cubus-Plattform legt besonderem Augenmerk auf die Entwicklung von transversalen Fähigkeiten im Rahmen der beruflichen und technologischen Ausbildung und wurde entwickelt im nationalen Büro von Senac und ILO/Cinterfor: https://cubus.oitcinterfor.org/ 

BIBB-Beitrag: Generative KI in der beruflichen Bildung – Chancen und Risiken

Den abschließenden Impuls lieferte Dr. Oliver Nahm, wissenschaftlicher Mitarbeiter im BIBB, mit seinem Vortrag „Denkst du noch oder promptest du schon? Chancen und Risiken der generativen KI für die berufliche Bildung“.

Er analysierte die Potenziale generativer KI für personalisiertes Lernen, die Unterrichtsplanung sowie neue Prüfungsformate – und zeigte gleichzeitig Herausforderungen auf: Desinformation, der Verlust kritischen Denkens und emotionale Distanz im Lernprozess. Sein Fazit: KI kann ein wertvolles didaktisches Werkzeug sein, wenn sie reflektiert, verantwortungsvoll und mit pädagogischer Zielsetzung eingesetzt wird.

Einen Beitrag dazu leistet auch das neue kostenlose BIBB-Portal Leando, das Wissen und Informationen für die Gestaltung der alltäglichen Berufsausbildung zur Verfügung stellt. Auf Leando können sich Ausbilder/-innen und Prüfer/-innen, ähnlich wie auch auf der CUBUS-Plattform, in themenbezogenen Communities mit Kolleginnen und Kollegen austauschen und vernetzen sowie individuelle Arbeitsmaterialien wie beispielsweise Lern- und Arbeitsaufgaben für den Ausbildungsalltag anfertigen. Leando bietet eine einfach strukturierte Navigation mit einer zentralen empfehlungsbasierten Suche, bedarfsgerechte Inhalte in Form von praxisnahen Arbeitshilfen, Informationen, Fallbeispielen guter Ausbildungs- beziehungsweise Prüfungspraxis und digitalen Tools. Daneben bietet die Plattform die Möglichkeit für Austausch und Vernetzung mit anderen Ausbilderinnen und Ausbildern, mit Prüferinnen und Prüfern u. a. zur kollegialen Fallberatung und zum gemeinsamen (auch lernortübergreifenden) Erarbeiten von Materialien oder Erfahrungsaustausch und eine individuelle und kontinuierliche Weiterentwicklung der betrieblichen Ausbildungsgestaltung und des Prüfungswesens: https://leando.de/ 

Zuletzt verwies Nahm noch auf sein laufendes Forschungsprojekt, in dem er gemeinsam mit Kolleg/-innen im BIBB die Frage untersucht, wie KI die Modernisierung der Berufsbildung unterstützen kann. Ein neues Projekt zur „generativen KI in der beruflichen Bildung“ läuft gerade an und zielt darauf ab, den derzeitigen Nutzungsstand zu erfassen und praxisnahe Unterstützungsmaterialien zu entwickeln. Aktuell sucht das Forschungsteam Partner aus allen Bereichen der beruflichen Bildung. Berufsschulen, überbetriebliche Bildungsstätten, Kammern, Betriebe und Fernstudienanbieter sind aufgerufen, sich an dem Projekt zu beteiligen. Diese praxisnahe Herangehensweise soll sicherstellen, dass die entwickelten Materialien den realen Bedürfnissen der Bildungsakteure entsprechen.

Interessierte Bildungseinrichtungen und Organisationen können sich direkt an das Projektteam wenden. Dr. Oliver Nahm steht als Ansprechpartner für weitere Informationen und Beteiligungsmöglichkeiten zur Verfügung.

Breite Zustimmung und klare Botschaften

Die Rückmeldungen aus der Region fielen durchweg positiv aus. Die Teilnehmenden lobten insbesondere die inhaltliche Tiefe, Praxisnähe und Verständlichkeit der Beiträge. Dank eines funktionierenden Übersetzungstools konnten die Vorträge in Spanisch, Portugiesisch und Englisch verfolgt werden – was zur breiten Zugänglichkeit der Inhalte wesentlich beitrug.

Perspektive: Allianz als Plattform für Austausch und Innovation

Als Referenzinstitution der Allianz für duale Ausbildung in Lateinamerika und Karibik bringt das BIBB seine Expertise im Bereich beruflicher Bildung systematisch in die internationale Zusammenarbeit mit der Region ein. Die Veranstaltung zeigte: Die Kombination aus digitalen Technologien, aktivierenden Lernmethoden und einer menschenzentrierten Didaktik ist entscheidend, um junge Menschen in einer dynamischen Arbeitswelt zukunftsfähig zu qualifizieren. Sowohl in Lateinamerika und der Karibik als auch in Deutschland. Daher bietet die Allianz eine wertvolle überregionale Plattform für Austausch, Innovation und die gemeinsame Entwicklung praxisnaher Lösungen.

Nächste Veranstaltung der Allianz für duale Ausbildung Lateinamerika und Karibik am 24. Juli 2025 um 16 Uhr deutscher Zeit zum Thema Curriculumentwicklung, Modelle, Prozess, Design und Beteiligung der Sozialpartner.